Die Ostseeinsel Rügen steht nach wie vor im Schatten der westdeutschen Nordseeinseln und bekommt viel zu wenig Aufmerksamkeit. Dabei ist Rügen wunderschön, die Sandstrände sind breit und die Landschaft im Inselinneren hat es mir ebenfalls angetan. Das Beste aber: Man kann hier auch ganz hervorragend wohnen. Zum Beispiel im Roewers Privathotel in Sellin, einem der berühmten Ostseebäder auf Rügen.
Das Roewers ist ein Hotel für die Liebe auf den zweiten Blick. Von außen zeigt sich die klassische, schön renovierte Bäderarchitektur Rügens, die ein wenig an die Hamptons vor New York erinnert. Der Eingangsbereich des Roewers ist gemütlich, so wie man es sich bei einem Haus aus der exklusiven „Pearls“-Kollektion der Gruppe Romantik Hotels & Restaurants vorstellt. Doch dann, bei näherem Hinsehen, zeigt sich der Mut der Unternehmerfamilie Roewer. Zu DDR-Zeiten diente die hübsche Villa Vineta an der Straße hinunter zur Seebrücke von Sellin der Jugendorganisation Freie Deutsche Jugend als Freizeitheim. Um die Instandhaltung der heute denkmalgeschützten Architektur kümmerte sich niemand.
Hotel in FDJ-Heim: eine lohnende Investition
Als Dagmar Roewer dann nach der Wende den Betrieb ihrer Urgroßmutter, eben jene Villa Vineta, fortführen wollte, musste erst einmal viel Geld investiert werden, um die Ruine wieder einigermaßen herzurichten. Weitere vier angrenzende Villen kamen dazu, wurden ebenfalls saniert und unterirdisch miteinander verbunden. Heute umfasst etwa die klug konzipierte Sauna- und Badelandschaft sowohl einen gut zwölf Meter langen Außenpool auf einem der Villendächer sowie eine Rooftop-Sauna. Und das alles wurde unter Bewahrung des Denkmalschutzes verwirklicht.
Keine einfache Aufgabe, aber die kostspielige Mühe hat sich gelohnt. Von der Straße gesehen wirkt das Hotel wie ein klassisches Stadthotel, die Rückseite jedoch zeigt ein großzügiges Resort, das in eine Grünanlage mündet, den Kurpark Friedensberg. Längst kommen die Gäste aus Hamburg, Berlin oder München. Und sogar in Belgien, Luxemburg und der Schweiz schätzt man mittlerweile die Vorzüge von Rügen.
Boutiquehotel einer Juristin und eines Chefarztes
Was ich außergewöhnlich finde: Diese Erfolgsgeschichte ist ungemein persönlich und familiär. Als totale Quereinsteiger starteten Inhaberin Dagmar Roewer und ihr Mann Norbert vor gut 25 Jahren in dieses Hotel-Abenteuer. Sie war als Juristin tätig, er Chefarzt für Notfallmedizin und Anästhesie am Universitätsklinikum Würzburg. Der eine Sohn ist Oberarzt in Hamburg und kümmert sich zudem um Marketing sowie die Social-Media-Aktivitäten. Ihr anderer Sohn, Julian Roewer, wollte ursprünglich ebenfalls Medizin studieren, entschied sich später jedoch um. Derzeit leitet er die Hotelbar und wird das Haus irgendwann übernehmen.
Nun ist die Hotelbranche für absolute Newcomer mitunter eine Nummer zu taff, ungewohnt und komplex. Doch in diesem Fall muss ich sagen: Wenn alle Neulinge – und auch jeder ausgebildete Hotelier – nur annähernd so gute Gastgeber wären wie Familie Roewer, wäre mir um die Hotellerie hierzulande nicht bange.
Großes Spa, Wellness-Angebote und Pool auf dem Villendach
In den vergangenen 25 Jahren ist aus Uromas alter Villa ein luxuriöses Boutiquehotel der Kategorie Fünf-Sterne-Superior geworden, das schon von Beginn an Teil der „101 besten Hotels“ ist. Mit jeder Minute meines Aufenthaltes erschließt sich dieses Haus mehr. Obwohl die 52 Zimmer ausgebucht sind, begegne ich kaum anderen Gästen. Was an den vielen intelligent geplanten Nischen, Plätzen und Erholungsmöglichkeiten liegt, die alle Urlauber harmonisch verteilen.
Das Vitambiance Spa & Health Resort bietet auf einer Fläche von 1200 Quadratmetern ein umfangreiches Angebot an Massagen, Beauty-Behandlungen, speziellen Bädern und weitere Wellness-Angebote. Alle Treatments sind übrigens auch für Tagesgäste buchbar.
Die Handschrift der Eigentümerin, die das Hotel mittlerweile zusammen mit Direktor Rainer Malchus leitet, entdecke ich in jeder Ecke. Dagmar Roewer ist überall präsent: Sie sucht die Blumendekoration aus, hilft hier, unterstützt dort, sorgt sich rührend um die vielen Details. „In kleinen Dingen großzügig sein“, dieses Konfuzius-Zitat ist auch ihr Motto. Für Kleinlichkeit ist in ihrem Haus kein Platz, weder im Hinblick auf die Gäste noch bei der Motivation der Mitarbeiter. Jeder darf seine Persönlichkeit einbringen, alle sind dabei stets zugewandt und auf das Wohl der Urlauber fokussiert. Das schafft ein gutes Arbeitsklima, das man spürt.
Frühstück hervorragend, zwei Top-Restaurants
Noch ein Wort zum gastronomischen Angebot: Das Frühstücksbuffet ist hervorragend, mit vielen frischen und regionalen Produkten. Besonders gut gefällt mir, dass Küchenchef Dirk Bretschneider bereits seit 20 Jahren hier im Roewers ist. Das zeugt von Kontinuität und der erwähnten Loyalität des Teams. Außerdem macht er natürlich im Hotelrestaurant „Toujours“ und dem Fine-Dining-Restaurant „Ambiance“ einen extrem guten Job.
Ich kann Ihnen das Roewers Privathotel wirklich nur empfehlen: Es bietet viel Entfaltungsspielraum, eine herrliche Natur ringsum und Inhaber, die sich fantastisch um ihre Gäste kümmern. Da kommt man gern wieder nach Rügen, der für mich besten Alternative zur neureichen Nordseeinsel Sylt.