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Patek Philippe Für dieses Millionen-Modell blickte Patek Philippe in die 1920er-Jahre

Die drei Rosetten in den Ecken und bei 12 Uhr, die Akanthusranke um das Calatrava-Kreuz sowie die geflügelten Löwen an den Füßen wurden sehr aufwendig vergoldet
Die drei Rosetten in den Ecken und bei 12 Uhr, die Akanthusranke um das Calatrava-Kreuz sowie die geflügelten Löwen an den Füßen wurden sehr aufwendig vergoldet
© Patek Philippe
Uhren haben einen festen Platz in Capital – hier stellen wir Neuigkeiten aus der Branche vor. Diesmal: eine Tischuhr, deren Inspiration in die Ära der US-Industriebarone zurückreicht

Es war lange Zeit eine der spannendsten Anekdoten der Uhrengeschichte: die zweier Männer im verbissenen Kampf, wer das komplizierteste Modell ersinnen und in Auftrag geben kann. Sie spielt in den Roaring Twenties, als Unternehmer zur ungekrönten Elite aufsteigen – und antike Uhren, etwa aus dem Besitz von Napoleon, für sie als Statusobjekte fast so einen Stellenwert besitzen wie Gemälde und Schmuck. In der einen Ecke des Rings: Henry Graves Jr. (1868–1953), Spross einer Bankiersdynastie aus New Jersey, verheiratet mit der Tochter eines Rohstoffmaklers; ihr Stammbaum soll sich bis zu Karl dem Großen zurückverfolgen lassen. 

Auf der Gegenseite: James Ward Packard (1863– 1928) aus Ohio, dessen Vater mit Holzhandel und Sägewerken ein Vermögen machte. James studiert Maschinenbau, beteiligt sich am Glühbirnen- Boom und schenkt den USA ihr erstes Luxusauto – den Packard. Ihre wahre Leidenschaft aber gilt den Uhren. Auftragnehmer für ihre komplizierten Modelle: Patek Philippe. Der Überlieferung nach wenden sie sich immer wieder mit neuen Ideen und Wünschen für komplexe Unikate an die Genfer Manufaktur. Teils mit präzisen Skizzen, einer Liste der gewünschten Raffinessen und der Auflage, jeden Schritt persönlich abzusegnen. James Ward Packard erteilt 1912 seine erste Bestellung an die Aktiengesellschaft unter dem Vorsitz von J. A. Bénassy-Philippe: eine Taschenuhr. Henry Graves Jr. gehört ab 1925 zum Kundenkreis. Seine bahnbrechende Order: eine Taschenuhr mit Namen „Supercomplication“ und 24 Funktionen, an der insgesamt acht Jahre gearbeitet wird – und die 56 Jahre lang der komplizierteste mechanische Zeitmesser der Welt bleibt. Den Wettstreit hätte er damit gewonnen. 

Silberkorpus und Walnussholz: „In unserem Museum wäre diese Uhr der Hit“, weiß Philip Barat, Director Research & Development von Patek Philippe
Silberkorpus und Walnussholz: „In unserem Museum wäre diese Uhr der Hit“, weiß Philip Barat, Director Research & Development von Patek Philippe
© Patek Philippe

Zwei US-Magnaten fordern die Uhrmacherei heraus

Aber stimmt die Geschichte überhaupt? Tatsächlich dauert es bis 1989, bis Patek Philippe mit dem „Calibre 89“ den eigenen Rekord für die komplizierteste Uhr bricht. Das Modell besteht aus 1 728 Teilen. Und es war wohl im Zuge seiner Vorstellung, dass Alan Banbery, damaliger Vertriebschef für den englischsprachigen Markt und Kurator des Patek Philippe Museums, von Euphorie getragen die Rivalität der beiden US-Magnaten und fanatischen Sammler gewissermaßen erfand – wie er später selbst einräumte. In Wahrheit dürften die beiden Männer, die aus unterschiedlichen US-Staaten und sozialen Milieus stammten – altes versus neues Geld –, einander nie begegnet sein. 

Dennoch, so formulierte es ein Magazinbeitrag einmal, habe dieses Gespann „aus Zugfeder-Technik des 15. und Sehnsüchten des 20. Jahrhunderts Erstaunliches“ bewerkstelligt. Eine schöne Geschichte bleibt es ohnehin. Und eine, die auch der vielleicht überraschendsten Neuheit der Marke auf der letzten Fachmesse Watches & Wonders reichlich historisches Flair verlieh: einer Tischuhr mit der Referenznummer 27000M- 001, für die sich Vorbilder in den Sammlungen beider „Kontrahenten“ aus der amerikanischen High Society fanden. 

Als Inspiration für das Team rund um Philip Barat, Director Research & Development bei Patek Philippe, dienten Tischuhren, die 1923 eben an Autotüftler James Ward Packard und 1927 an Bankier Henry Graves Jr. verkauft wurden. Deren Maße waren allerdings noch etwas bescheidener – das neue Modell fällt deutlich imposanter aus. Laut Philip Barat geht das Modell vor allem auf den früheren Präsidenten von Patek Philippe zurück: „Bereits 2009 hatte Thierry Stern die Idee, ein neues kompliziertes Werk zu entwickeln, das ursprünglich für eine Taschenuhr gedacht war.“ Wegen der besseren Ablesbarkeit für den ewigen Kalender, Mondphase, Kalenderwoche, Schaltjahr, Tag/ Nacht und vieles mehr entschied man sich dann aber für eine Tischuhr. 2015 fiel die Wahl beim Gehäuse auf die „Packard“-Uhr, jedoch mit einer Gangreserve von 31 statt einst acht Tagen. 

Für die Konstruktion des neuen Handaufzugkalibers, bestehend aus 912 Teilen, wurden neun Patente eingereicht
Für die Konstruktion des neuen Handaufzugkalibers, bestehend aus 912 Teilen, wurden neun Patente eingereicht
© Patek Philippe

An dieser Tischuhr sieht sich das Auge kaum satt

Barat weiter: „Ein Jahr später verlangte Thierry Stern eine Genauigkeit von plus/minus einer Sekunde pro Tag innerhalb eines Monats.“ Kein Wunder, dass für die Konstruktion des Handaufzugkalibers 86-135 PEND S IRM Q SE, bestehend aus 912 Einzelteilen, ganze neun Patente eingereicht wurden. Zudem kommt eine Konstant-Kraft- Hemmung zum Einsatz – ein Vorspann- Mechanismus, bei dem eine Spiralfeder von zwei Ankerrädern gespannt und so die Energie besonders gleichförmig an die Unruh weitergeleitet wird. Die Keilform des Modells macht das Ablesen vom Schreibtisch aus ergonomisch bequem, und einen Blick lohnt dieses Meisterstück eigentlich immer. „Allein einen Korpus vollständig aus Sterlingsilber zu fertigen, ohne dessen Rechtwinkligkeit beim Verschweißen zu zerstören“, sagt Philip Barat, „erforderte echtes Goldschmiede-Know-how.“ 

Ebenso knifflig: das Aufbringen der grünen Grand-Feu-flinqué-Emaille mit einer Wellen-Guillochage, denn der Schmelzpunkt von Silber ist mit 890 Grad gut 100 Grad niedriger als bei Gold und liegt damit im Brennbereich der Emaille. Unter dem Deckel warten mattes Walnussholz und eine Schaltstation zur Korrektur der wichtigsten Anzeigen – dem Armaturenbrett eines Autos nicht unähnlich. Auch das Fach für den Kurbelschlüssel des Hochleistungswerks mit Handaufzug befindet sich hier. Für Philip Barat ist es „fast schade, dass diese Stücke nun serienreif sind und als aktuelle Kollektionsstücke noch nicht in unserem Museum stehen dürfen. Dort wären sie der Hit bei Besuchern.“

Details zur Uhr:

Modell — Ref. 27000M-001

Durchmesser — 164,6 x 125 mm

Material — Silber, Emaille, Walnussholz

Gangreserve — 31 Tage

Aufzug — per Handkurbel

Preis — circa 1.158.772 Euro Euro

 

„RARE HANDCRAFTS“ 
Patek Philippe fühlt sich den seltenen Handwerkskünsten verpflichtet, die seit über 400 Jahren zur Dekoration von Uhren genutzt werden – und denen, die sie beherrschen

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