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Sportartikelkonzern Was die Adidas-Aktie über den Rorsted-Abschied sagt

Kasper Rorsted im Adidas-Outfit mit einem Ball in der Hand
Adidas-Chef Kasper Rorsted muss gehen
© picture alliance/dpa | Christian Charisius
Adidas-Chef Kasper Rorsted geht, aber die Probleme bleiben. Eine Wende wird nicht leicht bei dem größtem Sportartikelkonzern Europas, der stark von China abhängig ist

Als der Aufsichtsrat im Januar 2016 die Berufung von Kasper Rorsted verkündete, sprang die Adidas-Aktie mit einem Schlag über zehn Prozent nach oben. Der Däne kam als Superstar vom Henkel-Konzern in Düsseldorf nach Herzogenaurach – und lieferte in den ersten Jahren genau das ab, was sich die Aktionäre erhofft hatten. Mehr Effizienz, wachsende Online-Umsätze, höhere Gewinne. Der Kurs der Adidas-Aktie verdoppelte sich bis zum Januar 2019, Rorsted schmückte sich mit dem Titel „Manager des Jahres“ und alle waren ziemlich zufrieden.

Dann kamen Corona, ein Shitstorm in China, Russlands Überfall auf die Ukraine, Inflation und Rezession. Und Adidas gehörte zu den Verlierern. Heute liegt die Aktie wieder ungefähr dort, wo sie beim Amtsantritt Rorsteds lag. Die Nachricht von seinem Abschied quittierte die Börse mit einem weiteren Kurssturz von heftigen acht Prozent. Die Aktionäre ahnen: Rorsted geht, aber die Probleme bleiben. Ein Nachfolger steht noch nicht fest. Aber selbst wenn sich ein besonders guter Mann findet (oder eine Frau), gibt es keine einfachen Lösungen.

Sicherlich trägt Rorsted Verantwortung für viele Fehler seit dem Beginn der Epidemie. Vor allem seine Entscheidung, die Mieten der zwangsgeschlossenen Adidas-Läden nach dem Lockdown nicht mehr zu zahlen, versetzte der Marke einen Schlag. Der Vorstandschef musste sie zurücknehmen und sich entschuldigen. Nach innen neigte Rorsted dazu, sich mit einigen Managern zu verkämpfen, als die Schwierigkeiten wuchsen. Hier zeigte sich seine schon immer vorhandene Neigung, alles selbst machen zu wollen. Teambildung gehört nicht zu den größten Stärken dieses Ausnahmemanagers. Das alles und vieles mehr hält man Rorsted jetzt zu Recht vor.

Adidas hat auf die Karte China gesetzt

Die eigentliche Misere des Konzerns aber hat fünf Buchstaben – und man kann sie aus eigener Kraft nicht einfach beseitigen: China. Die vollkommen wahnwitzige Null-Covid-Strategie der kommunistischen Führung dürfte den Konsum im Reich der Mitte noch auf Jahre belasten. Unter allen Sportartikelkonzernen hat Adidas am stärksten auf den chinesischen Markt gewettet – und verliert deshalb stärker als alle Konkurrenten. Das schlägt auf die Gesamtbilanz des Konzerns durch.

Schlimmer noch für Adidas: Unter Präsident Xi Jinping fordert China immer aggressiver politisches Wohlverhalten von ausländischen Konzernen ein. Adidas soll gefälligst Baumwolle aus der umstrittenen Zwangsarbeiterprovinz Xinjiang für seine T-Shirts verarbeiten, verlangen Xi Jinpings Funktionäre. Doch kriecht der Konzern in China zu Kreuz, landet er auf westlichen Boykottlisten und verliert in den USA und Europa. Dieser Konflikt schwelt weiter und kann sofort wieder aufflammen, wenn es die chinesische Führung will. Im Frühjahr 2021 stand Adidas bereits massiv unter Druck, als die staatliche Propaganda „spontane“ Aktionen gegen den Konzern organisierte und Einzelhändler landesweit ihre Bestellungen stornierten.

Adidas hat sich zu stark vom chinesischen Absatzmarkt abhängig gemacht. Doch eine Korrektur scheint so schnell nicht möglich – denn der Konzern kann in seiner jetzigen Verfassung ohne die Gewinne aus einem wachsenden China-Geschäft nicht profitabel genug bleiben, um im Ringen mit alten und neuen Konkurrenten in einem sehr wettbewerbsstarken globalen Geschäft zu bestehen. Rorsted räumte zuletzt zwar „Fehler“ in der China-Strategie ein und löste im Frühjahr seinen China-Chef ab – setzte aber weiter auf stark auf den Markt. Vielleicht muss wirklich erst ein frischer Mann (oder eine Frau) kommen, um die Schwerpunkte der Konzernplanung neu auszutarieren.    

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