Anzeige

Lobbyismus Wasserstoff-Verband zieht Konsequenzen aus Förderaffäre

Wasserstoff
Wasserstoff gilt als wichtiger Energieträger der Zukunft. Aktuell ringt der Branchenverband DWV noch mit den Nachwehen einer Lobbyaffäre
© Bernd Weißbrod / dpa
Anfang des Jahres sind führende Funktionäre der Wasserstoffbranche in den Fokus einer Lobbyaffäre im Bundesverkehrsministerium geraten. Nun räumt der Branchenverband auf: Eine neue Doppelspitze übernimmt

Als Anfang des Jahres eine Förderaffäre das Verkehrsministerium erschütterte, geriet auch Ressortchef Volker Wissing (FDP) unter Druck. Es ging um die Beziehungen eines Abteilungsleiters zu Vertretern der Wasserstoffwirtschaft. In mehreren Fällen hatte sich der Spitzenbeamte, in Fachkreisen auch als „Mister Wasserstoff“ bekannt, bei konkreten Förderanträgen eingemischt und sich im Ministerium für sie eingesetzt – zugunsten von Bekannten, die Geld für ihre Projekte haben wollten. 

In zwei Fällen unterstützte Wissings Abteilungsleiter 2021 auch die Förderwünsche von Werner Diwald, dem langjährigen Vorstand des Deutschen Wasserstoff-Verbands (DWV). Der Verband und Diwald, mit dem der Beamte im Duzton kommunizierte und sogar gemeinsam in den Skiurlaub fuhr, erhielten noch unter dem damaligen Minister Andreas Scheuer (CSU) Förderzusagen in Höhe von 1,5 Mio. Euro.

Nachdem im Februar neue Details ans Licht kamen und Zweifel am Aufklärungswillen des Ministeriums laut wurden, entließ Wissing seinen Abteilungsleiter und versetzte den für Wasserstoff zuständigen Referatsleiter. Und nun zieht auch der Wasserstoff-Verband Konsequenzen aus der Lobbyaffäre. Nach Informationen von Capital wird Diwald, der den Verband seit 2014 führt, sein Amt zum Jahresende abgeben. 

Diwalds Nachfolgerin als Vorstand soll nach einem Beschluss des Präsidiums schon Anfang November Friederike Lassen werden, die beim Wasserstoff-Verband bislang den Bereich Politik und Regulierung leitet. Neben Lassen soll zudem ein weiterer Vorstand die Geschäfte des DWV künftig in einer Doppelspitze führen. Für die Besetzung der Position des Co-Vorstands läuft derzeit noch der Auswahlprozess. 

Präsident lässt Amt ruhen

Darüber hinaus lässt auch DWV-Präsident Oliver Weinmann sein Amt einstweilen ruhen. Auch Weinmanns Name tauchte im Zusammenhang mit den fragwürdigen Vorgängen im Verkehrsressort auf. Wie Diwald unterhielt der Gründer einer Beratungsfirma enge private Kontakte zu dem Abteilungsleiter und gehörte mit zu der Urlaubsrunde. Auf Anfrage wollte sich der Verband nicht zu den Personalien äußern.

Nach Bekanntwerden der Förderaffäre, die maßgeblich durch Recherchen von „Handelsblatt“ und „Spiegel“ ins Rollen gebracht wurde, hatte der Wasserstoff-Verband eine externe Untersuchung zu der Fördermittelvergabe in Auftrag gegeben. Eine Anwaltskanzlei sollte unter anderem die Rolle von Vorstand Diwald prüfen. Die Anwälte stellten zwar fest, dass Diwald kein juristisches Fehlverhalten vorzuwerfen sei. Nach Capital-Informationen gab es im Verband und bei seinen Mitgliedsunternehmen aber wichtige Stimmen, die den Ruf des DWV und die Beziehungen zur Politik als derart beschädigt sehen, dass es einen Neuanfang an der Spitze brauche.

Als Reaktion auf die Vorwürfe der Günstlingswirtschaft im Februar hatte das Verkehrsministerium auch entschieden, einstweilen keine Förderung für neue Wasserstoffprojekte zu vergeben. Der Förderstopp ist ein Rückschlag für die Wasserstoffbranche, die nach dem Willen der Bundesregierung eine zentrale Rolle beim staatlich flankierten klimaschonenden Umbau der Industrie spielen soll – und sich davon in den kommenden Jahren sehr gute Geschäfte verspricht.

Mehr zum Thema

Neueste Artikel

VG-Wort Pixel