Einmal im Jahr würde ich einfach gern ein paar Urlaubstage lang ohne Wecker aufstehen, weil ich mir um Anfang und Ende irgendwelcher Buffets keine Gedanken machen muss. Ich würde gern am Strand liegen, Tennis spielen, wann ich Lust habe, kurz zwischendurch etwas essen und eine Massage quasi auf Abruf genießen können. Ohne mich Tage zuvor im Spa dafür angemeldet zu haben. Meine Erfahrungen der letzten Dekaden zeigt jedoch, dass das selbst für Häuser der Kategorie fünf und höher in ihrer Gesamtheit keine leicht zu erfüllenden Wünsche sind. Wird das The Nautilus auf den Malediven diese „Mission Impossible“ erfolgreich meistern?
Die Fahrt mit dem Boot vom Malé International Airport, vorbei an den vielen Atollen mit ihren unzähligen Inseln, ist für mich bereits der Beginn der Erholungsphase. Auf den Malediven kommt man, salopp ausgedrückt, ziemlich schnell „runter“. Der Stresslevel sinkt bei jedem Blick auf das türkisblaue Wasser, den weißen Sand, die Sonnenuntergänge in Blau, Lila und schließlich feurigem Orange. Ich gehe am Strand spazieren, ab und zu schnorcheln und lasse die Seele baumeln. Kann das Ziel meines Testaufenthaltes diese vorhandenen Standortfaktoren noch toppen?
Ein richtig rundes Resort
Schon meine Anreise ins Hotel The Nautilus, das einer exklusiven Privatinsel gleicht, entspannt mich mehr als sonst. Wo ich üblicherweise, wie eben erwähnt, für die letzten Kilometer in ein Boot steige, hebe ich dieses Mal mit einem eleganten Wasserflugzeug ab. Ich mache es mir auf einem der weißen Ledersitze bequem, nippe an meinem Champagnerglas und blicke hinunter auf das leuchtende Blau des Indischen Ozeans. Wow!
Der Name des Resorts, das auf einer Insel im Baa-Atoll liegt, einem von der UNESCO geschützten Biosphärenreservat, ist Programm. The Nautilus ist nach dem einzigen Tintenfisch getauft, der ein festes, schneckenhausartiges Gehäuse besitzt. Passend dazu gibt es auch im Hotel keine harten Linien, alles ist rund oder oval – von der Villa bis zum Pool. Diese organischen Strukturen sollen den Energiefluss positiv beeinflussen, sagt man mir. Und, ja, ich fühle mich definitiv sofort wohl, wozu auch die herzliche Freundlichkeit der Mitarbeiter wesentlich beiträgt. „Comfort of home“, diese Philosophie nimmt hier jeder ernst.
Weitere Leitsätze der Anlage und ihrer Angebote sind: „time stands still“, „art of bohemia“, „free spirit of experience“ und „unscripted dining“. Ich bin gespannt, was sich dahinter verbirgt. Zumindest die Zeit steht für mich wirklich bald still: Weil es außer an meinem Handgelenk keine einzige sichtbare Uhr auf der Insel gibt und weil ich mich als Gast auch nicht gemäß einem fixen Plan durch den Tag urlauben muss. Eine Tatsache, die ich zunächst kaum glauben kann.
Wo Wünsche jederzeit wahr werden
Doch es ist genauso, egal ob am Tag oder in der Nacht. Verspannte Schultern vom Jetlag und um drei Uhr in der Früh noch schlaflos? Kein Problem, eine Massage ist möglich. Ich würde mein Frühstück heute gern um 17 Uhr einnehmen? Natürlich, kommt sofort. Unglaublich, solche Wahlfreiheit habe ich noch in keinem Hotel erlebt – und diese Freiheit verdient den Begriff Ultra-Luxus.
Hinter der Säule „art of bohemia“ versteht das Team von The Nautilus die Förderung der lokalen Kultur und des Kunsthandwerks, während „free spirit of experience“ die vielen, teils unkonventionellen Erlebnisse meint, die auf Wunsch geboten werden. Dazu zählen etwa das Frühstück auf einer Yacht, ein privater Filmabend auf einer Sandbank im Meer, nächtliche Tauchgänge, eine Party mit Live-Musik im eigenen Beach House, Schnorcheln bei Mondschein, ein Barbecue am Strand …
Es gibt kaum etwas, was es nicht gibt. Und alles, was am Tag möglich ist, lässt sich auch nachts erleben.
Ganz besonders überzeugt hat mich „unscripted dining“, das gastronomische Konzept, bei dem ebenfalls vollständige Wahlfreiheit herrscht. Die Menükarten darf man daher getrost als reine Inspiration auffassen. Am ersten Abend sitze ich im japanischen Restaurant und bestelle, was die Küche offiziell anbietet. So schnell komme ich mit meiner neuen Freiheit nämlich noch nicht klar. Jeder Tisch steht idyllisch auf seiner eigenen kleinen Über-Wasser-Insel und bietet reichlich Privatsphäre.
Am zweiten Abend, diesmal im italienischen Restaurant, steht mir der Sinn nach frischem Fisch. Außerdem möchte ich den Sonnenuntergang am Strand genießen. Sofort wird dort ein Tisch aufgebaut und mein Fisch wird dort serviert. Und sollte ich morgens um vier Uhr plötzlich Heißhunger auf eine Pizza entwickeln, das Gourmet-Restaurant würde sie mir backen. Sensationell.
Wer hier schläft, braucht keine Privatinsel
Gegründet wurde das The Nautilus übrigens von dem Malediver Dr. Ibrahim Umar Maniku, dem ersten Anästhesisten des Inselstaates und deutschen Honorarkonsul. Auf seinen vielen Reisen hatte er immer das Gefühl, sich nach den Gepflogenheiten des jeweiligen Hotels richten zu müssen – statt umgekehrt. Genau das wollte er in seinem eigenen Haus anders machen. Und das ist ihm gelungen. Dank dieses sehr besonderen Service-Ansatzes braucht man sich eigentlich keine Privatinsel mehr zu mieten, denn in diesem Resort dürfte man bereits wunschlos glücklich werden.
Natürlich ringen St. Regis, Nautilus, Four Seasons, Le Cheval Blanc und One&Only alle um den Ruf des besten und luxuriösesten Hotels auf den Malediven. Auf diesem bereits hohen Niveau ist es am Ende eine Frage des Geschmackes, wem das aus Sicht des Gastes rundum gelingt. Der Strand ist schließlich überall herrlich, die Suiten ein Traum. Für mich persönlich, der schon mehr als zehnmal auf den Malediven war, heißt der Gewinner jedenfalls The Nautilus. Denn: Was mancher Mitbewerber nur behauptet, das wird hier Wirklichkeit – die Zeit verliert ihre Macht und die eigenen Wünsche sind das Limit.