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Energiewende Bundesrechnungshof sieht Milliardenrisiken bei Wasserstoffstrategie

Ein Wasserstofftank steht vor dem Labor mit dem Brennstoffzellenprüfstand
Der Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur kommt nur schleppend voran
© Jan Woitas / dpa
Wasserstoff soll eine Schlüsselrolle spielen beim klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft. Doch nun schlägt der Rechnungshof Alarm: Trotz milliardenschwerer Förderungen verfehle die Regierung ihre Ziele – es drohe eine Dauerförderung

Der Bundesrechnungshof warnt wegen Verzögerungen beim Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft in Deutschland vor Milliardenrisiken für den Steuerzahler. Es drohe eine staatliche Dauerförderung mit erheblichen Folgen für die Bundesfinanzen, heißt es einem Sonderbericht der Behörde. Die Bundesregierung wolle eine Wasserstoffwirtschaft etablieren, um das gesetzliche Ziel der Klimaneutralität bis zum Jahr 2045 zu erreichen. „Trotz Förderung in Milliardenhöhe verfehlt sie die Ziele ihrer Wasserstoffstrategie. Das gefährdet das Erreichen der Klimaneutralität, den Industriestandort Deutschland sowie stabile Bundesfinanzen.“

Wasserstoff gilt als zentraler Baustein für das Erreichen der Klimaziele und den Erhalt des Industriestandorts. Er soll vor allem in Industriezweigen wie der Stahl- oder Chemieproduktion zum Einsatz kommen, in denen eine direkte Elektrifizierung mit Ökostrom als technisch schwierig oder nicht umsetzbar gilt. Zudem ist Wasserstoff für den Betrieb von Gaskraftwerken vorgesehen. Diese sollen die Stromversorgung sichern, wenn die Energieerzeugung aus Wind und Sonne schwankt. Wasserstoff ist derzeit aber noch nicht ausreichend verfügbar und vergleichsweise teuer.

Milliarden-Förderung

Damit der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft gelingen kann, hat der Bund laut Rechnungshof im Jahr 2024 insgesamt 4,3 Mrd. Euro und im Jahr 2025 mehr als 3 Mrd. Euro bereitgestellt – insbesondere für Subventionen an Unternehmen. Die Bundesregierung sei zudem erhebliche Vorbindungen von jährlich mehreren Milliarden Euro bis zum Ende des Jahrzehnts eingegangen. „Erwartungen, dass grüner Wasserstoff preislich wettbewerbsfähig wird, haben sich bislang nicht erfüllt.“ Vielmehr bleibe Wasserstoff auch künftig teuer. „Eine staatliche Dauerförderung ist damit absehbar.“ 

Für Wasserstoff ist der Aufbau eines „Kernnetzes“ in Deutschland geplant. Dafür gibt es einen Finanzierungsmechanismus. Die Leitungen sollen privatwirtschaftlich durch Entgelte der Nutzer bezahlt werden. Da es aber laut Bundesregierung in den ersten Jahren relativ wenige Abnehmer geben wird, sollen die Netzentgelte gedeckelt werden. 

Dazu gibt es eine staatlich abgesicherte Zwischenfinanzierung über ein „Amortisationskonto“. Wenn zu einem späteren Zeitpunkt mehr Nutzer an das Netz angeschlossen sind und die Einnahmen aus Netzentgelten die Kosten für Netzaufbau und -betrieb übersteigen, soll der entstandene Fehlbetrag im Konto ausgeglichen werden. Der Aufbau des Kernnetzes aber sei mit „erheblichen Belastungen und Risiken“ für den Bundeshaushalt verbunden, heißt es im Bericht des Bundesrechnungshofs. 

Rechnungshof fordert Realitätscheck

Die Bundesregierung sei weit von ihrem Ziel entfernt, bis zum Jahr 2030 eine Wasserstoffwirtschaft zu etablieren, so die Prüfer. Sie erreiche weder die inländischen Erzeugungsziele für grünen
Wasserstoff, noch könne sie den erwarteten Bedarf über Importe decken. Die Bundesregierung müsse einen „Realitätscheck“ machen, ihre Maßnahmen zielgerichtet ausgestalten und einem regelmäßigen Monitoring unterziehen. 

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Der Bundesrechnungshof schreibt weiter, ohne verbindliche Vorgaben zur Umrüstung von Gaskraftwerken auf Wasserstoff fehle ein wichtiger Nachfrageimpuls für den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft. Die Bundesregierung plant eine staatliche Förderung für den Bau neuer Gaskraftwerke. Offen ist aber, inwiefern es dabei Vorgaben zur späteren Umrüstung auf Wasserstoff geben soll.

dpa/rtr/kb

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