Was ist das für ein Duft? Überall im Hotel „Relais & Châteaux Burg Schwarzenstein“ riecht es herrlich frisch und auch würzig. Ich nehme Moschus wahr, dazu leicht seifige, florale Noten. Ein Aroma, das mich in meine Kindheit zurückversetzt. So roch es damals, wenn meine Mutter die gewaschene Wäsche zum Trocknen aufhing.
Die duftende Visitenkarte der Burg Schwarzenstein, ihr „signature scent“, heißt „Patchouli Blanc“, erklärt mir Hoteldirektor Michael Teigelkamp. Mit Patschuli verbinde ich sonst eher erdige, schwere Noten. Dieses Duftöl jedoch, das aus versteckten Diffusern strömt, ist frei von diesen etwas rauen Nuancen, viel feiner und blumiger.
Die Komposition entfaltet sofort ihre Wirkung, sie vermittelt mir ein Gefühl von Komfort und Exklusivität. Das passt zur Anfahrt durch die Rosengasse, die sich malerisch bergauf durch das Örtchen Johannisberg schlängelt, vorbei an urigen Fachwerkhäuschen und berühmten Weingütern. Am höchsten Punkt, inmitten weitläufiger Weinberge und inmitten eines zwei Hektar großen Parks thront die Burg Schwarzenstein. Sie besitzt eine markant geschwungene Silhouette aus Bruchstein mit einem alles überragenden Burgturm.
Hermann Mumm – aus einem Wagnis wird eine Hotel-Burg
Ihre Geschichte beginnt mit dem Frankfurter Bankier und Weinhändler Hermann Mumm, der in einem besonders heißen, trockenen Sommer vorzeitig die gesamte Ernte von Schloss Johannisberg erwirbt. Ein Wagnis, das belohnt wird, denn Mumm lässt aus den Trauben einen absoluten Spitzenjahrgang keltern. Mit dem erzielten Gewinn kauft er weitere Weinberge in der Gegend auf. Als seine Nachkommen den Status des kaiserlichen Hoflieferanten anstreben, wird Schwarzenstein 1873 erbaut, als künstliche Ruine einer Höhenburg und repräsentativer Stammsitz der Familie.
Nach einer wechselvollen Geschichte wird die Anlage 2004 aufwendig saniert, in enger Abstimmung mit dem Denkmalschutz. Das Ergebnis ist ein luxuriöses Hotel mit zehn Zimmern und einem eleganten Restaurant. Nur zwei Jahre später wird das Hotel in den exklusiven Kreis von „Relais & Châteaux“ aufgenommen. Die Vereinigung bündelt knapp 600 privat geführte Hotels, die für ihre individuelle Persönlichkeit, herausragende Gastfreundschaft und exzellente Gastronomie bekannt sind. Unter dem Motto „Die Kunst des Lebens“ zelebrieren ihre Mitglieder die Höhepunkte der jeweiligen Region – von der Küche bis zum Kulturangebot. Und hier im Rheingau hat man diese Philosophie wahrlich verstanden.
Perfekter Schlaf dank digitaler Fürsorge
Insgesamt 51 Zimmer und Suiten verteilen sich auf das historische Burggebäude, das Gästehaus und die Parkresidenz, die 2009 dazukam. Dieser Anbau mit 16 Zimmern, zwölf luxuriösen Suiten und Tagungsräumen war ein strategischer Schritt, um das Hotel für die Zukunft zu positionieren. Der Architekt orientierte sich respektvoll am bestehenden Baustil, um den Charme des Ensembles zu erhalten.
Die Ausstattung meines Zimmers ist großartig. Bodentiefe Fenster, hohe Decken und geschmackvoll kuratierte Designerstücke schaffen eine luxuriöse Atmosphäre. In der absoluten Ruhe des Parkgrundstücks oberhalb des Rheins schlafe ich wunderbar. Auch dank der Fürsorge von Eigentümerin Stephanie Teigelkamp, die sich vor der Anreise ein wenig mit jedem neuen Gast beschäftigt. So las sie, dass ich gern recht kalt schlafe, und prompt war die Klimaanlage auf wohltuende 16 Grad eingestellt. Ein Segen am heißesten Tag des Jahres! Eine dieser von mir oft und gern erwähnten kleinen Gesten, die im Erlebnis des Gastes einen großen Unterschied machen – und ein gutes von einem hervorragenden Haus unterscheiden.
Ein Haus mit einem untrüglichen Gespür für Stil
Jedes Detail im Haus trägt die Handschrift von Gastgeberin Stephanie Teigelkamp: Sie verantwortet die Dekoration, die Auswahl der Möbel und Stoffe sowie der verbauten Materialien, vom Wenge-Holz bis zur Klavierlack-Versiegelung. Bei den Farben orientiert sie sich an der Bruchsteinfassade der Burg, die perfekt mit Braun- und Beige-Tönen wie Latte Macchiato, Café-Creme oder Espresso harmoniert. Und wenn ein Hotel überall feinen Ronnefeldt-Tee bereithält – auf dem Zimmer, im Spa, beim Frühstück – freue ich mich immer sehr.
Hotel gehört Familienstiftung
Am Abend bin ich zum Dinner in der „Brasserie Schwarzenstein“ mit den Hoteliers Stephanie und Michael Teigelkamp verabredet. Und zwar auf der Sonnenterrasse, einem ihrer Lieblingsplätze, mit gutem Blick über die alten Weinstöcke und den Rhein bis nach Rheinland-Pfalz. Seit 2004, erzählt Michael Teigelkamp, befindet sich die „Burg Schwarzenstein“ im Besitz der Familienstiftung des Unternehmers Ernst Udo Grossmann aus Mainz. Seither betreibt man das Hotel gemeinsam, und in den vergangenen zwei Jahrzehnten hat das Ehepaar aus dem kleinen Refugium ein über die Grenzen des Rheingaus hinaus bekanntes Hotel gemacht. Jüngst wurde dieses Engagement mit dem Greensign-Nachhaltigkeitssiegel gewürdigt.
Wo Frankreich auf den Rheingau trifft
Stillstand ist für die zwei Gastgeber ein Fremdwort. Daher präsentiert sich die „Brasserie Schwarzenstein“ unter Directeur de Cuisine Christofer Kokozska und dem zweiten Küchenchef Marco Stenger mit einem neuen, authentisch französischen Konzept. Die Köche servieren Klassiker wie gratinierte Markknochen mit Fleur de Sel, eine hervorragende Bouillabaisse oder ein edles „Plateau de Fruits de Mer“. Eine erlesene Auswahl an Rheingauer Spitzenlagen und französischen Weinen rundet die Karte perfekt ab.
Im „Relais & Châteaux Burg Schwarzenstein“ hatte ich vom ersten Moment an das Gefühl, wirklich angekommen zu sein. Mir gefällt, dass es mit klarer Haltung geführt wird, und die große Aufmerksamkeit für das Wohl des Gastes. Ebenso angenehm: Man folgt nicht blind jedem Trend – bis auf die Duft-Signatur aus den verborgenen Diffusern. Ob ich wohl sofort an die Burg im Rheingau denke, wenn ich ähnliche Noten irgendwo rieche?