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Voice of America Der importierte amerikanische Traum

Eingangsschild zum Weingut Gundlach Bundschu
Eingangsschild zum Weingut Gundlach Bundschu
© Getty Images
Amerikas Pioniergeist ist immer noch lebendig. Hochgehalten wird er vor allem von Einwanderern und deren Kindern. Ines Zöttl über den Pioniergeist beim Weingut Gundlach Bundschu

An der Einfahrt eines der edelsten Pinot-noir-Produzenten Kaliforniens steht das verrostete Skelett eines Pick-ups. Davor lehnt ein Schild mit einem Zitat von Charles Bukowski: „Das Entscheidende ist, wie gut man durchs Feuer geht.“ Auf dem Weingut von Gundlach Bundschu (im Amerikanischen gesprochen als Gun-Lock Bun-Shoe) ist das kein wohlfeiler Sinnspruch. Bei den Waldbränden des vergangenen Jahres ist der historische Familiensitz abgebrannt. „Ich bleibe und kämpfe“, hatte Jim Bundschu gesagt, als die Flammenwand schon vom Haus aus zu erkennen war. Beinahe in letzter Minute holten die Kinder den damals 73-Jährigen und seine Frau aus dem Gebäude oberhalb der „Rhinefarm“.

Die aktuelle Capital
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Von der Katastrophe ist auf dem Weingut, einem der ältesten in Kalifornien, heute nichts mehr zu spüren. Die Sonne scheint, der Wein fließt. „Wir haben einen Tag getrauert“, erklärt Juniorchef Jeff Bundschu – dann gingen alle wieder an die Arbeit. Natürlich sorgen sich die Weinmacher, dass der Rauch den Reben geschadet haben könnte. Das aber wird man erst wissen, wenn die nächste Weinlese stattgefunden hat.

In Amerika erscheint das Auf und Ab des Lebens selbstverständlicher als jenseits des Atlantiks. Erfolge, Rückschläge, Scheitern, Wiederaufstehen, das sind Episoden, nicht Endpunkte von Lebensläufen. Vielleicht ist die Bereitschaft, sich nie entmutigen zu lassen, einfach aus Europa aus- und in die Neue Welt eingewandert. Als Jacob Gundlach 1858 aus Deutschland ins Sonoma Valley übersiedelte, wuchs dort kaum eine Traube. Der Bayer pflanzte 60.000 Reben, mit denen sein Aufstieg begann. Bereits 1906 schien alles vorbei zu sein – das Erdbeben von San Francisco zerstörte knapp vier Millionen Liter Wein und alles, was die Familien Gundlach und Bundschu aufgebaut hatten. Doch schon auf der Panama-Pazifik-Ausstellung von 1915 glänzte der Winzer mit einem Bacchus-Tempel neben Thomas Edison und Henry Ford.

Dieses Muster funktioniert bis heute, auch wenn viele Trump-Wähler es nicht wahrhaben wollen. Laut einer Studie der Lobbygruppe New American Economy von 2016 ist bei rund 40 Prozent aller Fortune-500-Konzerne einer der Gründer eingewandert oder ein Kind von Migranten. Dass sich der Pioniergeist wie bei Gundlach Bundschu über Generationen hinweg vererbt, scheint also eher die Ausnahme zu sein.

Mit der Prohibition gingen bei den Winzern 1919 erneut die Lichter aus. Das Sonoma Valley verwandelte sich zurück in eine Obstwiese. Als es 1933 mit dem Alkoholverbot vorbei war, bestand ausgerechnet die Frau des Erben Walter Bundschu darauf, trocken zu bleiben. Auch dieses Hindernis überwand Gundlach Bundschu am Ende. Und wer den Winzer heute besucht, kann bestätigen: Es hat sich gelohnt.

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