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Mittelstand Könige auf dem New-Work-Acker

Büro der Firma Go Daddy im Silicon Valley: Können sich deutsche Mittlerständler hier tatsächlich Inspirationen holen?
Büro der Firma Go Daddy im Silicon Valley: Können sich deutsche Mittlerständler hier tatsächlich Inspirationen holen?
© Go Daddy
Deutsche Mittelständler schicken ihre Führungskräfte zum Lernen ins Silicon Valley. Jürgen R. Schmid hält diese Pilgerfahrten in Sachen New Work für überflüssig: Dem Mittelstand mangelt es nicht an Ideen, sondern an der Umsetzung

New Work ist auch im Mittelstand kein Fremdwort mehr. Im Gegenteil: Die deutschen Mittelständler sind die Könige. Und haben sich herrschaftlich eingerichtet. Industrie 4.0 haben sie schon erledigt, indem sie Sensoren einsetzen und ihre Produktion ein bisschen stärker automatisiert haben. New Work ist auf dem To-do-Zettel längst abgehakt, weil die Mitarbeiter seit Neuestem ins Homeoffice dürfen und man ihnen im Büro eine Sitzecke zum Entspannen eingerichtet hat.

Oder mein Lieblingsargument: „Wir haben unsere Führungskräfte ins Silicon Valley geschickt, damit wir mit den neuesten Erkenntnissen arbeiten.“ Also wenn das nicht New Work vom Feinsten ist!

Verschwindende Riesen

Ich sage es an dieser Stelle direkt: New Work ist das für mich noch lange nicht . Viel mehr noch: Das Silicon Valley hat im deutschen Mittelstand rein gar nichts verloren.

In Kalifornien mögen die ganzen Riesen und Vorreiter der New Work sitzen, ja. Und nicht ohne Grund pilgern jährlich tausende Führungskräfte, Manager und Vorstände ehrfürchtig in die Zentralen von Google, Facebook, Airbnb und Co. Aber was haben Mittelständler davon, wenn sie ihren Führungskräften und Strategen diesen Silicon-Valley-Tourismus finanzieren?

Aus meiner Beobachtung: verschwindend wenig. Denn das Silicon Valley liefert großartige Impulse und Denkanstöße, doch im Mittelstand fehlt oft der wesentliche nächste Schritt, um diese auf das eigene Unternehmen zu übertragen.

Erfahren und doch dumm

Deutschen Mittelständlern und ihren Führungskräften gehen nämlich weder die Ideen aus, wie New Work bei ihnen aussehen könnte, noch zieht der Ausflug ins Silicon Valley spurlos an ihnen vorüber. Aber meine Zusammenarbeit mit vielen Mittelständlern führt oft auf ein altbekanntes Problem zurück: Ihnen fehlt die Zeit zur Reflexion. Oder wie ein befreundeter CEO es einmal formulierte: „Der Mittelstand weiß im Prinzip alles, aber er verändert zu wenig.“

Gemeint ist, dass der deutsche Mittelstand gerade besessen davon ist, Inspirationen aus dem Silicon Valley, dem neuesten New-Work-Seminar oder dem aktuellsten Ratgeber zu Work 4.0 aufzusaugen wie ein trockener Schwamm. Die Aufgabe, die Anreize anschließend zu hinterfragen, eigene Ideen zu entwickeln und sie auf das mittelständische Unternehmen zu übertragen, bleibt fast immer aus. Denn der Klassenausflug ins Silicon Valley bringt tolle Erfahrungen – aber hinterlässt viele erfahrene Manager, die ihr Wissen nicht praktisch umsetzen können.

Erntedank

Von den Führungsspielern im Mittelstand wünsche ich mir deshalb dringend, dass sie sich wieder einmal die Zeit nehmen nachzudenken. Dass sie aufhören, Erfahrung auf Erfahrung zu häufen und sich wieder einmal fragen: Was bedeutet das für uns? Denn ohne diese Reflexion landen wir bei Mittelständlern, die bunte Tischkicker in den Pausenraum stellen oder die Wände in der gleichen Farbe streichen wie bei Google – und meinen, damit sei das Thema New Work gegessen.

Was der deutsche Mittelstand derzeit macht, ist keine New Work. Er pflügt gerade einmal den Acker. Was fehlt, ist das Säen. Vom Ernten sind wir weit entfernt.

Die coolsten Firmenzentralen im Silicon Valley

Jürgen R. Schmid lebt als renommierter Designer für individuelle und unkonventionelle Lösungen. Nicht erst seit er den weltberühmten Mini-Akkuschrauber erfunden hat. Seine Firma Design Tech ist ein international führendes Unternehmen für zielorientiertes Maschinendesign. Weitere Informationen unter juergen-schmid.de

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