Die italienische Justiz hat Haftbefehl gegen den österreichischen Unternehmer René Benko erlassen, den Gründer der insolventen Immobilien- und Handelsgruppe Signa. Die Staatsanwaltschaft der norditalienischen Stadt Trient begründet dies mit Ermittlungen in Zusammenhang mit Immobilienspekulationen in der Region Trentino und der Nachbarregion Südtirol, wie die Nachrichtenagentur Ansa berichtete.
Benkos österreichischer Anwalt Norbert Wess geht allerdings nicht davon aus, dass ein Europäischer Haftbefehl gegen Benko vollzogen wird. Zu den Gründen dieser Einschätzung äußerte sich der Jurist nicht. „Herr Benko wird weiterhin – wie bisher – mit allen nationalen wie internationalen Behörden vollumfänglich kooperieren und ist zuversichtlich, dass sich allfällige Vorwürfe ihm gegenüber als inhaltlich unrichtig aufklären lassen“, schrieb Wess der Nachrichtenagentur Dpa.
Behörden werfen René Benko unter anderem Betrug vor
Weitere Haftbefehle ergingen gegen den Südtiroler Wirtschaftsprüfer Heinz Peter Hager und die Bürgermeisterin der Gemeinde Riva del Garda am Gardasee, Cristina Santi. Beide stehen nach Angaben der Staatsanwaltschaft unter Hausarrest. Zudem gab es am Dienstag in mehreren Dutzend Büros und Wohnungen Durchsuchungen, auch in Rom und außerhalb Italiens.
Hager, der bei den jetzigen Ermittlungen in Italien mit im Mittelpunkt steht, ist ein enger Vertrauter von Benko. Er galt lange Zeit als sein Statthalter in Italien. Zugleich saß Hager auch im Vorstand einer wichtigen Privatstiftung von Benkos Familie, die – wie heute bekannt ist – getrennt vom Signa-Konzern einen beträchtlichen Immobilienbesitz aufbaute. Hager gehört offenbar auch zu den wenigen Personen, die noch nach dem Kollaps von Signa und Benkos tiefem Fall Ende 2023 Kontakt mit dem Ex-Milliardär halten. Schon vor Monaten hatten frühere Weggefährten von Benko auch von Gerüchten berichtet, dass Benko und Hager weiter Immobiliendeals in Südtirol machten.
Die Vorwürfe lauten nach Angaben der Staatsanwaltschaft unter anderem auf Bildung einer kriminellen Vereinigung, Manipulation von Ausschreibungen, Korruption und Betrug, „in Zusammenhang mit der Ausstellung von Rechnungen für nicht tatsächlich durchgeführte Geschäfte“. Nach italienischen Medienberichten waren auch im Rathaus von Südtirols Hauptstadt Bozen Ermittler zugange.
Es ist nicht das erste Mal, dass Benko wegen Vorgängen in Italien ins Visier der Justiz gerät. Schon Ende 2012 wurden er und sein damaliger Steuerberater von einem österreichischen Gericht wegen eines Bestechungsversuchs zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Damals sollte ein früherer kroatischer Premierminister im Auftrag Benkos dafür sorgen, ein Gerichtsverfahren in Italien in seinem Sinne zu beeinflussen. Im Sommer 2014 wurde das Urteil gegen Benko letztinstanzlich bestätigt. Wegen des Ärgers mit der Justiz zog sich Benko seinerzeit formal aus der Spitze seiner Signa-Gruppe zurück und wechselte in die Führung des Beirats. Tatsächlich hatte er aber bei Signa in allen wesentlichen Dingen das Sagen. Zudem versuchte Benko über Jahre zu erreichen, dass über seine damalige Verurteilung nicht berichtet wird.
Auch Deutschland hat Benko im Visier
Nicht nur in Italien, auch in Österreich und Deutschland steht Benko im Visier von Ermittlungsbehörden. Dabei geht es um Vorgänge im Zusammenhang mit der Pleitenserie in der Signa-Gruppe ab Herbst 2023. So prüfen die Behörden in Österreich etwa den Verdacht auf Untreue, Geldwäsche, Kreditbetrug und die betrügerische Herbeiführung einer Zahlungsunfähigkeit. Benko hat stets sämtliche Vorwürfe über seine Anwälte zurückgewiesen. In Deutschland wurde im Frühjahr bekannt, dass Staatsanwälte in München auffälligen Geldflüssen bei einem Immobilienprojekt in der bayerischen Metropole nachgehen. Benkos Anwälte weisen auch in diesem Fall die Vorwürfe zurück und sagten den Behörden volle Kooperation zu.