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JD.com Mediamarkt-Käufer irritiert mit unprofessionellem Onlineshop

JD.com-Logo
JD ist ein chinesischer Online-Gigant - dessen Shop Joybuy irritiert Experten allerdings
© imagebroker.com/Action Press
Wird Joybuy die Blaupause für den künftigen Online-Shop von Mediamarkt-Saturn? Besser nicht. Ein Handelsexperte sieht in dem Shop nur einen Testlauf für den chinesischen Käufer der deutschen Elektronikkette

Der Webshop Joybuy ist nun auch in Deutschland verfügbar, betrieben vom chinesischen Konzern JD.com, der die Mediamarkt-Saturn-Mutter Ceconomy übernimmt. Wie sein Name verspricht der Onlineshop Einkaufsfreude pur: Nach eigenen Angaben ist Joybuy ein Vollsortimenter, der „darauf abzielt, Kunden ein schnelleres, bequemeres und kostengünstigeres Einkaufserlebnis zu bieten“. „Abzielt“ ist die richtige Bezeichnung – diesen Shop hätte jemand über Nacht selbst bauen können, wie es E-Commerce-Experte Alexander Graf im Interview mit ntv formuliert. „Das entspricht nicht den Standards, die wir von asiatischen Unternehmen gewohnt sind.“

Erwartet hatte Graf, Mitgründer des E-Commerce-Softwareanbieters Spryker, einen „super professionellen Onlineshop“ – oder zumindest die heutigen Standards: „Da geht es jetzt gar nicht um besonders schöne Produktbilder, sondern überhaupt Bilder, die zum Produkt passen; Verlinkungen, die nicht auf den internationalen Shop führen, wenn man das Logo anklickt; Übersetzungen, die natürlich passen müssen, und vor allem ein Sortiment, das zur Erwartung passt.“ Die angebotene Mischung aus Elektronik und unter anderem Lebensmitteln dürfte die deutschen Kunden nach Grafs Einschätzung irritieren.

In den Niederlanden kämpfte JD seit drei Jahren mit der Plattform Ochama um Kunden, die nun in Joybuy aufging; in Großbritannien versucht es der Konzern ebenfalls mit Joybuy. Der Durchbruch auf dem europäischen Markt soll jetzt mit Mediamarkt gelingen. Um als Käufer zu überzeugen, hat JD laut Graf schon im Vorfeld die nötige Infrastruktur, Lager und Logistik aufgebaut.

Joybuy hat kurze Halbwertszeit

Nach Einschätzung des Handelsexperten will JD mit seinen bisherigen Onlineshops gar nicht groß werden, sondern zunächst testen, ob die Logistik funktioniert und wie beispielsweise der mehrtägige Versand bei den Kunden ankommt. „Mehr ist es auch erst mal nicht“, sagt Graf. „Ich denke nicht, dass wir in ein, zwei Jahren noch groß von Joybuy sprechen werden. Bis dann dürfte die Integration in die Mediamarkt-Marke gelungen sein, dann braucht man dieses Interface wahrscheinlich nicht mehr.“

In JDs Übernahme von Mediamarkt-Saturn sieht Graf zwar eine „Ehe unter Schwachen“: „Mediamarkt ist auf dem Rückzug, und JD ist auf dem Rückzug.“ Beide Unternehmen stehen unter großem Konkurrenzdruck, jetzt versuchten beide zusammen eine Win-win-Situation. Doch die „könnte funktionieren“. Gemeinsam könnten die Unternehmen Marktführer in Europa werden, sagt der Fachmann. Mediamarkt stehe dadurch ein großes Konsortium an Einkäufern und Qualitätsmanagern aus Asien zur Verfügung, die für Mediamarkt-Kunden Kauferlebnisse generieren könnten, die es nur dort gibt.

Ceconomy-Chef Kai-Ulrich Deissner sagte nach Bekanntwerden der Übernahme-Pläne Ende Juli: „Über die Partnerschaft haben wir Zugriff auf Technologien, auf weltweit führendes Einzelhandelswissen und auf Lieferketten, die weltweit ihresgleichen suchen.“ Die Marktführerschaft ist sein erklärtes Ziel: „Dafür sorgt diese Partnerschaft.“

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JD wird durch die Übernahme unabhängiger vom zuletzt immer wieder kriselnden chinesischen Markt. Im Handelsstreit mit den USA ist Europa dabei noch interessanter für die Volksrepublik geworden. Der chinesische Techgigant konkurriert mit anderen Online-Riesen wie Amazon und Alibaba und sichert sich mit der Übernahme von Mediamarkt und Saturn Zugriff auf einen der größten Onlineshops für Elektronikartikel in Europa sowie ein Netz von rund 1000 Märkten in elf europäischen Ländern. Im dritten Quartal des laufenden Geschäftsjahres dämmte Ceconomy den bereinigten operativen Verlust auf 31 Millionen Euro ein. Der bereinigte Umsatz stieg um 5,1 Prozent auf 4,8 Mrd. Euro, auch dank florierendem Online-Geschäft.

Hoffnung für deutsche Anbieter

In Joybuy sieht Handelsfachmann Graf keine hausgemachte Konkurrenz für Mediamarkt, mit dem aktuellen Auftritt ließen sich keine dauerhaften Kundenbeziehungen aufbauen. „Die Teammitglieder dürften die Hände über dem Kopf zusammenschlagen“ und selbst fragen, warum das Unternehmen so etwas auf den Markt bringt, meint Graf.

JD steht ihm zufolge in China unter großem Konkurrenzdruck, ebenso wie unter Wachstumsdruck seitens der Börse. Daher werde versucht, das heimische Erfolgsrezept nach Europa zu bringen. Allerdings ohne die hiesigen Märkte genau zu analysieren: „Was funktioniert eigentlich in Deutschland gut? Was braucht der Kunde in Frankreich?“

Der Experte sieht darin aber auch ein gutes Zeichen für europäische Anbieter: „Es scheint ja eine Fähigkeit zu sein, in Europa einen entsprechenden Kundenzugang, einen Markenauftritt zu pflegen, der Vertrauen schafft.“ Es gebe daher Hoffnung, auch für deutsche Händler, ihre Position länger verteidigen zu können. Die Ware komme in der Regel ohnehin aus Asien.

Der Platzhirsch unter den Handelsplattformen Amazon hingegen muss sich nach Grafs Einschätzung angesichts der neuen Konkurrenz aus China warm anziehen. Zum einen drängen neue Wettbewerber wie JD auf den Markt. Zum anderen bieten diese europäischen Marken und Herstellern womöglich neue Chancen: Wenn diese sich jetzt mit JD gut stellen, „kann das ja durchaus ein Vorteil sein, um an neue Kunden zu kommen – profitabler an diese Kunden zu kommen, als das bisher bei Amazon möglich war“.

Der Beitrag ist zuerst bei ntv.de erschienen. Das Nachrichtenportal gehört wie Capital zu RTL Deutschland.

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