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Voice of America Warum in den USA alles immer teurer ist als gedacht

Supermarktkasse in den USA
Supermarktkasse in den USA
© Getty Images
Der amerikanische Konsument soll ganz genau wissen, was ihn welche Dienstleistung kostet. Trotzdem wird es am Ende immer teurer als gedacht. Ines Zöttl über den Preis der Freiheit

„Die Übernachtung hatten Sie ja schon vorab bezahlt“, sagt der freundliche Rezeptionist beim Auschecken aus dem Hotel in San Francisco. „Das wären dann nur noch 58 Dollar fürs Parken. Und 25 Dollar Resortgebühr.“ Resortgebühr? Der nächste Strand ist Meilen entfernt, das Hotel hat noch nicht einmal einen Swimmingpool. Nun ja, sagt der Portier, aber dafür gebe es Internet, einen Fitnessraum und spätnachmittags in der Lobby ein Glas Wein umsonst. Frühstück ist allerdings nicht inbegriffen.

Wer in Amerika konsumiert, ist gut beraten, vorher das Kleingedruckte zu lesen. Ein Preis ist niemals der Endpreis. Mein TV- und Internetprovider warb auf seiner Webseite mit einem Komplettangebot für 79,90 Dollar monatlich. Inzwischen zahle ich aus Gründen, die ich nicht ganz durchblicke, jeden Monat 145 Dollar.

Sowieso verteuert sich jeder Einkauf an der Kasse um die Umsatzsteuer des Bundesstaats, in dem man sich gerade aufhält. Die Amerikaner halten das für Transparenz, weil man so auf den ersten Blick erkennen kann, wo der Staat wie gierig ist, und weil Wettbewerb immer gut ist. Tatsächlich beträgt der Aufschlag allerdings abgesehen von ein paar Ausreißern quer durch die USA ziemlich durchgängig sechs bis acht Prozent. Würde wegen solcher Differenzen wirklich jemand den Wohnort wechseln?

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Von Touristen verlangt man dann gerne noch ein bis zwei zusätzliche Steuerarten, sodass sich etwa in San Francisco die Netto-Hotelrechnung (ohne Resortgebühr und Parken) um knapp 17 Prozent erhöht.

Eine ganze Branche funktioniert nach diesem Prinzip: das Gastronomiegewerbe. Der Gast hat die Freiheit, nach dem Essen ein Trinkgeld aufzuschlagen. Unbegrenzt ist diese Freiheit allerdings nur nach oben hin. Wer weniger als 15 Prozent gibt, riskiert eine Auseinandersetzung mit dem empörten Kellner. Verständlich natürlich: Das Einkommen des Personals besteht im Wesentlichen aus den Trinkgeldern, die ihnen die in der Branche gezahlten Hungerlöhne aufbessern.

Manche Restaurants haben versucht, das System zu reformieren und die Kosten für den Service gleich in die Preise auf der Speisekarte einzurechnen. Zum eigenen Schaden: Nicht nur sah der Burger plötzlich sehr, sehr teuer aus, auch mochten weder Kunden noch Kellner diese Art von Wahrheit, die ihnen die Illusion der Freiheit raubte. Die Restaurants kehrten bald zur alten Bezahlpolitik zurück. Auch in Café-Bars und Eisdielen bekommt man an der Kasse meist ein iPad gereicht, auf dem man Buttons für 18, 20 oder 25 Prozent Trinkgeld drücken kann. Das erspart einem immerhin das Kopfrechnen und peinliche Prozentrechnungsfehler. Auf die Endsumme schaut man dann besser nicht.

Unsere Kollegin Ines Zöttl lebt und arbeitet in Washington. Hier schreibt sie jeden Monat über Politik und Wirtschaft in den USA.

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