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Urteil in Österreich „Benko hat heute gelernt, dass er bezwingbar ist“

René Benko wurde zu zwei Jahren Haft verurteilt
René Benko wurde zu zwei Jahren Haft verurteilt
© BARBARA GINDL / Picture Alliance
Der erste Blitzprozess gegen den früheren Immobilienkönig René Benko endet mit einer Haftstrafe. Die Taktik von Benkos Anklägern geht auf

Es ist am Mittwoch um 14 Uhr, als aus René Benko, dem einstigen Immobilienkönig und mehrfachen Milliardär, der über viele Jahre in Saus und Braus lebte, ein verurteilter Straftäter wird. Zwei Jahre Haft wegen betrügerischen Bankrotts – so verkündet es die Richterin am Innsbrucker Landesgericht. Die Strafe für Benko gilt „unbedingt“, wie es in Österreich heißt. Das bedeutet: keine Bewährung. 

Gleich im ersten Strafprozess nach der Pleite seines Signa-Imperiums ab Ende 2023 muss Benko damit ein Urteil schlucken, das ihm eine Haftstrafe einbrockt – nachdem ihm schon die neunmonatige Untersuchungshaft zugesetzt hatte, wie man bei seinem Auftritt vor Gericht sehen konnte: zwölf Kilo leichter, mit tiefen Augenringen. Noch einige weitere Prozesse gegen den Unternehmer, der früher reiche Investoren und mächtige Politiker um den Finger wickelte, werden folgen. „Der kommt auf Jahre nicht raus“, prophezeit einer, der lange für Benko gearbeitet hat.  

Mit großer Spannung und großem Getöse war der erste Benko-Prozess am Innsbrucker Landesgericht erwartet worden. Im Kontrast dazu standen sowohl die Summen, um die es in diesem Verfahren ging – insgesamt rund 660.000 Euro, die Benko laut Anklage vor seinen Gläubigern beiseite geschafft haben soll – als auch die Dauer des Prozesses. Gerade einmal zwei Verhandlungstage hatte Richterin Andrea Wegscheider angesetzt. Nach einer kurzen Sitzung am Dienstag, in der Benko selbst in einem kurzen Statement die Anklage attackierte, folgte am zweiten Tag die Vernehmung einiger Zeugen, meist ehemalige Signa-Manager. Benkos Mutter und seine Schwester, die ebenfalls als Zeuginnen aussagen sollten, zogen es vor zu schweigen.  

Schenkung an Benkos Mutter wird zum Problem

Für schuldig befand das Schöffengericht den Immobilienjongleur am Ende nur in einem Teil der Vorwürfe, die die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft gegen ihn erhoben hatte. Im Fall einer mehrjährigen Mietvorauszahlung für eine Villa, die Benkos Familie benutzte, und die kurz vor Benkos Privatinsolvenz Anfang 2024 erfolgte, sah das Gericht keinen Beweis, dass diese Überweisung dem Zweck diente, Geld vor seinen Gläubigern in Sicherheit zu bringen. Anders bewertete das Gericht einen anderen Vorgang: Von seiner Mutter, die in zahlreichen Familienstiftungen in Benkos Umfeld als Begünstigte eingetragen ist, hatte Benko 1,5 Mio. Euro als Geschenk erhalten. Später, kurz vor seiner Privatinsolvenz, zahlte er 300.000 Euro zurück. Diese sei „ohne einen Rechtsgrund“ erfolgt, sagte Richterin Wegscheider. Es dränge sich der Eindruck auf, dass man wegen der Insolvenz versucht habe, „Geld ein anderes Mascherl zu geben“. Soll heißen: Das Geld sollte vor den Gläubigern in Sicherheit gebracht werden.   

Auch wenn Summen wie diese in Benkos früherer Welt Kleinigkeiten waren, gelten sie strafrechtlich bereits als schweres Delikt. Bei einem Schaden von 300.000 Euro beträgt der Strafrahmen sechs Monate bis fünf Jahre Haft. Wäre es nur ein Cent mehr gewesen, wäre das Strafmaß deutlich höher gewesen, macht die Richterin deutlich. Auch deshalb habe das Gericht eine Haftstrafe ohne Bewährung verhängt: „Wir müssen eine Strafe finden, die andere davon abhalten, etwas Gleichgeartetes zu tun.“ 

Verteidigung will wohl gegen Urteil vorgehen

Benko selbst ließ sich bei der Urteilsverkündung wenig anmerken. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, ihm bleibt der Weg, gegen den Rechtspruch vorzugehen. Es sei „eher wahrscheinlich“, dass man gegen das Urteil Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung einlegen werde, kündigte Benkos Verteidiger Norbert Wess am Mittwochnachmittag an. Die Frist dafür läuft bis Montag. Frühere Wegbegleiter des Ex-Milliardärs glauben allerdings, dass ihn die Verurteilung gleich im ersten von vermutlich mehreren Prozessen nicht kaltlässt: „Er hat heute gelernt, dass er bezwingbar und verurteilbar ist und nicht alles kaufen kann. Das macht sicher etwas mit ihm.“ 

Tatsächlich können Benkos Ankläger von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), die sich durch die verschlungenen Signa-Strukturen und Unmengen an E-Mails, Nachrichten und Dokumenten gewühlt haben, auch mit ihrem nur teilweisen Erfolg gut leben. Mit ihrer ersten Anklage gegen den Signa-Patron hatte es die WKStA ziemlich eilig, sie diente mutmaßlich auch taktischen Zwecken: sicherstellen, dass Benko weiter im Gefängnis bleibt und nicht womöglich die Gelegenheit bekommt, die Ermittlungen zu beeinflussen. 

Denn schon jetzt ist klar, dass es im Signa-Komplex – mit Gläubigerforderungen von rund 30 Mrd. Euro die größte Insolvenzserie in der Geschichte Österreichs – weitere Anklagen und Prozesse geben wird. Eine zweite Anklage gegen Benko wegen betrügerischen Bankrotts in einem anderen Fall hat die WKStA bereits beim Innsbrucker Landesgericht eingereicht. Weitere dürften folgen. Für ein wenig Erheiterung sorgte die Richterin am Mittwoch, als sie sich nach dem Urteil von den Prozessbeobachtern verabschiedete: „Auf Wiederschaun.“ Bis zum nächsten Benko-Prozess. 

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