Die neue Reederei in Genf hat sich viel vorgenommen. Mit dem ersten von sechs geplanten Schiffen möchte Explora Journeys „das Konzept von Luxus an Bord neu definieren“, heißt es in der Werbebroschüre für eine anspruchsvolle Zielgruppe: für Passagiere, die bereit sind, für eine Schiffsreise mindestens 650 Euro pro Nacht und Person auszugeben.
Nach den Worten von Michael Ungerer, dem Chief Executive Officer, steht die „Explora I“ für „Schweizer Präzision und europäisches Handwerk“, wie er beim Erstbesuch des Schiffes im Hamburger Hafen sagte. Der Ex-Aida-Präsident, der Ende der 1990er Jahre die Kreuzfahrt in Deutschland populär machte und zum Massengeschäft ausbaute, möchte mit seinem neuen Premiumprodukt nun die wohlhabende Klientel aus der Luxushotellerie an Bord locken.
Das erst 2021 gegründete Unternehmen Explora Journeys ist Teil der MSC-Gruppe, zu der nicht nur die 22 Kreuzfahrtschiffe von MSC Cruises gehören, sondern auch die weltweit größte und in den letzten Jahren hochprofitable Containerreederei, die Mediterranean Shipping Company. Alles Firmen, die nicht an der Börse notiert sind, sondern sich im Besitz der Aponte-Familie befinden.
Eine Rolex-Boutique reist stets mit
Auf den ersten Blick wirkt die Ende Juli von der italienischen Werft abgelieferte „Explora I“ mit ihrem dunkelblauen Rumpf und den schwanen-weißen Aufbauten wir eine überdimensionierte Jacht. Im Inneren dominieren helle Farben, Hölzer und Leder sowie Chrom und viel Marmor. Bewusst wurde auf Glitzereffekte wie mit Swarovski-Kristallen besetzte Treppenstufen verzichtet.
Der neue Kreuzfahrt-Luxus
Das schnöde Wort "Kabine" wurde durch "Ocean Front Suites" ersetzt: im Bild eine der insgesamt 461 Unterkunftsmöglichkeiten, die bei einer Mindestgröße von 35 Quadratmetern mit Balkon und begehbarem Kleiderschrank beginnen und bis zu Owner's Residence reichen, die 280 Quadratmetern umfasst.
Die „Explora I“ besucht zunächst die Britischen Inseln, Island und Grönland und wird im Herbst in New York erwartet. In den Wintermonaten werden Ziele in der Karibik angesteuert, und im kommenden Jahr nimmt der Neubau Kurs zu Häfen an der US-Westküste und Hawaii – zu Preisen ab 650 Euro pro Tag und Person in der Doppelkabine. Bis auf Ausflüge, Spa-Anwendungen und Ausnahmen bei den Getränken sind die Preise all-inclusive.
Weitere Infos unter https://explorajourneys.com/de/de
In den öffentlichen Bereichen gibt es viele Rückzugsmöglichkeiten. Mancher Raum riecht frisch wie ein Neuwagen und sieht noch ganz ohne Patina eher wie ein dreidimensionales Rendering aus.
An den Seetagen haben die Bordboutiquen geöffnet. Darunter die schwimmenden Niederlassungen von Marken wie Cartier, Piaget, Panerai und – ein Novum auf einem Kreuzfahrtschiff – von der Uhrenmanufaktur Rolex. Funfact am Rande: Auf der Reise nach Hamburg waren alle verfügbaren Uhren-Modelle bereits ausverkauft.
Auf das Thema Nachhaltigkeit wird in Ansprachen und auf der Explora-Website großen Wert gelegt. Schwefelhaltiges Schweröl kommt nicht mehr zu Einsatz. Die Maschinen werden mi Marinediesel betrieben, und SCR-Katalysatoren reduzieren die Stickoxid-Emissionen. Der Einbau von Tanks für Flüssigerdgas ist erst mit der Indienststellung der „Explora III“ im Jahre 2025 geplant.
Landstromanschluss wird nicht genutzt
Nicht zum Konzept passt so mancher Landausflug, in der Bordsprache „Destination Experiences“ genannt. So können die Gäste in Nuuk auf Grönland und mehreren Karibikinseln wie Saint Lucia oder in der Dominikanischen Republik Rundflüge mit einem Hubschrauber buchen.
Angeblich ist das Schiff mit einem Anschluss für Landstrom ausgestattet. Doch in der Praxis kam die umweltfreundlichere Technologie in Hamburg nicht zum Einsatz. Der Kai des Cruise Center Altona gehört seit 2016 zu den ersten europäischen Häfen, der mit einem elektrischen Anschluss für Kreuzfahrtschiffe ausgerüstet ist. Doch die Kabelstränge hingen verbindungslos in der Luft. „Das war beim Erstanlauf noch nicht möglich“, so Michael Ungerer.
Der Beitrag ist zuerst bei stern.de erschienen