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Kommentar Graue Manageretagen: Es lebe der Stillstand

Daimler-Chef Dieter Zetsche
Daimler-Chef Dieter Zetsche
© Getty Images
Dieter Zetsche macht Platz im Vorstand von Daimler - nach 13 Jahren. Dann löst er im Aufsichtsrat Manfred Bischoff ab. Alt ersetzt älter. So läuft es in vielen deutschen Unternehmen - und in der Politik. Aber wo bleiben die Jungen, wo bleibt der Fortschritt?

Dieter Zetsche macht Platz für den Nachwuchs - zumindest ein bisschen. 2019 hört er als Vorstandschef und übergibt im Alter von 66 Jahren an den Schweden Ola Källenius . Der gilt mit 49 Jahren als jung. So wie übrigens auch Zetsche selbst in dem Job, den er als nächstes antreten wird. Nach zweijähriger Pause übernimmt er mit dann 68 Jahren den Vorsitz des Aufsichtsrats von Manfred Bischoff, der dann 79 Jahre alt sein wird.

Manfred Bischoff, Aufsichtsratsvorsitzender Daimler
Manfred Bischoff, Aufsichtsratsvorsitzender Daimler
© dpa

Damit fügt sich Daimler gut in das Gesamtbild deutscher Führungsgremien. Die Top-Aufsichtsräte waren nämlich einer Erhebung der Münchener Board Academy zufolge im Jahr 2011 überwiegend zwischen 51 und 70 Jahre alt. Selbst die älteste Gruppe der zwischen 71- und 80-Jährigen, zu der Manfred Bischoff gehört, war mit acht Prozent übrigens besser vertreten als die jüngste Gruppe der zwischen 31- und 40-Jährigen. Sie sind mit drei Prozent am schlechtesten repräsentiert.

Den Anteil der jungen Mandatsträger verfünffachen

Hinzu kommt: Wer einmal im Aufsichtsrat sitzt, macht es sich dort bequem. Der Studie zufolge war im Jahr 2011 ein Viertel der Aufsichtsräte bereits zehn Jahre zuvor bestellt worden, bei den Dax-Aufsichtsräten sogar acht Prozent der amtierenden Mandatsträger zwischen 1996 und 2000 und zwei Prozent (immerhin elf Personen) zwischen 1991 und 1995 – also vor mehr als zwei Jahrzehnten!

Dass in einigen Unternehmen die Zukunftsstrategie auf der Strecke bleibt, wundert bei der Lektüre dieser Zahlen nicht mehr. Um die Gremien ausreichend zu verjüngen und damit eine nachhaltige Konzernpolitik zu erzielen, müsste der Board Academy zufolge der Anteil von Mandatsträgern der Altersgruppe zwischen 31 und 40 Jahren mindestens verfünffacht werden.

Prinzip weiter so

Immerhin also setzt Daimler jetzt an der Konzernspitze auf „einen Jungen“. Der hat übrigens bereits eine neue Führungskultur angekündigt. Formal gibt es die neue Unternehmensstrategie bei Daimler aber schon. Sie heißt „Leadership 2020“ . Damit will Daimler in die Zukunft gucken und diverser werden. In den Führungsetagen gilt das offenbar nicht. Dort bleibt man lieber unter sich. Der Aufsichtsrat ist überwiegend alt und männlich, und mit Ola Källenius tritt ein Mann die Nachfolge Zetsches an, der als dessen Zögling gilt – und selbst nur vier Jahre jünger ist, als Zetsche 2006 bei seinem eigenen Amtsantritt.

Ola Källenius
Ola Källenius
© Patrick Slesiona

Wenn Källenius auch bei der Amtsdauer seinem Vorgänger nacheifert, kann das Unternehmen ein weiteres Jahrzehnt auf die nächste vermeintliche Modernisierung durch einen „Jungen“ warten. In der Zwischenzeit waltet das Unternehmen – wie viele andere – nach dem Prinzip „weiter so“ . Übrigens genau wie die Politik: Zetsche ist fast genau so lange im Amt, wie Angela Merkel. Es lebe der Stillstand!

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