Der private Konsum wird durch die Corona-Krise beeinflusst, das Kaufverhalten verändert sich. Menschen neigen in Krisensituationen zur Sparsamkeit. Wie wirkt sich das auf den Dezember aus in dem normalerweise wegen Weihnachten mehr gekauft wird?
Der Konsum wird erst einmal zurückgehen. Denn in einer Lockdown-Situation sparen die Menschen generell lieber mehr, da sie verunsichert sind. Sie können nicht recht abschätzen, wie es nach dem Lockdown light weitergeht. Die Möglichkeiten, Geld auszugeben, sind ja auch weniger geworden: Kneipen, Restaurants und Theater haben zu, Veranstaltungen sind abgesagt. Trotzdem wird das Weihnachtsgeschäft wohl nicht ausfallen. Es ist das große Ziel des Teil-Lockdowns, dass die Menschen zumindest ein bisschen zusammen Weihnachten feiern können. Aber die Verbraucher werden, statt im stationären Einzelhandel in den Innenstädten zu kaufen, eher auf Onlineshopping ausweichen . Dieser Trend zeigte sich ja bereits in den letzten Monaten. Auch die Wirtschaftsforscher sehen das so: Private Konsumausgaben auf allen Ebenen werden nach ihren Prognosen erst in den folgenden Jahren wieder steigen. Jetzt sparen die Menschen. Und zwar nicht bloß über den Zeitraum des Teil-Lockdowns, sondern solange die Corona-Pandemie akut ist. Je eher ein Ende absehbar ist, desto eher werden die Menschen wieder Geld ausgeben – das wird zu einer Art Nachholeffekt führen.
Die Betriebe wie Gaststätten oder Theater haben in den letzten Monaten Hygienekonzepte erarbeitet. Jetzt sind sie wieder geschlossen. War das also umsonst?
Der Lockdown light ist nicht gleichzusetzen mit den generellen Corona-Maßnahmen. Diese werden im Dezember nicht vorbei sein. Die Betriebe werden ihre Hygienekonzepte also auch weiterhin umsetzen müssen. Zum Glück machen die Branchen, die aktuell vom Teil-Lockdown betroffen sind, nur einen geringen Teil der deutschen Wirtschaftsleistung aus. Der Einzelhandel beispielsweise ist ja auch eingeschränkt, aber nicht so wie während des ersten Lockdowns. Die Geschäfte sind weiterhin offen. Das bedeutet, hier wird es keine so großen Einbrüche geben wie im Frühjahr. Für die Gesamtwirtschaftsleistung ist die Industrie wichtiger. Dort können die meisten weiterarbeiten. Und in Bürojobs, wo viele zu Hause arbeiten sowieso.
Hilfsmaßnahmen bleiben bestehen
Viele, besonders kleinere Unternehmen, haben keinen finanziellen Puffer mehr, um einen zweiten Lockdown zu überstehen. Wie sehen die neuen Hilfsmaßnahmen aus?
Kleinere Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten können 75 Prozent des Umsatzes aus dem letzten Jahr bekommen. Das sind großzügige Hilfen, die vielen Unternehmen und Selbstständigen wahrscheinlich helfen werden. Ansonsten bleiben einige Hilfsmaßnahmen in Kraft. So die Überbrückungshilfen, die die Fixkosten eines Unternehmens weitgehend abdecken können. Zum anderen wurde die Kurzarbeit verlängert. Unternehmen können KfW-Kredite beantragen, und wer kurzfristig überschuldet ist, muss bis Ende des Jahres keine Insolvenz anmelden. Das wird nicht allen, aber den meisten helfen, die Krise zu überstehen.
Kann der Lockdown light auch etwas Positives zum Aufleben der Wirtschaft beitragen?
Natürlich bedeuten die drastischen Einschränkungen erst einmal, dass die Wirtschaft darunter leidet . Wer in einem Corona-Hotspot lebt, geht wahrscheinlich eher seltener in die offenen Geschäfte der Stadt, selbst wenn es erlaubt ist. Da schwingt viel Verunsicherung mit. Das hat also negative Auswirkungen. Auf lange Sicht jedoch trägt ein Lockdown dazu bei, dass die Krise schneller vorbei ist. Die Infektionszahlen gehen zurück und das ist ein positiver Effekt. Je schneller das geschieht, desto eher werden Unternehmen wieder investieren und Menschen einkaufen gehen. Das hilft im Endeffekt allen.
Nachhaltiger wirtschaftlicher Schaden
Wann wird die Wirtschaft wieder auf Vor-Corona-Niveau sein?
Prognosen der Wirtschaftsforschungsinstitute hatten vor der Verabschiedung des Teil-Lockdowns schon ein geringeres Wachstum vorhergesagt, weil sich die Corona-Lage zugespitzt hatte. Die letzte Prognose kam von der Bundesregierung, das war Ende Oktober. Demnach würde es einen Einbruch des Bruttoinlandsproduktes von 5,5 Prozent in 2020 geben, anschließend eine Steigerung des BIP um 4,4 Prozent in 2021. Das ist eine schlechtere Prognose als sie viele im Sommer getroffen haben, angesichts der steigenden Infektionszahlen allerdings kein Wunder. Die Schätzung der Wirtschaftsforschungsinstitute war, dass wir gegen Ende des kommenden Jahres wieder auf Vor-Krisen-Niveau sind. Dabei müssen wir aber auch daran denken, dass das BIP ohne die Krise weiter gestiegen wäre. Das bedeutet, wenn wir Ende 2021 das Vor-Krisen-Niveau erreicht haben, liegt die Wirtschaftsleistung trotzdem 2,5 Prozent unter dem Wert, den sie ohne die Corona-Krise erreicht hätte. Wie es danach weitergeht hängt von den Nachholeffekten ab. Auch, wenn der Konsum 2021 und 2022 stark ansteigen könnte, ist nicht davon auszugehen, dass die Gesamtwirtschaftsleistung auch so stark anzieht. Denn manche Investitionen sind einfach ausgeblieben, Unternehmen haben durch die Krise insgesamt weniger Geld. Die Krise hat in diesem Sinne also einen nachhaltigen wirtschaftlichen Schaden angerichtet.
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