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Putins Kriegsbeute Was droht deutschen Unternehmen in Russland?

Bayer-Firmenlogo am Gebäude der Moskauer Repräsentanz
Bayer-Firmenlogo am Gebäude der Moskauer Repräsentanz
© picture alliance/dpa
Die Enteignung von Danone und Carlsberg in Russland löst Befürchtungen aus, dass bald auch deutsche Unternehmen von solchen Maßnahmen betroffen sein könnten. Wir zeigen, welche Firmen immer noch Geschäfte in dem Land machen

Wenige Tage nach der De-facto-Enteignung betrachtet sich der französische Lebensmittelkonzern Danone zwar weiter als rechtmäßiger Besitzer seiner Russland-Tochter. Trotzdem erhöhte er seine Abschreibungen aber auf 700 Mio. Euro. Die Beschlagnahme der Geschäfte von Danone und des dänischen Bierbrauers Carlsberg sind – nach den Energiefirmen Fortum und Uniper im April – der vorläufige Höhepunkt von Präsident Wladimir Putins Schikanen gegen Firmen aus „feindlich gesinnten“ oder „bösen Staaten“. Offenkundig will Putin ausländische Konzerne noch stärker in Geiselhaft nehmen als bisher.

Nach einer Meldung der „Moscow Times“ unter Berufung auf Interfax und einen unveröffentlichten Entwurf eines bevorstehenden Präsidialdekrets will der Kreml sich „superprioritäre“ Vorgriffsrechte auf die Vermögen von „strategischen“ Unternehmen sichern, die das Land verlassen wollen. Die Liste strategischer Konzerne umfasse 200 Firmen, hieß es Mitte dieser Woche, darunter der Lebensmittelriese Danone und und der finnische Energiekonzern Fortum.

Moskau kreist damit ausländische Unternehmen, die noch im Land sind, ihre Aktivitäten aber zurückfahren oder einstellen wollen, weiter ein. Schon seit Dezember müssen verkaufswillige Unternehmen einen 50-prozentigen Abschlag auf den Verkaufswert hinnehmen und zudem eine Rückzugsgebühr von mindestens zehn Prozent des Preises entrichten. Der Kreml suche nach Geldquellen, sagen Experten, und Vermögenswerten, mit denen unzufriedene Verbündete Putins bedacht werden könnten.

Der Auswärtige Dienst der EU reagierte mit der deutlichen Warnung, Russland sei für ausländische Investoren nun vermintes Terrain. „Das Präsidialdekret ist ein weiterer Beweis für Russlands Missachtung von internationalem Recht und Regeln“, sagte ein Sprecher dem Infodienst „EUobserver“. Nun seien wirtschaftliche Interessen von rechtmäßig tätigen Firmen das Ziel. So plündere Russland nicht nur die Ukraine, sondern gehe dazu über, „Eigentümern auf russischem Territorium illegal die Kontrolle über ihr Vermögen zu entziehen". Es werde damit auch in wirtschaftlicher Hinsicht „vollkommen unsicher und unberechenbar“.

Weitere Opfer?

Aus Sicht von Professor Jeff Sonnenfeld von der Yale School of Management müsse westlichen Unternehmen, die auch im zweiten Jahr von Putins Feldzug gegen die Ukraine in Russland Geschäfte machten, das Risiko der Enteignung bewusst sein. Die Fakultät verfolgt und veröffentlicht das Verhalten internationaler Investoren seit dem völkerrechtswidrigen Angriff im Februar 2022. Mehr als 1.000 ausländische Firmen verabschiedeten sich demnach 2022 aus Russland, rund 600 blieben.

Sonnenfeld rechnet nun mit weiteren Opfern, denen eine „Strafe“ des Kreml bevorstehe – dafür, dass sie (wie Danone und Carlsberg) seit einiger Zeit ihren Rückzug vorbereiteten. Unilever, Benetton oder Pepsi könnten die nächsten sein. Unternehmen, die ihr Russlandgeschäft aus Furcht vor Einbußen bisher nicht aufgeben wollten, dürften die Dekrete umgekehrt davon abhalten, doch zu gehen.

Obwohl aus Sicht Sonnenfelds jede verbleibende Firma ihre russischen Aktiva abschreiben und von dannen ziehen sollte – statt den Kreml zu bereichern. Nach Berechnungen der Kiew School of Economics (KSE) in der Ukraine zahlten allein EU-Firmen in Russland 2022 mindestens 530 Mio. Euro Steuern auf Gewinne. Von den deutschen Unternehmen, die vor dem Krieg in Russland tätig waren, sind demnach 69 Prozent geblieben – und steuerten mit 400 Mio. Dollar – nach den US-Firmen – den zweithöchsten Betrag an Moskau bei.

Capital gibt einen Überblick über führende deutschen Firmen und ihr Russlandgeschäft. Die Mehrheit ist geblieben und verdient gutes Geld:

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