Management Jeder Siebte hat innerlich gekündigt

Der "Engagement Index Deutschland 2014" gewährt Einblicke in die Seele des deutschen Arbeitnehmers. Und die sind alles andere als rosig.
Kein Bock auf den Job
Kein Bock auf den Job
© Getty Images

Es sind dramatische Zahlen, die Marco Nink an diesem Dienstag in Berlin präsentiert. Jeder siebte deutsche Arbeitnehmer hat innerlich bereits gekündigt. 70 Prozent machen nur Dienst nach Vorschrift, sind emotional wenig gebunden an ihr Unternehmen. Nink ist Research Director bei dem internationalen Managementberater Gallup und verantwortlich für den seit 14 Jahren erscheinenden „Engagement Index Deutschland“. Der Index gewährt Einblicke in die Seele des deutschen Arbeitnehmers. Er analysiert die Lage in den deutschen Büros und Fabrikhallen. Und die ist alles andere als rosig.

Die Jobmuffel kosten die deutsche Wirtschaft jährlich zwischen 73 und 95 Mrd. Euro – je nach Berechnungsgrundlage. Und: Nur 15 Prozent der Beschäftigten brennen für ihr Unternehmen. „Das sind die, die mit Herz, Hand und Verstand bei der Sache sind“, sagt Nink. Die, die ein Unternehmen nach vorne bringen. Das die Zahl nicht höher sei, liege in erster Linie an den direkten Führungskräften, sagt Nink. Zum Vergleich: In den USA haben 30 Prozent der Mitarbeiter eine hohe emotionale Bindung an ihr Unternehmen.

Dennoch kann Nink auch Positives verkünden. Die Zahl der Mitarbeiter ohne Leidenschaft ist leicht gesunken im Vergleich zum Vorjahr. Von 17 auf 15 Prozent. Im Jahr 2012 waren es sogar noch 24 Prozent. Sorge bereitet Nink hingegen die hohe Zahl der Mitarbeiter mit geringer Bindung an das eigene Unternehmen, die nur das Pflichtprogramm abspulten. Deren Zahl ist von 67 Prozent auf 70 Prozent gestiegen.

Schlechte Noten für Vorgesetzte

Dass insgesamt 85 Prozent der deutschen Arbeitnehmer nur bedingt emotional an ihr Unternehmen gebunden sind, ist eine Gefahr für die Wirtschaft. Mindermotivierte Mitarbeiter, sagt Nink, seien wie ein „Energiestaubsauger“. Deren negative Haltung könne Kollegen anstecken. „Das geht bisweilen bis zu bewusster Schädigung des Arbeitgebers“, sagt Nink.

Entsprechend hoch seien auch die wirtschaftlichen Schäden durch die Jobmuffel, beispielsweise durch Krankmeldungen. Hoch motivierte Mitarbeiter hätten im Schnitt 3,8 Fehltage im Jahr, Mitarbeiter ohne Bindung hingegen 8,8. Die Studie zeigt, dass Angestellte, die viel Einsatz bringen, auch mehr Spaß bei der Arbeit haben und deutlich seltener Symptome von Stress und Burnout aufweisen.

Als Grund für die Unzufriedenheit vieler Angestellter hat die Studie Mängel bei den direkten Vorgesetzten ausgemacht. 47 Prozent der Führungskräfte seien befördert worden, da sie in ihrer vorherigen Position ohne Führungsverantwortung erfolgreich waren. Nink betrachtet diese in Deutschland gängige Praxis bei der Auswahl der Chefs als problematisch. Das hätten verschiedene Studien bestätigt. „Erfahrungen und fachliche Kompetenz sind zwar von Vorteil für eine Führungsposition, dennoch ersetzen sie nicht das nötige Talent“, sagt Nink.

75 Prozent der Kündigungen gingen auf das schlechte Verhältnis mit dem direkten Vorgesetzten zurück, sagt Nink. Für die Unternehmen ist das deströs. Zum einen verlieren sie gute Mitarbeiter, die sich einfach nicht wohlfühlten. Zum anderen verursacht eine hohe Fluktuation auch automatisch hohe Kosten.

Drei Merkmale hätten sich für eine gute Führungskultur herausgestellt. Nink nennt sie die „drei Z“: Zielorientierung, Zuständigkeit und Zugänglichkeit. Mitarbeiter, die ernst genommen würden, mit denen ausgiebig kommuniziert würde und deren Stärken gefördert würden, fühlten sich emotional deutlich besser in ein Unternehmen eingebunden.

Für den "Engagement Index Deutschland 2014" hat Gallup Deutschland 2034 zufällig ausgewählte Arbeitnehmer ab 18 Jahren in drei Erhebungswellen zwischen April und Dezember 2014 befragt. Die Ergebnisse gelten als repräsentativ für die Arbeitnehmerschaft in Deutschland.

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