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Junge Elite „Man hat als Chefin nie alles unter Kontrolle“

Milena Glimbovski
© Martin Kroll
Milena Glimbovski gründete mit 22 Jahren "Original Unverpackt", einen Supermarkt ohne Einwegverpackungen. Nach fünf Jahren als Unternehmerin erklärt sie, worauf es beim Chefin-sein ankommt.

Milena Glimbovskiist Gründerin und Geschäftsführerin von "Original Unverpackt". Mittlerweile hat sie außerdem einen eigenen Verlag gegründet, reist als Speakerin durch die Welt und wurde von der Unternehmerlegende Richard Branson zitiert. Am 5. Oktober erschien ihr Buch "Ohne Wenn und Abfall". Milena Glimbovski ist Mitglied der Jungen Elite von Capital.

Capital: Du hast "Original Unverpackt" 2014 gegründet, da warst Du noch Studentin. Ein mutiger Schritt, vom Studium direkt ins Unternehmertum.

Glimbovski: Gearbeitet habe ich vorher auch schon einmal, zum Beispiel während meiner Ausbildung zur Mediengestalterin und in Nebenjobs. Als ich mit meiner Freundin Sara die Idee für "Original Unverpackt" hatte, war ich an der Universität der Künste in Berlin für den Studiengang Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation eingeschrieben. Wir haben für einen Wettbewerb neben dem Studium einen Businessplan zu unserer Idee verfasst. Als wir ein Stipendium bekommen haben war klar, dass ich ein Urlaubssemester machen muss, wenn ich das mit der Gründung durchziehen will.

Dann hast Du Dich nur noch auf "Original Unverpackt" konzentriert?

Fast. Das Geld aus dem Stipendium haben wir sofort reinvestiert – zum Beispiel in Mitarbeiter. Ich habe also neben der Gründung noch gearbeitet - bei der veganen Supermarktkette "Veganz". Da konnte ich mir auch gleich viel Wissen über den Einzelhandel aneignen. Beides parallel zu machen war anstrengend, aber wenn man nach der Arbeit noch Lust hat sich hinzusetzen, um für sein eigenes Projekt zu arbeiten, weiß man, dass man für die Idee brennt.

"Man muss die Community gut kennen"

Um "Original Unverpackt" eröffnen zu können, habt ihr eine Crowdfunding-Kampagne gestartet. Ihr habt es geschafft, 108.915 Euro Startkapital zu sammeln. Woher kam die große Community zu diesem Zeitpunkt?

Es gab ganz am Anfang unserer Arbeit einen Artikel über "Original Unverpackt" in der Süddeutschen Zeitung, obwohl wir noch nichts hatten außer der Idee. Trotzdem entstand daraufhin ein wahnsinniges Medieninteresse. Wir haben versucht, es bis zum Crowdfunding zu bündeln. Dann haben wir uns eine Kampagne überlegt. Da haben mir meine Grafikausbildung und die Arbeit in Werbeagenturen sehr geholfen. Wir hatten geplant, 20.000 Euro mit dem Crowdfunding zu sammeln, damit wir Eigenkapital für ein Darlehen bei der Bank haben. Dann ging unser Kampagnen-Video viral, wir haben unser Fundingziel um ein Vielfaches übertroffen und hatten bis dato die höchste Unterstützerzahl einer Crowdfundingkampagne.

Die Kampagnenarbeit war also tadellos...

Bei meiner Arbeit in der Werbeagentur habe ich gelernt, wie man Geschichten erzählt. Aber wir haben uns auch die Zeit genommen, bewusst zu entscheiden, welche Worte wir verwenden wollen und welche nicht.

Welche Rolle spielt die Community heute für Euch?

Man muss verstehen, dass hinter der Community Menschen stehen. Die haben Interessen, sprechen darüber mit ihren Freunden. Man muss die Community gut kennen. Bei "Original Unverpackt" und auch bei "Ein guter Plan" nutzen wir Social Media nicht als Verkaufstool, sondern eher als Service für unsere Follower. Sie lernen bei uns viel zu den Themen die sie interessieren, weil wir Artikel und Events dazu teilen – Zero Waste beziehungsweise Achtsamkeit . Außerdem lassen wir sie teilhaben an dem was wir machen, zum Beispiel durch Videos .

"Mittlerweile bin ich ehrlich, auch wenn das schwächer wirkt"

Neben der Community musstest Du auch ein Team aufbauen, das für Dich arbeitet. Wie war es für Dich, auf einmal Chefin zu sein?

Am Anfang war es ganz komisch, jetzt kann ich es mir nicht mehr anders vorstellen. Ich hatte nicht viel Erfahrung im Führen, habe mir vieles mit Büchern und Coaching beigebracht – und natürlich auch viele Fehler gemacht.

Zum Beispiel?

Ich habe anfangs oft Dinge versprochen, die Leute hören wollten, auch wenn ich gar keinen Einfluss darauf hatte. Zum Beispiel, dass jemand nach einer Weile fest übernommen wird. Das hängt ja von der finanziellen Lage des Unternehmens ab und kann – vor allem in der Anfangszeit – nicht vorausgesehen werden. Mittlerweile bin ich da ganz ehrlich, auch wenn das schwächer wirkt. Man hat eben auch als Chefin nie alles unter Kontrolle.

Feedbackgespräche sind wichtig

Was ist Dir als Chefin wichtig?

Die Motivation meiner Mitarbeiter. Ich frage mittlerweile immer: Was sind Deine Erwartungen? Überhaupt sollte man häufig das Gespräch mit seinen Mitarbeitern suchen, Feedbackgespräche sind sehr wichtig. Als Arbeitnehmer sollte man solche Gespräche auch immer einfordern, wenn die Vorgesetzten selbst nicht darauf kommen.

Wie sind Deine eigenen Erfahrungen mit Chefs vor der Gründung gewesen?

Ich hatte bei einem früheren Job einen Geschäftsführer, der total unnahbar war. Ich habe nie verstanden, was er eigentlich tut und wo er sich aufhält. So wollte ich als Chefin auf keinen Fall sein – und das bin ich auch nicht.

Was ist dein wichtigstes Lessons Learned aus der Gründungszeit?

Kenne deine Zahlen, optimiere und greife frühzeitig beim Controlling ein.

Lesen Sie weitere Interviews mit den Mitgliedern der Jungen Elite: Jan Thurau , Anne Kjaer Riechert , Helen Yuanyuan Cao , Esra Küçük , Maike Becker-Krüger , Lisa Jaspers , Daniel Zimmermann

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