Giorgio Armanis Imperium – Reich mit Mode
Giorgio Armani begann seine Karriere im Modebusiness als Schaufensterdekorateur des Luxuskaufhauses La Rinascente, nach einem abgebrochenen Medizinstudium und einer Zeit in der Armee. Hier lernte er am „point of sale“ und autodidaktisch, was gefragt war, was sich verkaufte, welcher Stoff wie fiel und wie man Schnitte optimieren könnte. Wissen, das er bei Couturier Nino Cerruti vertiefte, ehe er 1975 mit Sergio Galeotti in Mailand die Giorgio Armani SpA gründete. Fließende Materialien, eine lässige Eleganz und Innovationen wie das ungefütterte Sakko für den modernen Businesslook gehörten bis zuletzt zu Armanis unverwechselbar Handschrift als Modeschöpfer.
Dass Armani Schauspieler Richard Gere für seine Hauptrolle in „American Gigolo“ (1980) einkleidete, verschaffte dem Designer nicht nur ein wichtiges Entree in Hollywood und kostenlose Werbung auf Kinoleinwänden weltweit. Ein Schachzug, den der neugierige Kreative und gewiefte Geschäftsmann mit Kostümen für Sean Connery und Kevin Costner in „The Untouchables – Die Unbestechlichen“ (1987) wiederholte. Er gilt damit außerdem als Pionier bei der Ausstattung von Stars mit (nachkaufbarer) Mode bekannter Designermarken – vor der Kamera und bei Gala-Events wie der alljährlichen Oscar-Verleihung.
Nur sechs Jahre nach der Gründung der nach ihm benannten Modemarke fügte Giorgio Armani 1981 deren jugendlicheren Ableger hinzu: Emporio Armani (Foto: Präsentation der Frauenkollektion in Mailand 2019). Der kreative Fokus dieser moderater bepreisten Linie mit eigenen Boutiquen lag auf Jeans, Unterwäsche sowie Accessoires. In den 1990er Jahren folgten weitere Untermarken wie Armani Jeans, Armani Exchange, Armani Junior sowie der Aufbau einer eigenen Parfüm- und Kosmetiksparte.
So geschickt wie kaum ein anderer Modedesigner verband Giorgio Armani in seinem stetig wachsenden Imperium einen Anspruch an höchste Qualität in der Kreation und ein Gespür für den Massengeschmack. Er ging bereits 1980 eine erste Partnerschaft mit L'Oréal für eigene Parfüms ein, bot durch visionär entwickelte Untermarken quasi Mode und Accessoires für diverse Zielgruppen sowie Einkommensschichten – und erfüllte sich mit dem Start der Haute-Couture-Linie Armani Privé 2005, die er in Paris zeigte (Foto), einen großen Wunsch. Er bekam Anerkennung im sehr illustren Kreis der übrigen Kollegen und Mitglieder in der Fédération de la Haute Couture et de la Mode. Ein gleichermaßen persönliches Bedürfnis war ihm die Eröffnung des eigenen Kunstmuseums Armani/Silos unweit des Mailänder Firmensitzes.
Galt der Modeschöpfer und Selfmade-Milliardär privat auch als eher zurückhaltend, mit Hotels in Mailand und Dubai, Restaurant-Projekten mit den japanischen Nobu-Restaurants und den Nachtclubs „Armani/Privé“ sorgte er bei Kunden und Fans definitiv für ausgelassene Stunden. Vor allem zwischen 2000 und 2010 erwies sich Giorgio Armani durch den Einstieg in Hotellerie, Gastronomie, Einrichtung (Armani/Casa), Schokolade (Armani/Dolci), Blumen (Armani/Fiori) und Lizenzen für Brillen sowie Uhren als Tausendsassa der cleveren Diversifizierung.
So entschieden wie Giorgio Armani hier im April 2008 in der Bucht von Viareggio seine Megajacht verlässt, so entschlossen manövrierte er sein Modehaus, das sich zum verzweigten Lifestyle-Konzern wandelte. Er lehnte einen Börsengang konsequent ab, ebenso die Übernahmeangebote von Konkurrenten wie LVMH oder Hedgefonds. Er sah in alledem eine Gefahr für das Lebenswerk, das seinen Namen trug, und fürchtete den Kontrollverlust. Beispiele wie der Verkauf von Versace schreckten ihn ab. Stattdessen betonte er noch in seinem letzten Interview mit der „Financial Times“ vor wenigen Wochen, wie wichtig ihm ein behutsamer Übergang des Unternehmens in vertraute Hände sei, um dessen Profil und Tradition zu bewahren. Den Launch der Web-Plattform Armani/Archivio, die zentrale Meilensteine seiner Modegeschichte digital aufbereitet, erlebte der Patriarch gerade noch mit.
Zuletzt brachte Giorgio Armani es laut Magazin „Forbes“ auf ein Vermögen von 12,1 Mrd. Euro. Mit dem Tod des Designers am 4. September 2025 verliert die italienische Modewelt einen Unternehmer, der schon zu Lebzeiten den Status einer Legende besaß. Auf diesem Foto posiert Armani (3 v. l.) im Sommer 1996 mit seinen Kollegen Gianni Versace (l.), der ein Jahr später in Miami einem Attentat zum Opfer fallen würde, sowie Valentino Garavani (2. v. l.) und Gianfranco Ferré.