Der Zocker: Heinz „Schibu“ Schimmelbusch, risikofreudiger und unkonventioneller Vorstandschef der Frankfurter Metallgesellschaft (MG), die er innerhalb kürzester Zeit auf rasante Expansion getrimmt hat.
Der Zahlmeister: Ronaldo Schmitz, Vorstand der Deutschen Bank und als neuer MG-Aufsichtsratschef bald in großer Sorge.
Im November 1993 scheint es so, als hätten sich diese beiden doch noch einmal arrangiert: Schimmelbuschs CEO-Vertrag wird verlängert, er soll ein Sparprogramm umsetzen. Vier Wochen später wird er gefeuert, dann sogar wegen Untreue angezeigt. Die Metallgesellschaft, ein Dax-Konzern mit gut 57.000 Beschäftigten und 113-jähriger Tradition, steht vor der Pleite. Ein Ölpreiscrash hat sie beinahe ruiniert. Ob dabei „Schibu“ den Überblick verlor oder Schmitz bloß der Durchblick fehlte, darüber streiten die Anwälte noch lange.
Klar ist, dass der Vorstandschef ab 1989 ziemlich freihändig und selbstherrlich ein gigantisches Rad gedreht hatte: Über Zukäufe und Umstrukturierungen hatte er den Umsatz fast verdoppelt, dabei aber auch hohe Verluste produziert. Der neue Aufsichtsratschef Schmitz, ehemals Finanzvorstand der BASF, schaut ihm deshalb immer misstrauischer auf die Finger.
Metallgesellschaft gerät in Existenznot
Die Schieflage, die die Existenz gefährdet, entsteht allerdings innerhalb weniger Wochen bei Termingeschäften in den USA. Um in Amerika zu wachsen, hatte man Kunden künftige Öllieferungen zum Festpreis garantiert. Dieses Risiko wurde wiederum am Terminmarkt abgesichert. Wenn der Ölpreis stieg, dann stieg auch der Wert dieser Kontrakte. Wenn er fiel, mussten zusätzliche Sicherheiten hinterlegt werden.
Im Herbst 1993 fällt der Preis dramatisch. Bis Dezember verbilligt sich das Öl um rund 20 Prozent, stürzt auf 14 Dollar je Barrel, den niedrigsten Preis seit fünf Jahren. Die MG muss rund 1 Mrd. Dollar nachschießen, braucht 500 Mio. Dollar Notkredit.
Schmitz zieht die Reißleine, löst die Termingeschäfte auf und holt den harten Sanierer Kajo Neukirchen als neuen Chef. Die Metallgesellschaft wird zerlegt und in Einzelteilen verkauft. Schimmelbusch bestreitet jede Schuld am Crash. Die Verluste seien so groß, weil Positionen überhastet aufgelöst wurden. Die wahren Risiken habe nur der Chefölhändler in New York gekannt. Am Ende einigt sich die MG mit „Schibu“ auf einen Vergleich samt Abfindung.
Hauptperson
Heinz Schimmelbusch , geboren 1944 in Wien, kommt als promovierter Volkswirt 1973 zur MG. Er steigt auf im Rohstoffhandel, wird gelobt als „Wunderkind“ („Business Week“). 1989 macht ihn die MG zum Chef, für seinen Wachstumskurs wird er 1991 als „Manager des Jahres“ („Manager Magazin“) gefeiert. Nach dem Rauswurf flieht er in die USA, verklagt die MG wegen Rufschädigung. Bis heute ist er im Rohstoffgeschäft tätig. Die Firma, die er führt, heißt Advanced Metallurgical Group – AMG.
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