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Huawei will das Wetter in Sekunden voraussagen

Besucher der World Artificial Intelligence Conference informieren sich über Huaweis „Pangu Weather“
Besucher der World Artificial Intelligence Conference informieren sich über Huaweis „Pangu Weather“
© IMAGO / Xinhua
KI-basierte Software soll die bisherigen Methoden der Wettervorhersage revolutionieren. Auch Huawei hat mit „Pangu Weather“ eine vielversprechende Software entwickelt. Sie kann Wetterumbrüche innerhalb von Sekunden voraussagen, schreiben die Forscher
Huawei will das Wetter in Sekunden voraussagen

Dieser Artikel liegt Capital.de im Zuge einer Kooperation mit dem China.Table Professional Briefing vor – zuerst veröffentlicht hatte ihn China.Table am 28. Juli 2023.

Forscher von Huawei Cloud, einer Geschäftseinheit von Huawei in Shenzhen, haben eine auf Künstlicher Intelligenz basierende Wettervorhersage-Software namens „Pangu Weather“ entwickelt, die eine 10.000-mal höhere Geschwindigkeit bei mindestens gleicher Genauigkeit erreichen soll als die besten herkömmlichen Vorhersage-Methoden. Die Ergebnisse stünden demnach in Sekunden zur Verfügung.

Nature, eine der weltweit führenden Wissenschaftszeitschriften, veröffentlichte Anfang Juli die von Huawei-Forschern verfasste Studie zur Technologie hinter der nach einem mythologischen Wesen benannten „Pangu“-Technologie. Alle Beiträge der Zeitschrift werden von einem Team unabhängiger Wissenschaftler gegengecheckt, bevor sie für veröffentlichungswert befunden werden. Auch die US-amerikanische MIT Technology Review hat bereits über „Pangu“ berichtet. Das führende Schweizer Fachmagazin Netzwoche spricht deshalb von einem „Ritterschlag für Huawei“. Und die ebenfalls deutschsprachige IT-Welt nennt die Software eine „bahnbrechende Leistung“.

Schnellere Vorhersagen gelten auch deshalb als wichtig, weil die Menschen im Zuge des Klimawandels immer häufiger von verheerenden Wetterumbrüchen überrascht werden können. „Die beeindruckende Genauigkeit und Zuverlässigkeit eröffnet gerade bei Extremwettersituationen und damit verbundenen Gefahrenlagen präzise Vorhersagen und eine bessere Vorbereitung“, so Lingxi Xie, leitender Forscher bei Huawei. Er räumt aber auch gleich die größte Schwäche seiner Entwicklung ein: Künstliche Intelligenz könne beispielsweise die Richtung von Taifunen sehr genau bestimmen, aber deren Intensität verlässlich vorauszusagen, sei noch schwierig. „Die KI tendiert dazu, extreme Wetterentwicklungen zu unterschätzen“, sagt Xie.

„Sehr vielversprechend“

Immerhin: Im Mai 2023 habe Pangu die Zugbahn des Taifuns Mawar laut einer Pressemitteilung von Huawei fünf Tage vor seinem Eintreffen in den östlichen Gewässern Taiwans so präzise vorhergesagt wie nie zuvor. Mawar war neben dem immer noch wütenden Doksuri der stärkste tropischer Taifun der ersten Jahreshälfte. 

Im direkten Wettbewerb mit einem der weltweit führenden konventionellen Wettervorhersage-Systeme – dem des European Centre for Medium-Range Weather Forecasts (ECMWF), mit Sitz in England, Italien und Bonn –, habe das Huawei-Programm vor allem durch „seine unglaubliche Geschwindigkeit“ gepunktet. Das ECMWF verfügt über das umfangreichste Wetterarchiv der Welt und über eines der größten Supercomputer-Systeme. Dass „Pangu-Weather“ an das EZMW-Modell herankomme, sei beeindruckend, resümiert der Physiker Peter Dueben in der Neuen Zürcher Zeitung. Er ist als Koordinator für KI und Maschine Learning am ECMWF tätig. Seit gestern kann man „Pangu“ auf der Webseite der ECMWF für zehn Tage kostenlos ausprobieren. Auch eine Vergleichsstudie steht auf der Website. Das Ergebnis in Bezug auf „Pangu“: „Sehr vielversprechend.“

Deep-Learning trifft historische Wetterdaten

Die „Pangu“-Forscher haben Wetterdaten aus 43 Jahren in einem Deep-Learning-Verfahren aufbereiten lassen, also historische Wetterdaten mit modernen Modellen verknüpft, die in Sekunden genaue Vorhersagen machen. Die bisher genutzten Verfahren brauchten dafür Stunden. Während sie Wetterparameter wie Luftdruck, Temperatur oder Windgeschwindigkeit eines nach dem anderen berechnen müssen, gelingt das dem neuen Verfahren gleichzeitig.

Laut Huawei laufe „Pangu Weather“ auch bestens auf herkömmlichen Desktop-Computern. „Das bedeutet, dass jeder in der meteorologischen Gemeinschaft diese Modelle jetzt nach Belieben testen kann“, zitiert der Konzern einen wissenschaftlichen Gutachter von Nature. Einer, der das bereits gemacht hat und nicht an den Huawei-Forschungen beteiligt war, ist Oliver Fuhrer. Er ist der Chef der Abteilung für numerische Vorhersage bei MeteoSwiss, dem Schweizer Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie. Die MIT Technology Review zitiert ihn mit den Worten, „Pangu-Weather“ sei „aufregend“, weil „es viel schneller ist“ und in der Lage sei, „Entwicklungen vorherzusagen, die so nicht in den ursprünglichen Trainingsdaten angelegt waren“. 

Natürlich ist Huawei nicht die einzige Forschungsinstitution, die sich damit beschäftigt, das Wetter in Zeiten des Klimawandels vorherzusagen. Auch Nvidias „FourcastNet“ und „GraphCast“ von Googles DeepMind gehören dazu. Die größte Schwäche von KI-Verfahren, die auf historischen Wetterdaten basieren, sieht Peter Dueben vom ECMWF im Klimawandel selbst. „Wenn das Eis der Arktis plötzlich verschwindet, weiß niemand, was ein Modell wie Huaweis ‚Pangu‘ dann macht.“ Denn mit diesen Daten sei es nicht trainiert worden. Die klimatischen Folgen lassen sich aber auch mit den konventionellen Modellen kaum präzise voraussagen. Dass die Folgen dramatisch werden, darf allerdings schon heute als sicher gelten.

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