
Es klang so kurios, es hätte auch ein Aprilscherz sein können. Doch es ging ums bloße Überleben. Am 1. April 2008 meldete der Sockenhersteller Falke aus Schmallenberg im Sauerland, er habe die Rechte an der Sockenmarke Burlington übernommen. Wenige Stunden später kam die Antwort per Ad-hoc-Mitteilung: Falkes schärfster Konkurrent Kunert, einst größter Strumpfhersteller Europas, erklärte, man vertrete „eine andere Rechtsauffassung“ und werde das Geschäft unbedingt fortsetzen.
Das war der Höhepunkt der schon bis dahin wechselvollen Geschichte der vielleicht beliebtesten Strumpfmarke der Welt. Alles begann Mitte der 70er-Jahre in einer ehemaligen Teppichfabrik in Schopfheim im Schwarzwald mit sogenannten Tartans, den Stoffmustern der Schottenclans. Das Muster der Campbells aus dem schottischen Argyll besteht aus schachbrettartigen Rauten, die von dünnen Streifen in Kontrastfarbe gekreuzt werden. Die Kenner nennen es Argyle.

1975 entdeckte der Teppichhersteller Arlington dieses Muster für seinen aufstrebenden neuen Geschäftszweig: die Sockenproduktion. Da die Firma zu Burlington Industries aus North Carolina, USA, gehörte, wurden die Karostrümpfe „Burlington“ genannt. Sie verkauften sich großartig, wurden Kult in der Jugendgeneration der Popper. Dennoch machten die Amerikaner 1982 aus der Socke ein Lizenzgeschäft, die badischen Argyle-Stricker hießen fortan „Arlington“. Auch das lief gut.
Erst mit dem Einstieg von Kunert 1990 begannen die Probleme. Kunert kaufte nicht nur Arlington, sondern auch die Markenrechte für Burlington. Doch statt zu investieren, drückten Manager und Finanzinvestoren bei Kunert auf die Kosten. Die Produktion wanderte nach Marokko ab, das gesamte Management warf hin. Dabei machte Kunert mit Burlington immer noch gut ein Drittel seines Umsatzes.
Ende 2007, gerade als Kunert die große Premiumoffensive starten wollte, rächte sich die Strategie: Die US-Lizenzgeber – inzwischen die International Textile Group (ITG) – lehnten einen Preisnachlass für die Deutschen ab. Und verkauften kurzerhand die Rechte an die westfälischen Sockenfabrikanten Franz-Peter und Paul Falke. Nach den Dementis folgte rasch die Kapitulation: Kunert hatte seine Top-Marke verloren, wenige Jahre später kam die Insolvenz. Das wissen heute wohl die wenigsten, wenn sie zu Weihnachten wieder Socken verschenken.
Hauptperson
Franz-Peter und sein Cousin Paul Falke übernahmen 1990 in vierter Generation die Leitung der Unternehmensgruppe. Beide hatten Wirtschaft studiert und zuvor in anderen Unternehmen Erfahrungen gesammelt. Im vergangenen Jahr machte die Falke-Gruppe einen Umsatz von rund 222 Mio. Euro. Am Stammsitz in Schmallenberg, in Dorfchemnitz, Portugal, der Slowakei, Südafrika und Serbien beschäftigt die Gruppe insgesamt 3366 Mitarbeiter.
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