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Capital Watch Award Timon und Melchior Grau: „Licht wird wahnsinnig unterschätzt“

Die Brüder Timon und Melchior Grau haben 2021 die weltbekannte Firma ihres Vaters Tobias Grau übernommen
Die Brüder Timon und Melchior Grau haben 2021 die weltbekannte Firma ihres Vaters Tobias Grau übernommen
© Alex de Brabant / PR
Timon und Melchior Grau gehören zu den Juroren des sechsten Capital Watch Awards. Im Interview spricht das Design- und Unternehmerduo über große Fußstapfen, seine Lichtphilosophien und die Erfindung des „Sunset Dimming“

Es ist ein stattlicher Schatten, aus dem die Künstler und Designer Timon und Melchior Grau vor wenigen Jahren traten. Immerhin ist ihr Vater kein geringerer als der international gefeierte Leuchtengestalter Tobias Grau. Der baute mit seiner Frau Franziska ab 1988 im beschaulichen Rellingen, rund 30 Autominuten nördlich von Hamburg, eine echte Kultmarke auf. Von Innenarchitekten und Privatkunden verehrt für strahlende Entwürfe, die eine kompromisslose Stringenz in der Linienführung und, auf den zweiten Blick, eine erwachsene Verspieltheit auszeichnet.

2021 übernahmen Timon und Melchior Grau dann das elterliche Unternehmen und firmierten in Grau um. Gleicher Bekanntheitsgrad, offenere Personalisierung. Die Brüder hatten zuvor Volkswirtschaft und Kunst studiert, unter anderem bei Ai Weiwei, Hito Steyerl und Willem de Rooij. Von ihrem Schwerpunkt der Performance- und Installationskunst wechselten sie zu Designobjekten wie Leuchten. Mittlerweile umfasst die Kollektion bereits Akkumodelle, Hängeleuchten, Strahler und professionelles Arbeitsplatzlicht. Entworfen und produziert im Grau Campus vor den Toren Hamburgs.

Im Interview anlässlich des Capital Watch Awards 2023, zu dessen diesjähriger Jury Timon und Melchior Grau gehören, spricht das Design- und Unternehmerduo über das Treten in große Fußstapfen, seine Licht-Philosophie, die weiteren Pläne für Grau und ihre Erfindung des „Sunset Dimming“.

Capital: Timon und Melchior Grau, wie ist das, als Kinder in einem unter Kennern so bekannten Leuchten-Unternehmen groß zu werden?
TIMON UND MELCHIOR GRAU: In einer so kreativen und offenen Umgebung aufzuwachsen, ist ein großes Glück. Es war faszinierend, den Job und die Zusammenarbeit unserer Eltern ganz nah mitzuerleben. Was am Tag im Unternehmen geschah, war regelmäßig Gesprächsstoff beim Abendessen. Zudem hat unser Vater Tobias viele seiner Entwürfe mit nach Hause gebracht und uns schon als Kinder nach unserer Meinung gefragt. Dass er unseren Blick auf die Dinge früh ernst genommen hat, dafür sind wir ihm dankbar.

War immer schon klar, dass Sie den Eltern in dieses Business folgen würden? 
Obwohl wir mit der Firma seit Kindertagen eng verbunden sind, haben wir dennoch immer die Freiheit gespürt, ganz eigene Wege einzuschlagen. Nach dem Abitur haben wir in Berlin VWL studiert und parallel zusammen expressive Bilder auf Leinwand gemalt. Dann haben wir gemeinsam Kunst studiert und als Duo ein künstlerisches Werk aufgebaut. In den letzten Jahren haben wir alle diese Sphären miteinander verbunden und Grau gelauncht.

Folgen Sie der gleichen gestalterischen Philosophie wie Ihr Vater?
Wir teilen seine Liebe für sinnlichen Minimalismus und den Willen, der Essenz einer Lichtstimmung nachzugehen. Auch eint uns ein hoher, bedingungsloser Qualitätsanspruch an Design und Materialität. Darauf aufbauend steht für uns insbesondere die Lichterfahrung im Mittelpunkt, also wie Beleuchtung auf das menschliche Wohlbefinden und die Stimmung von Räumen wirken. Warum lieben wir Sonnenuntergänge, Kerzen, reisen dem Sommer hinterher? Solche emotionalen, geradezu magischen Lichtmomente sind zur Mission von Grau geworden.

Waren Ihre Eltern sofort Feuer und Flamme bei dieser Idee?
Jede Veränderung ist immer eine Herausforderung, sicher, aber unsere Eltern haben uns stets unterstützt – und an unsere Vision geglaubt. 

Was soll in den nächsten fünf Jahren mit Ihrem Unternehmen alles passieren?
Wir arbeiten darauf hin, dass Licht einen neuen Stellenwert im Leben von Menschen einnimmt. Dazu wollen wir mit einem steigenden Mehrwert unserer innovativen Leuchten für den Kunden beitragen. Ebenso soll das ganzheitliche Markenerlebnis bei unseren Partnern im Einzelhandel, in eigenen Läden und im E-Commerce stark ausgebaut werden.

Was planen Sie konkret?
Unser interdisziplinäres Team von 150 Talenten hat dieses Jahr tolle neue Mitglieder begrüßen dürfen. Unter anderem Stephan Borg, der die letzten zehn Jahre das süddeutschen Retail-Netz von Apple geleitet hat. Zusammen mit Stephan arbeiten wir an unserem ersten Grau Flagship Store, der nächstes Jahr am Hamburger Jungfernstieg eröffnen wird.

Das Licht der Erfolgsleuchte „Salt“ von Grau ist auf das Körperbedürfnis nach warmen Strahlen abgestimmt
Das Licht der Erfolgsleuchte „Salt“ von Grau ist auf das Körperbedürfnis nach warmen Strahlen abgestimmt
© PR

Welches Produkt ist aktuell ein Bestseller?
Vor kurzem haben wir sehr erfolgreich das Modell „Salt“ vorgestellt, die fortschrittlichste und smarteste Akkuleuchte auf dem Markt. Ihr warmer „Sunset Dimming“-Schein ohne Blaulicht hat einen beruhigenden Effekt auf Körper und Geist. Dank des 30-minütigen Timers begleitet sie die Kundinnen und Kunden sanft in den Schlaf.

Was oder wer hat Sie zuletzt besonders inspiriert – im Design oder im Leben? 
Seit langem fasziniert uns das Abbild des Menschen. Aus dieser Faszination ist eine neue Lichtskulptur entstanden, an der wir das letzte Jahr gearbeitet haben. Dazu gehörte auch die intensive Beschäftigung mit Holz als Material, mit seiner Wärme und Geschichte. Dabei haben wir sehr viel gelernt!

Geht man als Profi anders in ein Zimmer und bemängelt vielleicht – innerlich – das fehlende Beleuchtungskonzept?
Ja, das ist häufig der Fall, weil Licht wahnsinnig unterschätzt wird. Zu wenig davon ist beispielsweise ungesund, macht müde und schwächt die Konzentration. Erst mit der subjektiv richtigen Dosierung fühlt sich ein Raum gut an. Wenn Unternehmer darüber klagen, dass die Mitarbeiter lieber im Homeoffice bleiben, fragen wir oft zurück, wie das Licht am Arbeitsplatz beschaffen ist. Moderne Büros sollten auf jeden Fall durch unterschiedliche Lichtzonen diverse Stimmungen aufbauen können.

Was sind die gröbsten Fehler bei der Erhellung der eigenen vier Wände?
Bitte kein kaltes Licht am Abend, das behindert die Ausschüttung von Melatonin, mit dem sich der Körper seit Jahrtausenden auf den Schlaf einstimmt. „Dekoratives Licht“ ist veraltet, die Zukunft gehört der sinnlichen Lichtkunst! Schließlich kauft man ja auch Lautsprecher oder Lebensmittel nicht primär für ihr Aussehen, sondern für ihren Klang oder Geschmack. Nicht anders sollte es bei einer Leuchte sein.

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