Jan Thuraugalt als jüngster Vorstand Deutschlands, als er mit 19 Jahren CTO des Fintech-Unternehmens Knip wurde. Mittlerweile ist er 20 Jahre alt und CTO in einem Legal Tech, wo er für elf Mitarbeiter verantwortlich ist. Jan Thurau ist Mitglied der Capital Jungen Elite 2016.
Du hast Dich quasi selbst zum Sotwareentwickler ausgebildet. Wie kann man sich das vorstellen? Programmieren fand ich schon interessant als ich 13 war. Ich hab mir die Grundlagen online mit Tutorials beigebracht und dann selbst programmiert. Was war Dein erstes Programmier-Projekt? Zur Übung habe ich ein Gästebuch programmiert, bei dem man auch Smileys in den Text einfügen konnte. Solche Projekte waren das am Anfang, die habe ich mir selbst ausgedacht. Irgendwann ist mir nichts mehr eingefallen, also brauchte ich einen Job, um neue Herausforderungen zu bekommen. Mit 13? Ja, ich habe eine Ausschreibung eines Schweizer Unternehmens entdeckt, das auf der Suche nach jungen Leuten wie mir war – die schon ein bisschen was können, und viel lernen möchten. Ich musste aber bis zu meinem 14. Geburtstag warten, um den Arbeitsvertrag zu unterschreiben. Ab da habe ich jeden Tag zwei Stunden von zuhause aus gearbeitet. Der CTO hat mir einiges beigebracht. Und nebenbei habe ich meinen Realschulabschluss gemacht. Auf den die Ausbildung zum Anwendungsentwickler folgte... Genau, obwohl ich schon relativ viel konnte. In der Berufsschule musste ich Zeit dafür aufwenden, für die Theorie lernen – nichts von dem was gefragt wurde, war mir je in der Praxis begegnet. Vieles war auch veraltet – wir sollten zum Beispiel auf dem Papier programmieren. Wer macht das in der Praxis schon? Dafür gibt es seit langem viele Tools, die einem beispielsweise die Reihenfolge von Parametern oder Namen von Funktionen einfach anzeigen.
"Ich habe meinen Laptop sogar mit an den Strand genommen"
Du hast auch noch die Fachhochschulreife in der Abendschule nachgeholt und dann ein Studium der Wirtschaftsinformatik angefangen. Genau, das habe ich am Wochenende gemacht. Der Wirtschaftsteil war auch wirklich interessant und hilfreich, das Programmieren dagegen konnte ich schon. Deshalb habe ich mich irgendwann entschlossen, das Studium abzubrechen. Was war damals Dein Karriereziel? Ich habe gesehen, was der CTO in meinem Ausbildungsunternehmen macht und mir gedacht: Irgendwann will ich genau das machen. Das war mein Traum. Mit 19 ist der dann schon wahr geworden. Andere haben da erst einmal in Australien Orangen gepflückt oder in einer Kneipe gekellnert. Hast Du manchmal das Gefühl, dass Du was verpasst hast? Mittlerweile denke ich mir, es wäre schön gewesen, zwischendurch mal zwei Monate Urlaub zu machen, aber ich hatte nie wirklich das Bedürfnis. Als ich als Teenager mit meinen Eltern im Urlaub war, habe ich meinen Laptop sogar mit an den Strand genommen. Programmieren macht mir einfach Spaß. Was gefällt Dir daran so gut? Probleme lösen und komplizierte Sachverhalte automatisieren zu können. Manchmal programmiere ich zehn Stunden, weil es irgendein Problem gibt und dann habe ich endlich die Lösung gefunden.
Eine Altersdurchmischung im Vorstand könnte Prozesse im Unternehmen beschleunigen
Wie hat sich das angefühlt, mit 19 schon Vorstand zu werden? Für mich war das gar nicht so ein großes Ding, aber meine Mutti war sehr stolz. Welche Kompetenzen braucht ein Vorstand? Gerade im Tech-Business muss man immer auf dem neuesten Stand sein und alle möglichen Technologien ausprobieren. Außerdem muss man entscheiden können, was gerade notwendig und was nur eine Spielerei ist – also das Abwägen von Nutzen und Aufwand. Ich spreche da aus meiner Erfahrung in den mittelgroßen Startups, für die ich gearbeitet habe. Was denkst Du, ist für einen Vorstand in einem Konzern anders? Wenn wir hier etwas entscheiden, fangen wir sofort mit der Umsetzung an. Konzerne sind viel schwerfälliger. Vielleicht würde eine Altersdurchmischung im Vorstand gut tun, um die Prozesse und Entscheidungswege zu beschleunigen.
Was zählt sind Erfahrungen, nicht Abschlüsse von Eliteunis
Hattest Du je Probleme, aufgrund deines Alters ernstgenommen zu werden? Nein, nie. In der Tech Szene geht es vielmehr um die Erfahrung, als um das Alter. Obwohl ich mit Anfang 20 als jung gelte, so bringe ich doch sehr viel Fachwissen mit. Ich überzeuge durch Kompetenz und Leistung - dadurch werde ich immer schnell akzeptiert. Du selbst musstest dich nur einmal für einen Job bewerben, hast aber mittlerweile ca. 30 Leute eingestellt. Wie wusstest Du, worauf es bei der Personalauswahl ankommt? Anfangs wusste ich nicht, was ich die Bewerber fragen soll. Ich habe drei Fragen gestellt und nach zehn Minuten war das Gespräch beendet. Da hatte ich einfach Glück, dass die Leute dann tatsächlich gut waren. Mit der Zeit - ich habe schon etwa 150 Vorstellungsgespräche geführt - habe ich gelernt, welche Fragen wichtig sind. Nämlich? In meinem Bereich haben Bewerber meistens auch private Programmierprojekte. Darüber möchte ich etwas erfahren. Das zeigt, wie leidenschaftlich jemand ist und was er alles kann. Wie wichtig sind Abschlüsse in Deinem Bereich? Dass ich mein Studium nicht abgeschlossen habe war mir nie im Weg gestanden. Wenn ich Leute einstelle, frage ich sie nicht nach Zeugnissen, sondern nach ihren Erfahrungen. Dann gebe ich ihnen eine Programmieraufgabe. Wenn sie die gut lösen, ist mir egal ob sie sich das selbst beigebracht oder an einer Eliteuni gelernt haben. Was war entscheidend für Deine eigene Karriere? Mein Netzwerk hat sehr viel ausgemacht. Durch meinen ehemaligen Chef des Schülerjobs habe ich letztlich die Leute von Knip kennengelernt. Die persönliche Empfehlung hat mir sicherlich die Türen bei Knip geöffent und meinen Weg zum CTO-Posten geebnet. Jetzt bist Du schon zum zweiten Mal CTO. Was kommt als nächstes? Der nächste Schritt ist dann sicher die Gründung eines eigenen Unternehmens - Ich habe da immer mal wieder Ideen, die ich verfolge.
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Seit 2007 sucht Capital für das Projekt „Junge Elite“ in ganz Deutschland nach Talenten wie Anna Herrhausen und kürt alljährlich die „Top 40 unter 40“ in den vier Kategorien „Unternehmer“, „Manager“, „Politik“ sowie „Staat und Gesellschaft“. Alle sind jünger als 40 Jahre, haben beachtliche Erfolge vorzuweisen und noch viel Potenzial. Einige sind schon an der Spitze, andere noch auf dem Sprung dorthin; manche machen durch bahnbrechende Ideen und Start-ups auf sich aufmerksam, andere gehen den Weg durch Konzerne und Institutionen.