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Interview „Bei Uhren bin ich monogam“

Bernhard Roetzel
Bernhard Roetzel
© Martin Smolka
Bernhard Roetzel ist Jurymitglied des Capital Watch Awards. Der Fashion-Autor bezeichnet sich als Rolex-Fan. Sein Uhrengeschmack: „klassisch-italienisch“

Mit seinem Bestseller „Der Gentleman“, übersetzt in 18 Sprachen, verfasste Bernhard Roetzel ein Standardwerk der Mode-Bibliothek. Auch „Die Lady“ sowie weitere Bücher zu Dresscode-Fragen und über handgemachte Garderobe aus traditionellen Manufakturen untermauerten seine Sonderstellung unter den Fashion-Autoren. Zuvor war Roetzel als Werbetexter und Drehbuchautor tätig, heute lebt er mit Frau und sechs Kindern auf dem Land.

Wie würden Sie Ihren Uhrengeschmack beschreiben?

Sehr schlicht und einseitig. Man könnte auch sagen: „klassisch-italienisch“, weil ich Rolex-Fan bin und man Modelle dieser Marke in Italien sehr häufig sieht. Ich bin da etwas in den 1970er-Jahren stehengeblieben ...

Wie viele verschiedene Uhren tragen Sie im Laufe einer Woche?

Bei Uhren bin ich monogam, ich liebe und trage nur eine Uhr: eine Rolex Oyster Perpetual Datejust aus den Seventies, die ich vor etwa 15 Jahren gebraucht in Köln gekauft habe. Davor besaß ich zehn Jahre lang eine andere Rolex dieses Typs, die mir leider in Neapel geklaut wurde. Ende der 90er hatte ich mir mal Zweit- und Dritt-Uhren zugelegt, beispielsweise eine „Santos“ von Cartier und eine Speedmaster von Omega, die erste Uhr auf dem Mond. Die habe ich aber beide später wieder verkauft. Mir persönlich waren die zu verspielt, zu unübersichtlich oder zu groß. Und mir tun Uhren einfach leid, die in Schubladen liegen oder am Uhrenbeweger rotieren. Wenn Uhren Emotionen hätten, dann fühlten sie sich nur am Handgelenk wirklich wohl.

Nach welchen drei Kriterien suchen Sie eine (neue) Uhr aus?

Ich brauche die Uhrzeit in meiner Zeitzone und unbedingt das Datum. Außerdem sollte die Uhr wasserdicht, robust und stilistisch so vielseitig sein wie ein gutes Oberhemd. Und natürlich Automatik, weil Batterien immer im ungünstigsten Moment leerlaufen. Was mich zurück zu meiner Rolex aus Edelstahl mit einer Weißgoldlünette und einem etwas zu langen, schön schlabbrigen Jubilee-Armband. Mir gefällt das Modell auch in Bi-Color, trotz des etwas zweifelhaften Rufs dieser Variante. Ich wohne auf dem Land und trage meine Uhr auch bei der Gartenarbeit, beim Baden im See mit den Kindern und allen anderen Anlässen. Das kann sie alles ab, obwohl die Uhrmacher bei der Revision schon manchmal den Kopf schütteln, weil ich das gute Stück so wenig schone.

Können Sie sich noch an Ihre erste Uhr erinnern?

Das war eine Uhr mit Handaufzug, rotem Zifferblatt und Lederarmband, wahrscheinlich von einer der damals noch existierenden deutschen Marken. Die habe ich mit zehn oder zwölf Jahren bekommen und viele Jahre lang getragen. Leider ging sie irgendwann verloren, sonst würde ich sie an eines meiner Kinder weitergeben.

Ihr bester Tipp zum Zeitsparen im Alltag oder Job?

Allein arbeiten. Nach Priorität vorgehen. Schnell arbeiten.

Ihr bester Tipp gegen Prokrastination bzw. Verschieberitis?

Im Norden sagen wir: Je schneller daran, desto eher davon. Wobei ich mir bei einigen Textaufträgen abgewöhnt habe, zu schnell zu sein. Manchmal war ich mit einem Artikel nämlich längst fertig, als noch Änderungswünsche kamen. Hin und wieder brauche ich trotzdem den Druck einer Deadline. Die ist mir aber auch heilig!

Warum hat die Armbanduhr bisher die digitale Transformation überlebt?

Weil sie am Handgelenk nach wie vor am besten aufgehoben ist und nach ein wichtiges Statussymbol und Stilsignal bleibt. So sehen das jedenfalls noch viele Menschen, obwohl die Zeit mehr und mehr vom Smartphone abgelesen wird. Das wird die Armbanduhr vermutlich zukünftig zu einem Nischenprodukt machen.

Wenn Sie eine Zeitreise machen könnten – in welches Jahr würden Sie reisen und warum?

Ich würde gern wissen, ob Jesus wirklich gelebt hat, und deshalb gern in das Jahr seiner Bergpredigt reisen.

Welche Uhr ist Ihnen besonders lieb und teuer? Mit welchem Zeitmesser verbinden Sie besondere Erlebnisse, Anekdoten oder Menschen?

Materieller Besitz ist nur vorübergehend in unseren Händen. Gefühlsmäßig bin ich mit einer Quarzuhr von Citizen verbunden, die mir Großmutter in den Achtzigern geschenkt hat. Ich trage sie nur selten, dabei sie sehr flach ist und gut zum Smoking passt. Vielleicht lasse ich mal wieder eine neue Batterie einsetzen ...

Das sind die Kandidaten für den Watch Award:

Begleitend zum ersten Capital Watch Award stellen wir in dieser Interview-Reihe die Jurymitglieder vor. Natürlich mit einem Fragen-Schwerpunkt rund um die Uhr.

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