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„Kampf der Finanzplätze“ Schweiz will Steueroase bleiben – und verwässert Geldwäsche-Regeln

Am Schweizer Finanzplatz Zürich könnte die Zukunft weiter rosig aussehen.
Am Schweizer Finanzplatz Zürich könnte die Zukunft weiter rosig aussehen.
© Joko / IMAGO
Eigentlich wollte die Schweiz seine Geldwäsche-Regeln verschärfen. Im internationalen Wettbewerb um lukrative Milliardäre musste das Land nun aber nachgeben

Im Kampf gegen internationale Finanzkriminalität trifft die Schweizer Regierung im eigenen Parlament auf Widerstand. Eine Mehrheit der Abgeordneten will die vom Bundesrat vorgeschlagene Verschärfung von Geldwäsche-Regeln verwässern. Denn im Kerngeschäft mit Millionären und Milliardären drohen andere westliche oder asiatische Länder der Schweiz das Wasser abzugraben. „Es geht hier um einen Krieg der Finanzplätze und um wirtschaftliche Interessen“, sagte die Abgeordnete Barbara Steinemann von der rechtskonservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP). „Die Amerikaner und andere europäische Staaten möchten gerne unsere Geschäfte übernehmen.“

Die Schweiz ist zwar noch immer die weltweit größte Drehscheibe für die grenzüberschreitende Vermögensverwaltung, könnte die Krone einer Prognose der Boston Consulting Group (BCG) zufolge aber bereits in diesem Jahr verlieren. 2024 wuchs jeder andere größere Finanzplatz im grenzüberschreitenden Vermögensgeschäft prozentual schneller als die Schweiz. Spitzenreiter war Singapur mit einem Wachstum von 11,9 Prozent. BCG zufolge dürfte Hongkong bereits 2025 zum weltweit führenden Zentrum für die Buchung solcher Vermögen aufsteigen.

Die Debatte über die Wettbewerbsfähigkeit der reichen Alpenrepublik hat sich verschärft, seit die US-Regierung von Präsident Donald Trump einen Importzoll von 39 Prozent auf Schweizer Waren verhängt hat. Dies verstärkt den politischen Willen in der Eidgenossenschaft, die eigene Wirtschaft zu stärken. Das Argument der Wettbewerbsfähigkeit wird auch in anderen Bereichen angeführt, etwa bei der Debatte um schärfere Kapitalregeln für die Großbank UBS.

Etikettenschwindel in anderen Ländern?

Der Aufstieg des Schweizer Finanzplatzes ist eng mit den vergleichsweise laxen Regeln verbunden, die das Land für Steuerhinterziehung und Finanzkriminalität lange attraktiv machten. Doch ab 2008 setzten die USA und andere westliche Länder die Schweiz massiv unter Druck, wenig später knickte sie ein. Seitdem bemühen sich die Regierung und auch die Banken um einen besseren internationalen Ruf.

Die Regierung zielt mit einer Gesetzesvorlage darauf ab, die Vorgaben der internationalen Finanz-Aufsichtsbehörde Financial Action Task Force (FATF) umzusetzen. Diese sollen es erschweren, illegale Vermögen zu verstecken. Abgeordnete argumentieren dagegen, die Schweiz sei bei der Umsetzung internationaler Regeln bereits zu weit vorangegangen.

Ausnahmen beim Transparenzregister

Dabei hat das Parlament bereits Fakten geschaffen. So wurden gemeinnützige Vereine, Stiftungen und Treuhänder von einem geplanten Transparenzregister ausgenommen, in dem wirtschaftlich berechtigte Personen aufgeführt werden sollen. Finanzministerin Karin Keller-Sutter hatte davor gewarnt, dass von Treuhändern betreute Konstrukte besonders anfällig für Kriminalität seien, weil Tarnfirmen oder Strohmänner zur Verschleierung der Identität von Kunden genutzt werden könnten. Zudem hat die kleine Kammer des Parlaments die Sorgfaltspflichten für Berater aufgeweicht und einen Großteil der Gesellschaftsgründungen von den neuen Schutzmaßnahmen ausgenommen.

Die Befürworter der Lockerungen verweisen darauf, dass andere Länder auf dem Papier zwar strenge Regeln hätten, diese aber nicht umsetzten. „Das ist reiner Etikettenschwindel fernab vom schweizerischen Verständnis des Gesetzesvollzugs“, sagte Beat Rieder von der Partei Die Mitte. „Wenn wir Gesetze verabschieden, dann werden sie bis ins letzte Detail umgesetzt.“ Die Schweiz verfüge im Gegensatz zu anderen Finanzplätzen bereits über ein ausgeklügeltes System zur Bekämpfung der Geldwäsche.

Schweiz würde strengere Regeln begrüßen

Das Schweizer Finanzministerium und Experten warnen vor den Folgen einer zu laxen Regulierung. Ein wirksames System zur Bekämpfung der Finanzkriminalität sei für den Ruf und den Erfolg eines international bedeutenden Finanz- und Wirtschaftsstandortes unerlässlich, so das Finanzministerium. 

Laut dem Leiter der Meldestelle für Geldwäsche, Anton Brönnimann, muss die Schweiz sicherstellen, dass sie aus Wettbewerbsgründen nicht für Kriminelle attraktiv werde. „Wir würden strengere Regeln für risikobehaftete Tätigkeiten in der Beratung begrüßen, auch wenn aktuell einzelne andere Länder hier keine Pflichten kennen. Nichts zu machen ist für die Schweiz aus Sicht der Geldwäschebekämpfung keine Option.“

rtr/jti

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