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Arbeitsrecht Gericht kippt Kündigung nach Kirchenaustritt

Symbolbild Arbeitsgericht
Symbolbild Arbeitsgericht
© IMAGO / CHROMORANGE
Darf ein Koch wegen Kirchenaustritts von einer evangelischen Kita gekündigt werden? Nein, hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg entschieden

Menschen dürfen wegen ihrer Haltung zur Religion und Kirche nicht diskriminiert werden. Kirchen als Arbeitgeber genießen zwar Sonderrechte. Diese Privilegien werden von Gerichten aber zunehmend hinterfragt. 2018 etwa hatte sich der Europäische Gerichtshof mit dem Fall eines Chefarztes beschäftigt, der nach seiner erneuten Heirat von einem katholischen Krankenhaus entlassen worden war. Die Richter sahen hier eine mögliche Diskriminierung. Denn sie konnten nicht erkennen, was die Einstellung zum Eheverständnis der katholischen Kirche mit dem Berufsbild des Mediziners zu tun hatte. Im selben Jahr hatte der EuGH entschieden, dass kirchliche Arbeitgeber von Beschäftigten nicht mehr pauschal eine bestimmte Religionszugehörigkeit verlangen dürfen.

Kündigung nach Kirchenaustritt

Mit einem ähnlich gelagerten Fall hatte es im Februar 2021 das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg zu tun. Ein Koch einer evangelischen Kindertagesstätte war im Juni 2019 aus der evangelischen Landeskirche ausgetreten. Es folgte die fristlose und außerordentliche Kündigung. Die Evangelische Gesamtkirchengemeinde Stuttgart warf dem Koch vor, schwerwiegend gegen seine vertraglichen Loyalitätspflichten verstoßen zu haben. Der Mann, der seit 1995 für die Kirchengemeinde gearbeitet hatte, wehrte sich gegen die Kündigung. „Der Kläger hat vorgetragen, dass sich sein Kontakt mit den Kindern auf die Ausgabe von Getränken beschränkt habe. Auch mit dem pädagogischen Personal in der Kita habe er nur alle zwei Wochen in einer Teamsitzung Kontakt gehabt, wo es um rein organisatorische Probleme gegangen sei“, teilte das Gericht mit.

Kirche verliert vor Gericht.

Das Landesarbeitsgericht erachtete die Kündigung wie bereits zuvor das Arbeitsgericht Stuttgart für unwirksam ( Az: 4 Sa 27/20 ). Auch in diesem Fall urteilten die Richter, dass die Qualifikation des Beschäftigten nichts mit der Kirchenzugehörigkeit zu tun hat. „Die Loyalitätserwartung der Beklagten, dass der Kläger nicht aus der evangelischen Kirche austrete, stelle keine wesentliche und berechtigte Anforderung an die persönliche Eignung des Klägers dar“, hieß es in dem Urteil. Die DGB Rechtsschutz GmbH sprach in einer Mitteilung zu dem Richterspruch von einer „befremdlichen“ und „überzogenen Loyalitätserwartung“ des Arbeitgebers.

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