Noch ein schneller Schluck aus der Getränkedose, dann bereit machen zum virtuellen Meeting. Schon kommt der Anruf. Brittany Pietsch weiß, dass sie in diesem Gespräch gefeuert werden wird.
Pietsch ist bis zu dem Telefonat beim Internetsicherheits-Unternehmen Cloudflare angestellt. Sie hat mitbekommen, dass viele Kolleginnen und Kollegen über den Tag bereits zu 15-minütigen Meetings eingeladen wurden. Eine befreundete Kollegin wurde dabei schon entlassen. Deswegen hat sich Pietsch dazu entschieden, das ganze Gespräch heimlich aufzunehmen und geht damit nun unter dem Hashtag „girl gets fired from her job“ im Internet viral. Reposts des Videos bei „X“ wurden bereits Millionen Mal geklickt.
Pietsch will Grund für Entlassung wissen
„Ich wurde von zwei Personen entlassen, die ich nicht kannte“, schreibt Pietsch zu Beginn des Videos, in dem nur sie zu sehen ist. „Einer Frau aus der Personalabteilung und einem Geschäftsführer, von dem ich noch nie gehört hatte.“ Diese beiden erklären Pietsch dann, dass sie die Leistungserwartungen für das vergangene Jahr nicht erfüllt und das Unternehmen deshalb beschlossen habe, sich von ihr zu trennen.
Pietsch kämpft daraufhin um ihren Job: „Was hatte ich schließlich zu verlieren?“, schreibt sie. Also kontert sie den beiden Unternehmensvertetern: Sie habe erst vor wenigen Monaten angefangen, kenne aber ihre Kunden und die Produkte bereits gut und habe auch schon kurz vor einem Vertragsabschluss gestanden. Außerdem sei das Feedback von ihrem direkten Vorgesetzten immer positiv gewesen, argumentiert sie weiter. „Ich stimme nicht zu, dass ich meine Leistungserwartungen nicht erfüllt habe, nur weil ich noch keinen Vertrag abgeschlossen habe“, sagt sie.
Immer wieder kommt sie in dem zehn Minuten langen Gespräch darauf zurück und will wissen, warum genau sie entlassen wird. Denn weder die Personalerin noch der Geschäftsführer können ihr eine zufriedenstellende Begründung liefern.
Pietsch will außerdem wissen, warum es nicht ihr direkter Vorgesetzter ist, der dieses Gespräch führt und wird emotional: „Es muss einfach für Sie sein, diese zehn- bis fünfzehnminütigen Meetings zu machen. Jemandem sagen, dass er gefeuert ist, sein ganzes Leben ruinieren und das ohne Erklärung“, sagt Pietsch, den Tränen nahe. „Das ist traumatisierend für diese Leute, falls Sie sich das vorstellen können.“
Beide wiederholen immer wieder, dass sie verstehen würden, was Pietsch sage und dieses Feedback aufnehmen würden. Doch am Ende schließen sie mit dem Satz: „Ich glaube nicht, dass wir in diesem Moment oder heute irgendetwas sagen können, das etwas daran ändern wird, wie du dich fühlst, Brittany“, sagt die Personalfrau.
Diskussion über faires Kündigen
Pietschs Video hat im Internet nun eine Debatte darüber ausgelöst, wie richtiges Verhalten am Arbeitsplatz auszusehen hat und wie Unternehmen ihren Mitarbeitenden fair kündigen können. Selbst der CEO von Cloudflare, Matthew Prince, sah sich zu einem Beitrag auf „X“ genötigt. „Es ist schmerzhaft für mich, dieses Video anzuschauen“, schreibt er und räumt ein, dass der Anruf hätte besser gehandhabt werden können. Insgesamt seien von 1500 Vertriebsangestellten zuletzt ungefähr 40 entlassen worden.
Viele User unterstützen unterdessen Pietsch darin. Es sei richtig gewesen, die Art der Kündigung öffentlich zu machen und sich verteidigt zu haben. Ehrlichkeit und Fairness müssen vom Management eingefordert werden, finden sie.