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Arbeitstrend „Quiet cutting“: Wie Unternehmen ihre Angestellten rausekeln

Frustrierte Angestellte im Büro
Frustrierte Angestellte sind beim Quiet cutting das Ziel
© Przemek Klos/Zoonar / Picture Alliance
Mit „Quiet cutting“ wollen Firmen ihre Angestellten loswerden, ohne sie direkt zu feuern. Dabei nutzen sie zermürbende Methoden.

Ihnen werden auf der Arbeit immer häufiger Aufgaben übertragen, die eigentlich niemand machen möchte? Sie werden auf eine Stelle versetzt, die Sie unterfordert und womöglich auch schlechter bezahlt ist? Und das alles führt dazu, dass Sie mit ihrem Job unzufrieden sind und über eine Kündigung nachdenken?

Dann betreibt der Arbeitgeber womöglich „Quiet cutting“ – und hat sein Ziel erreicht. Bei dem Arbeitstrend handelt es sich um eine Strategie, die laut „Wall Street Journal“ vor allem in den USA immer populärer wird. Wenn Unternehmen die Belegschaft reduzieren müssen, greifen sie nicht zu Kündigungen, sondern schaffen Arbeitsbedingungen, unter denen frustrierte Mitarbeitende schließlich von selbst den Dienst quittieren.

„Quiet cutting“: Mitarbeiter werden gegen ihren Willen versetzt

„Quiet cutting“ heißt auf Deutsch so viel wie „stilles Schneiden“ beziehungsweise „stilles Streichen“: Der Arbeitgeber verzichtet auf einen harten Schnitt, also die Kündigung. Stattdessen beginnt ein zermürbendes Spiel, das den Arbeitnehmer dazu bewegen soll, das Unternehmen zu verlassen. Mitarbeitende verlieren zunächst nicht ihren Job, sondern die Position, für die sie ursprünglich eingestellt wurden. Manchmal wird auch ein Umzug gefordert. Die Firmen sparen sich so teure Abfindungen, unangenehme Gespräche und schlechte Presse. Miese Stimmung am Arbeitsplatz und frustrierte Mitarbeitende werden dabei offenbar billigend in Kauf genommen.

Die Angestellten haben dabei die Wahl, in einer Position zu arbeiten, die sie eigentlich nicht wollen – oder gleich zu kündigen. „Sie gaben mir das Gefühl: 'Wir schätzen, was du hier getan hast, deshalb haben wir dich nicht gefeuert. Du kannst das Beste daraus machen oder dir woanders einen Job suchen“, beschrieb ein ehemaliger Mitarbeiter des Computer-Konzerns IBM dem „Wall Street Journal“ seine Erfahrung. Derlei Umstrukturierungen würden gerade in vielen US-Unternehmen stattfinden, schreibt die Wirtschaftszeitung. Laut der Finanzforschungsplattform AlphaSense habe sich die Nennung von „Versetzungen“ oder ähnlichen Begriffen in Gewinnmitteilungen von US-Unternehmen innerhalb eines Jahres verdreifacht.

Gegenstück zum „Quiet quitting“

„Quiet cutting“ stellt somit die Gegenbewegung zum „Quit quitting“ dar, einem Begriff, der im vergangenen Jahr viral ging: Dabei beschränken sich Arbeitnehmer in ihrer Arbeit nur auf die notwendigen Tätigkeiten und zeigen darüber hinaus keine Eigeninitiative – sie verzichten auf Überstunden, Erreichbarkeit nach Feierabend oder Zusatzaufgaben. Nachdem zumindest in den USA jahrelang die Mitarbeitenden am längeren Hebel saßen, könnten nun die Unternehmen wieder mehr die Kontrolle übernehmen.

Für Angestellte kann „Quiet cutting“ sehr belastend wirken, bis hin zu Depressionen und Burnout. Experten empfehlen, das offene Gespräch mit Vorgesetzten zu suchen und eine Versetzung dafür zu nutzen, sich in Ruhe Gedanken über seine weitere berufliche Zukunft zu machen.

Der Beitrag ist zuerst bei stern.de erschienen

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