Wie eine schillernde Perle thront der weißgetünchte Söl’ring Hof am Ende der langen Auffahrt im graugrünen Gras der Dünen. Unter seinem Reetdach ragt der spitze Giebel ins Sommerblau des Himmels, der sich auf Sylt in Minutenschnelle grau verhangen oder so dramatisch aufgewühlt geben kann wie die kurz hinter der Terrasse beginnende Nordsee. Zum Glück steht diesem Fünf-Sterne-Hotel jede Wetterlage ausgezeichnet.
Es liegt im kleinen Dorf Rantum, an der mittlerweile schmalsten Stelle der Insel, die kaum noch 550 Meter misst. Von hier oben schaue ich aufs offene Meer und das matt glänzende Watt, beeindruckt vom täglichen Schauspiel aus Ebbe und Flut. Spätestens in diesem Moment weicht der städtische Puls einem Gefühl wohltuender Entschleunigung.
Doch die unvergleichliche Lage ist nicht das Einzige, was dieses nordisch-noble Haus besonders macht. Auf einer Insel, die für ihre Mythen, rund 40 Kilometer Sandstrand, ihre hohe Promidichte und die höchsten Immobilienpreise Deutschlands bekannt ist, mangelt es schließlich nicht an luxuriösen Herbergen. Seit einem Vierteljahrhundert steht der „Söl’ring Hof“ vielmehr für aufmerksame Gastfreundschaft, eine leidenschaftliche Küche und eine Ästhetik, die durch Bescheidenheit glänzt und gerade dadurch Wärme verströmt. Der Name selbst ist verwurzelt im Friesischen: „Söl“ bedeutet „Sylt“, „Ring“ verweist auf die Straße.
Erneuerung bis unters Reet
Das Hotel wurde Ende der 1990er-Jahre erbaut und vor 25 Jahren eröffnet – man sieht es ihm nicht an: Kein Lack blättert ab, alles wirkt frisch. „Es gab noch nie eine Ausschüttung in der Betreibergesellschaft, alle Gewinne wurden reinvestiert“, sagt Geschäftsführer und Mitgesellschafter Jan-Philipp Berner. Er war hier viele Jahre Küchenchef, bevor er 2022 die Leitung von Gastgeber und Inselimpresario Johannes King übernahm.
Mitgesellschafter Dirk Iserlohe, CEO der Honestis AG und Aufsichtsratsvorsitzender der DHI Dorint Hospitality & Innovation GmbH, blieb dem „Söl’ring Hof“ treu. 2023 holte Berner, der weiterhin kulinarischer Ideengeber ist, Jan Fehling als Küchenchef. Gemeinsam halten sie die zwei Michelin-Sterne. Parallel dazu wurde das gesamte Haus renoviert – vom Weinkeller bis unters Reetdach.
Zurückhaltendes Design, stilvolles Wohnen
Am besten gefällt mir die Großzügigkeit des Hauses. Mit nur 15 komfortablen Zimmern, Maisonetten und Suiten spürt man seinen persönlichen Charakter überall. Zurückhaltende Eleganz prägt das Design: edle Hölzer, sanfte Farben, hochwertige Stoffe. Die Maisonetten und Suiten erstrecken sich über zwei Etagen: Unten wohnt man, teilweise mit Kamin, oben ist der Schlafbereich.
In der größten, der „Meeressuite“ mit 70 Quadratmetern ist die Nachtruhe bei vollkommener Stille unterm Reet quasi garantiert. Das ist nicht mehr bloß gemütlich, das ist ein Traum für Ruhesuchende. Die Doppelzimmer sind ebenfalls charmant, im Erdgeschoss besitzen sie sogar eine eigene Terrasse. Außerdem gehören zu allen Zimmern auch Strandkörbe, die am Privatstrand direkt vor der Tür mit großem Abstand aufgereiht stehen.
Köstliches aus Wald und Meer
Seit 2004 hält das „Gourmetrestaurant Söl’ring Hof“ seine beiden Michelin-Sterne. Serviert wird hier ein sechsgängiges Degustationsmenü, das sich um drei Gänge erweitern lässt. „Wir vereinen die Genusswelten von Wald, Meer und Wiese mit ihren unterschiedlichen Facetten“, erklärt Jan Fehling, während ich ihm beim Finishing in der offenen Restaurant-Küche über die Schulter schaue.
Ganz besonderes Augenmerk schenkt er den auf der Insel wachsenden Kräutern und Gemüsepflanzen. Sie gedeihen wild in den Dünen oder im hoteleigenen Garten in Keitum. „Wir bauen so viel wie möglich selbst an“, so Fehling. Daher wechselt das regionale Menü zehn- bis zwölfmal im Jahr, „wenn 200 Portionen abgeerntet sind.“
Wenn das Mahl ein einmaliges Erlebnis bleiben soll, speist man auch im meerblau gestrichenen „Wohnzimmer“ sehr gut à la carte. Im „unkomplizierteren“ Restaurant empfiehlt Sommelière Bärbel Ring Tropfen aus dem Weinkeller, wo bis zu 1400 Positionen, vornehmlich europäische Spitzengewächse, in der Tiefe lagern.
Frühstück auf Sterne-Niveau
Aber eben nicht nur im Gourmetrestaurant oder im „Wohnzimmer“ speist man hervorragend. Mit derselben Akribie und Leidenschaft wie in den beiden Restaurants bereitet Fehlings Küchenbrigade übrigens auch morgens Birchermüsli oder Matjes zu. Ebenso die Snacks, die im Zimmer, auf der Terrasse oder im Strandkorb serviert werden. Geht es noch köstlicher? Kaum!
Würde das Frühstück nicht mehr oder weniger ganztägig serviert, es lohnt sich allemal, dafür eher aufzustehen, denn so etwas habe ich noch nie erlebt. Es ist herausragend und könnte zum Vorbild für andere Luxushotels werden. Jeder Wunsch wird erfüllt, alle zwei Minuten ein anderer Servierwagen an den Tisch gerollt – mal mit salzigen, mal süßen Köstlichkeiten, mit Fisch und Käse.
Der „Söl’ring Hof“ bietet für anspruchsvolle Gäste, Designfans und Ruhesuchende ein ganzheitliches Erlebnis, bei dem das Meer die Begleitmusik stellt und seine Schätze auf dem Teller landen. Und für alle, die es doch mal so richtig krachen lassen wollen: Die „Sansibar“ ist nur sechs Autominuten entfernt.