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Uhren Parmigiani-CEO: „Wir setzen mehr denn je auf Understatement“

Parmigiani-CEO Guido Terreni
Parmigiani-CEO Guido Terreni
© Parmigiani Fleurier
Als der Uhrenrestaurator Michel Parmigiani im Jahr 1996 seinen Traum von einer Uhrenmarke wahr machte, hielten ihn manche in der Branche für einen Spinner. Heute führt Guido Terreni die Manufaktur, die für Liebhaber zum stillen Star avancierte

Mit der Ankunft von Guido Terreni als CEO der unabhängigen Uhrenmanufaktur Parmigiani im Jahr 2021 begann für die Marke aus der Schweizer Gemeinde Val-de-Travers eine wahre Renaissance. In kürzester Zeit verdreifachte sich der Umsatz des zur Stiftung der Familie Sandoz gehörenden Unternehmens, vor allem dank der neuen Modell-Kollektion „Tonda PF“. Terreni, der zuvor die Uhrensparte des Juweliers Bulgari auf Rekordniveau trimmte, sprach mit Capital unter anderem über die Sonderstellung, die Parmigiani Fleurier seit der Gründung vor knapp 30 Jahren im Uhrenmarkt einnimmt.

Guido Terreni, 53, wuchs in Mailand auf und studierte an der dortigen Bocconi-Universität. Er arbeitet seit mehr als 25 Jahren in der Uhrenbranche und war u.a. Präsident der Uhrensparte von Bulgari.

Capital: Herr Terreni, viele sagen, dass die Uhren von Parmigiani in den letzten Jahren deutlich schöner geworden sind.
Das stimmt. Die Veränderung begann 2021, als wir nach meinem Einstieg im Januar sofort die neue „Tonda“-Linie entworfen haben. Die älteste Uhr, die wir heute verkaufen, ist die „Tonda PF Micro-Rotor“ aus dem Oktober desselben Jahres mit einem Gehäuse aus Edelstahl und Platin. Alles, was aktuell im Markt ist, gehört also bereits zum damaligen Relaunch und der seitdem vergangenen Zeit.

Klingt wie ein Neustart.
Ja und nein. Parmigiani ist keine neue Marke, wir wurden 1996 gegründet. Aber wir haben unsere kreative Arbeit neu ausgerichtet – zeitgemäß, frisch, dabei stets im unverwechselbaren Stil von Parmigiani Fleurier. In den Jahren davor war die Marke etwas verblasst und hatte den Kontakt zu ihrer Kundenbasis verloren. Es fehlte an einer prägnanten Gestaltung, an einem klar definierten Produktangebot und einer genauen Vorstellung, welche Klientel all das bedienen soll.

Wie ist diese Wende geglückt?
Wir haben uns gefragt: Wer war der Kunde, der Parmigiani Ende der 1990er berühmt und begehrlich gemacht hat? Und wer wäre er heute? Die Antwort: ein Mann zwischen 30 und Ende 40, bestens ausgebildet, zurückhaltend im Auftreten, und hochkultiviert. Für ihn haben wir eine passgnaue Formensprache geschaffen: minimalistisch, pur, raffiniert, subtil.

Die Einführung der Kollektion „Tonda PF“ bescherte CEO Guido Terreni und seinem Team 2021 (und bis heute) einen Bestseller
Die Einführung der Kollektion „Tonda PF“ bescherte CEO Guido Terreni und seinem Team 2021 (und bis heute) einen Bestseller

Also ein sehr spezieller Kunde?
Ja. Noch sind das überwiegend Männer, wir wollen aber verstärkt auf Frauen zugehen. Grundsätzlich ziehen wir Menschen an, die nicht ihre erste, zweite oder dritte Uhr kaufen. Eher jemanden, der Luxus gewöhnt ist und sich Luxusgüter nicht aus Gründen sozialer Anerkennung kauft, sondern ganz allein für sich, die eigene Freude und Leidenschaft. Deshalb setzen wir mehr denn je auf Understatement: Selbst das Logo haben wir von „Parmigiani Fleurier“ auf ein puristisches „PF“ reduziert. 

Es ging Ihnen aber um mehr als nur eine getunte Ästhetik.
Genau, wir haben auch unsere Firmenphilosophie überprüft.

Wie lautet die jetzt?
Luxus sollte kein starrer Rahmen sein, stattdessen eine Brücke zwischen Tradition und Innovation. Denken Sie nur an die „Parmigiani Bugatti Type 370“, die Michel Parmigiani 2004 präsentierte: Ein auf fünf senkrecht montierte Scheiben verteiltes Werk mit einem winzigen seitlichen Zifferblatt, das nur ihr Träger ablesen konnte. Das war absolut revolutionär – und rein mechanisch. In dieser neuen Ära jedoch wollen wir alle Funktionen einer Uhr aufs Wesentliche reduzieren und angenehm harmonische Beziehung zu diesem besonderen Objekt ermöglichen. Mit sanften Pastelltönen, die Modernität ebenso vermitteln wie Ruhe und Gelassenheit.

Welche Fähigkeiten als Topmanager haben Ihnen bei diesem Turnaround geholfen?
Ich denke, meine wichtigste Stärke ist es, die individuellen Werte einer Marke sowie ihrer Kunden zu verstehen und ein kreatives Atelier dabei zu unterstützen, all das in neue Produkte zu übersetzen. Übrigens: Wir haben diese Mission mit der gleichen Mannschaft erfüllt, die auch vor meiner Ankunft für Parmigiani gearbeitet hat.

Vor Parmigiani waren Sie viele Jahre bei Bulgari. Was haben Sie dort gelernt?
In meiner Zeit an der Spitze des Uhrenbereiches von Bulgari haben wir die bis heute mit zig Rekorden ausgezeichnete Kollektion „Octo Finissimo“ lanciert. Natürlich unterschieden sich die Universen dieser Marken deutlich, aber die Erfahrung, eine neue Modelllinie mit starkem Charakter aufzubauen, war ungemein wertvoll.

Wie lautet Ihr Fünf- oder Zehnjahresplan?
Verlässliche Planung ist in unserer dynamischen, teils extrem turbulenten Welt kaum mehr möglich. Aber wir verfolgen die Vision, Parmigiani Fleurier zu einer Referenz für den Begriff „Private Luxury“ zu machen. Eine leise Marke für echte Kenner. Und genau diese Community, die wollen wir zunehmend um uns herum versammeln. Dabei gilt es, agil zu bleiben und nie den eigenen Nordstern aus den Augen zu verlieren, unsere Werte.

Mit der „Toric“-Kollektion begann die Erfolgsgeschichte von Parmigiani Fleurier im Jahr 1996 (hier: „Toric Petite Seconde Rose Gold Dune“)
Mit der „Toric“-Kollektion begann die Erfolgsgeschichte von Parmigiani Fleurier im Jahr 1996 (hier: „Toric Petite Seconde Rose Gold Dune“)

Sie sprechen von „Private Luxury“. Warum nicht „Quiet Luxury“, wie man es aktuell so oft hört und liest?
„Quiet Luxury“ ist ein Modebegriff, der eine fast schon demonstrative Haltung beschreibt. „Private Luxury“ hingegen gab es schon immer: Diskretion, Understatement, Eleganz. Eine Uhr, die so gedacht ist, soll ihren Träger überleben und nicht bloß irgendeinem Trend nachlaufen.

Welche Rolle spielt der amerikanische Markt für Sie?
Er ist unser wichtigster Markt, ähnlich wie für die Branche insgesamt. Natürlich macht uns da die Zoll-Problematik keine Freude, auch unseren amerikanischen Partnern nicht. Wir analysieren sorgfältig, um Rentabilität und Juweliere gleichermaßen zu schützen.

Wo sehen Sie zudem Wachstumsmöglichkeiten?
Überall. Kunden, die unaufdringlichen Luxus und Sophistication schätzen, die gibt es weltweit. Im Nahen Osten etwa, denn entgegen aller Klischees, gibt es dort eine Elite mit sehr feinem Stilgespür. Kürzlich haben wir in Dubai und Saudi-Arabien einige Verkaufsstellen eröffnet, außerdem einen Flagshipstore im Nobelviertel Ginza in Tokio. Auch die Regionen Südpazifik und Europa bergen Potenzial. Wichtig ist es bei aller Expansion, realistisch zu bleiben. Die Märkte boomen einfach nicht mehr so wie früher, daher ist ein bedachtes, nachhaltiges Wachstum entscheidend.

Andere Marken positionieren sich über Sport und andere Events. Sie verzichten auf plakative Werbegesichter. Das dürfte die Steigerung der Bekanntheit erschweren, oder?
Ja, weil wir keine Stereotype bedienen können und wollen. Aber das macht uns gleichzeitig umso authentischer. Wir sagen: Parmigiani Fleurier steht für großes uhrmacherisches Können, aufwändige Veredelung und eine leise Eleganz. Damit ziehen wir jene an, die mit uns dieses Verständnis teilen.

Welche Marken sind in Ihrer Beobachtung ähnlich unterwegs?
Direkte Vergleiche hinken in der Regel. In einer anderen Kategorie könnte man sicherlich Hermès nennen, eine Marke, die ebenfalls für sehr persönlichen Luxus steht. Beiden Kundenkreisen geht es um individuelle Entscheidungen, nicht um Uniformität.

Die Branche spricht oft über „Heritage“, also Erbe, und schwelgt in der Vergangenheit. Ist das eine kluge Strategie?
Für mich blickt wahrer Luxus immer nach vorn, es geht um eine kontinuierliche Evolution von Exzellenz – ästhetisch wie technisch. Die eigene Historie bildet dafür das Fundament, darf aber kein Selbstzweck sein. Auch unser Gründer Michel Parmigiani hat immer nach der nächsten Innovation gesucht, nie bloß alte Ideen kopiert. Diese Haltung bleibt unser Antrieb.

Was können wir bei der nächsten Fachmesse „Watches & Wonders“ im April 2026 von Parmigiani erwarten?
Wir werden weiter am Konzept des „Pure Timing“ feilen, und dabei gleichsam überraschen und unsere Tradition respektieren. Es wird mittelfristig sicherlich neue Komplikationen geben und eine Weiterentwicklung in vielen Details. Klassisches Handwerk, moderner Stil – dafür stehen wir heute und auch übermorgen.

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