Erneut bringt ein Streik Reisepläne durcheinander. Nach Bauern, GDL-Lokführern, dem Luftsicherheitspersonal und den Beschäftigten im Nahverkehr legt jetzt das Bodenpersonal der Lufthansa die Arbeit nieder. Doch Unternehmen und Mitarbeitende sind mittlerweile stresserprobt. Wer auf Geschäftsreise gehen will, muss einkalkulieren, dass kurzfristig etwas dazwischenkommen kann.
„Reisende müssen fast immer einen Plan B zur Hand haben, falls etwas ihre ursprüngliche Planung durcheinanderbringt oder sie unterwegs stranden“, sagt Inge Pirner, Vizepräsidentin vom Verband Deutsches Reisemanagement VDR. Es hilft, alle Reiseoptionen schon bei der Planung im Blick zu haben. Dadurch werden flexible Tickets für Flugverbindungen und die Bahn beliebter. Dies bestätigen auch Zahlen der Geschäftsreise-Management-Plattform Travelperk: Dort verzeichnete man im Jahr 2023 einen Anstieg von 35 Prozent bei den Unternehmen, die sich für flexible Optionen entscheiden.
Alternative Auto: Arbeitszeit beachten
Zu den Streik-Profiteuren gehören zum Beispiel Fernbusanbieter und Billigflieger. Stehen Bahnen still, verzeichnen sie steigende Buchungszahlen. Für Geschäftsreisende kommen diese Alternativen oft nicht in Frage. Sie steigen lieber ins Auto. Das erfreut Mietwagenanbieter, ihre Flotten sind im Streikfall oft restlos ausgebucht. Für manche Angestellte ist auch der Dienstwagen eine Option. Aber Achtung: Für alle, die selbst fahren, ist Reisezeit gleich Arbeitszeit. Mit einer Autofahrt, die sich an einen Außentermin anschließt, können Dienstreisende schnell ihre gesetzlich erlaubte Höchstarbeitszeit am Tag überschreiten.
Für Inge Pirner vom VDR gehört es zur Sorgfaltspflicht, Angestellten auch mal von einer Reise abzuraten: „Unternehmen und interne wie externe Reiseplaner müssen dafür Sorge tragen, dass Mitarbeitende gut und sicher am Ziel ankommen“, sagt sie. Niemand sollte sich zum Beispiel in einen überfüllten Ersatzzug quetschen oder stundenlang hinterm Lenkrad sitzen müssen. „Im Zweifel muss man zu Hause bleiben und den Termin verschieben.“
Wohin aber einen Termin verlegen, wenn auf einen Streik der nächste folgt oder beim nächsten Unwetter Bahnen stillstehen und Flugzeuge am Boden bleiben? „Firmen überlegen gut, welche Auswärtstermine wirklich notwendig sind“, sagt Pirner. Hängen Geschäftsabschlüsse, Umsätze oder Deadlines an einer Dienstreise, seien Unternehmen durchaus bereit, mehr für Tickets zu zahlen. Auf Teambuilding-Maßnahmen, Weiterbildungen und Netzwerk-Veranstaltungen werde dagegen auch mal verzichtet. Kosten und Nutzen wägen Unternehmen sorgfältig ab.
Trend: Übernachtung von Geschäftsreise-Profis buchen lassen
Auch der Deutsche Reiseverband (DRV) bestätigt, dass Unternehmen ihre Angestellten zunehmend effizient und kostensparend auf Reisen schicken. Dazu setzen sie verstärkt auf professionelles Travel Management und arbeiten mit auf Geschäftsreisen spezialisierten Reisebüros zusammen, auch um schnelle Unterstüzung zu erhalten, wenn etwas nicht so läuft wie geplant.
Laut DRV fliegen Geschäftsleute insbesondere auf kürzeren Strecken eher Economy als Businessclass, sie legen Termine an einem Ort zusammen und buchen weiter im Voraus. Das lohnt sich, stellt die Buchungsplattform Travelperk fest. Wer mindestens 14 Tage vor Abflug bucht, kann im Schnitt 25 Prozent gegenüber einer kurzfristigen Buchung sparen.
Ein weiterer Trend ist Entschleunigung: Travelperk hat festgestellt, dass Geschäftsreisende seltener Tagestrips buchen. Stattdessen reisen sie am Vorabend zum Auswärtstermin und buchen eine Übernachtung mit – sicher ist sicher.
Geld gibt es nur umständlich zurück
Richtig ärgerlich kann es werden, wenn Veranstaltungen kurzfristig komplett abgesagt werden, weil niemand anreisen kann. Reise- und Übernachtungskosten sowie Teilnahmegebühren bekommen Firmen nicht einfach zurück, oft braucht es einen aufwendigen Erstattungsprozess. Werden Veranstaltungen außerdem nicht nachgeholt, ist es ein echtes Minusgeschäft.
Streiks sind nicht das einzige Problem für Geschäftsreisende. Zusätzlich erschweren die marode Verkehrsinfrastruktur sowie zahlreiche Baustellen auf Schienen und Straßen die Reiseplanung. Auch Krankheitswellen beim Personal können sich bemerkbar machen.
Die Buchungsplattform Travelperk hatte im vergangenen Jahr Angestellte nach ihren Erfahrungen bei Business-Trips mit Flugzeug und Bahn befragt. Von den insgesamt 1000 befragten Reisenden aus Deutschland gaben etwa 78 Prozent an, 2023 eine oder mehrere Unregelmäßigkeiten auf Geschäftsreisen erlebt zu haben. 42 Prozent der Befragten beschwerten sich über Verspätungen mit einer Stunde oder mehr, 28 Prozent berichteten von verpassten Anschlüssen. Erst dahinter reihten sich Reiseeinschränkungen durch Streiks und Unwetter ein.