
Dass der Hafenbetreiber Dubai Ports World Anfang 2006 eine Übernahme des britischen Konkurrenten P&O plante, hatte Chuck Schumer mitbekommen – aber sich nicht sonderlich dafür interessiert. Es war eine Story auf den hinteren Seiten der großen Zeitungen, nichts, was man in Washington wichtig nehmen musste. Bis dieser Joe Muldoon in Schumers Büro auf dem Kapitol auftauchte.
Der Ex-Lobbyist Muldoon hatte sich eigentlich schon auf seiner Pferderanch zur Ruhe gesetzt. Doch wegen der P&O-Übernahme zog er die Cowboystiefel wieder aus. Ein kleiner Hafendienstleister in Florida bezahlte ihn dafür, Leute wie Schumer gegen den Deal zu mobilisieren. Und den US-Senator aus New York musste Muldoon nicht lange bitten.

Denn P&O betrieb damals in sechs wichtigen Seehäfen der US-Ostküste große Containerterminals, unter anderem in New York. Schumer möge sich doch mal vorstellen, sagte Muldoon, was es für die nationale Sicherheit bedeute, wenn bald Araber in diesen Häfen das Sagen haben. Schumer griff zum Telefon.
Er trommelte einige Hinterbliebene der Anschläge vom 11. September zusammen, rief einen Reporter der Nachrichtenagentur AP an und lud zu einer Pressekonferenz. Wenige Tage nach Muldoons Besuch in Schumers Büro war die Übernahme von P&O durch Dubai Ports der landesweite Aufreger. Zusammen mit seiner Parteifreundin und Senatorenkollegin Hillary Clinton forderte Schumer, den Deal zu blockieren.
Dabei hatten die Scheichs bis dahin alles richtig gemacht. Sie hatten sich früh in den USA um Unterstützung an höchster Stelle bemüht und den Deal beim Komitee für ausländische Direktinvestitionen angemeldet. Denn anders als etwa in Deutschland hat die US-Politik schon seit Langem ein Mitspracherecht bei wichtigen Übernahmen, nicht nur wenn es um die nationale Sicherheit geht. Und sowohl das Komitee als auch das Weiße Haus hatten grünes Licht gegeben.
Doch nun drehte die Stimmung. Da konnte US-Präsident George W. Bush persönlich noch so sehr betonen, wie zuverlässig die Araber den USA im Kampf gegen den Terror halfen – die Scheichs aus Dubai mussten aufgeben. Sie bekamen zwar den Zuschlag bei P&O für 6,8 Mrd. Dollar, reichten alle US-Containerterminals aber umgehend weiter an einen heimischen Betreiber. Und parallel dazu verschärften Demokraten wie Republikaner noch einmal die Regeln für Firmenübernahmen.
Hauptperson
Charles „Chuck“ Schumer ist geborener New Yorker. Nach dem Jurastudium in Harvard ging er in die Politik, 1980 zog er ins Repräsentantenhaus ein. Seit 1999 sitzt der Demokrat für New York im US-Senat. Ende der 90er-Jahre setzte er sich für eine Liberalisierung der Finanzmärkte und die Abschaffung des Glass-Steagall Act ein – wofür er nach dem Lehman-Crash viel Kritik erntete. 2017 könnte er im Senat den wichtigen Posten des Fraktionsführers bei den Demokraten übernehmen.
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