Partner unterstützen sich psychologisch und materiell in ihrer Entscheidung für einen Lebensentwurf, gestalten und verbessern ihn gemeinsam. Das ist für mich die Idealvorstellung einer funktionierenden Partnerschaft. Doch wie realistisch ist diese Aussage? Als CFO eines Mittelständlers der Chemischen Industrie ist mir die Selbstentfaltung meiner Frau genauso wichtig wie meine eigene. Unsere Selbstverständlichkeit in Sachen beruflicher Selbstständigkeit wird aus meiner Sicht von zu wenigen Paaren gelebt. Und das obwohl ein Doppelverdiener-Modell allein aus betriebswirtschaftlicher Sicht das beste und monetär erfolgreichste Konzept ist, um berufliche Ambitionen in Einklang mit Lebensqualität und Partnerschaft zu bringen.

Was hindert Männer also daran, ihre Frau in ihren beruflichen Ambitionen zu fördern und zu stützen? Diese Frage stellt sich mir, wenn man sich das Gros der Partnerschaften anschaut. Ein Hemmschuh scheint nach wie vor im tradierten Rollenverständnis und gesellschaftlichen Erwartungshaltungen zu liegen. Der Machtanspruch, das Einkommen und der gesellschaftliche Status einer erfolgreichen Frau bedrohen viele Männer in ihrem Sein. Ich dagegen erlebe meine erfolgreiche Frau als Ergänzung und Bereicherung. Männer an der Seite erfolgreicher Frauen haben sich nämlich bewusst entschieden, weil sie in einer erfolgreichen Frau an ihrer Seite auch einen Gewinn für sich sehen. Ihre Frauen sind Sparringspartner, Coach und Wegbegleiterinnen zugleich. Warum und wie dieses Konzept funktionieren kann:
#1 Weg aus der Unzufriedenheit
Ausschlaggebend für das Partnermodell auf Augenhöhe ist für viele Männer die latente Unzufriedenheit ihrer Partnerin als „Nur-Mutter“ nach der Geburt von Kindern. Hier steht für viele Frauen die Erziehung im Vordergrund, damit ist für sie beruflich keine Entwicklung und Entfaltung im eigentlichen Sinne möglich. Viele Frauen sind für den Beruf der Mutter schlichtweg überqualifiziert. Die Unzufriedenheit färbt auf die Männer ab, die Ehe ist in Gefahr. Daher entscheiden sich immer mehr Männer, ihre Frauen aktiv auf „ihrem Weg“ zu unterstützen.
#2 Gemeinsames Lernen
In einer Partnerschaft gehört es dazu, dass beide Partner voneinander lernen und sich gegenseitig auf ihrem Weg in die Selbstverwirklichung – beruflich wie privat – unterstützen, sich im Falle von Rückschritten auch tragen. Man entwickelt sich also weiter, indem man dem anderen hilft, sich zu entwickeln, gewissermaßen in einer gemeinsamen Spirale nach oben.
#3 Gemeinsamer Gewinn
Als CFO schaue ich natürlich auch im privaten Umfeld auf die Zahl, die am Ende des Monats auf dem Konto steht. Eine gemeinsame berufliche Selbstentfaltung ist ein wirtschaftlicher Gewinn für jeden einzelnen und für die Beziehung insgesamt. Durch den gemeinsam erwirtschafteten Gewinn besteht zudem die Chance, dass sich einer der beiden Partner durchaus eine berufliche Umorientierung oder Neuausrichtung leisten kann, da durch das zweite Einkommen ein Sicherheitsnetz entsteht.
#4 Win-Win-Win Effekt
Neben dem einzelnen und gemeinsamen Gewinn ergibt sich aus der beruflichen Selbstständigkeit meiner Frau – und der anderer Doppelverdiener-Paare – ein weiterer positiver, volkswirtschaftlicher Aspekt. Es ergibt sich ein dreifacher Gewinn, da bei Familien mit doppeltem Einkommen üblicherweise auf externe Kinderbetreuung und/oder Unterstützung im Haushalt zurückgegriffen wird – ein Umstand, der unweigerlich zu einer höheren Beschäftigungsquote führt. Diese Tatsache wirkt sich wiederum positiv auf unseren Fachkräftemangel aus. Arbeiteten mehr qualifizierte Frauen, gäbe es weniger Bedarf Fachkräfte anzuwerben. Zusätzlich würden neue Stellen vor allem im Dienstleistungs- und Betreuungssektor geschaffen werden, beispielsweise in Kitas, Ganztagsschulen und Reinigungsdiensten. Das wiederum führte zu einem Mehr an Steuereinnahmen und so weiter …
#5 Strahlkraft für sich und andere
Ein Miteinander auf beruflicher Augenhöhe wirkt sich durchweg positiv auf das Privatleben aus. Der in den beruflichen Positionen erworbene Status bringt Paare auf Augenhöhe. Vor allem die Anerkennung und das Lob, das man von seinem Umfeld erfährt, ist es, was beide Partner strahlen lässt - beste Voraussetzungen für ein gesundes Miteinander mit gesundem Selbstbewusstsein!
#6 Demokratische Druckverteilung
Wir leben die Demokratie zwar in der Politik, in der Familie bleibt der Grundsatz der Gleichberechtigung in einem demokratischen Machtgefüge jedoch meist unberücksichtigt. Das bringt ein gefährliches Ungleichgewicht mit sich, was sich in den hohen Scheidungsquoten spiegelt. Nur wenn die Last in einer Familie zu gleichen Teilen aufgeteilt wird, besteht Balance und Gerechtigkeit in der Beziehung. Es kann nicht sein, dass ein Partner nur ein paar Stunden „arbeitet" und als „Chauffeur“ für die Kinder dient während der andere Partner zwölf Stunden im Job rackert. Der Druck muss auf beide Schultern einigermaßen gleich verteilt sein.
#7 Persönlicher Karrierecoach
Meine Frau ist mein Karrierecoach – und das von Anfang an. Sie kam mit mir nach Deutschland und hat mich später dazu ermutigt, einen neuen Job mit erheblicher Reisetätigkeit zu übernehmen. Dann sie hat mich im richtigen Moment wieder „zurückgeholt", um den nächsten Schritt in meiner beruflichen Entwicklung gemeinsam mit mir vorzubereiten. Viele Kollegen nehmen hierzu einen Business-Coach in Anspruch. Den benötigen wir beide nicht, denn unsere Ziele sind gemeinsam entwickelt und eingehend besprochen.
#8 Emotionaler Support
Das Einkommen entscheidet für Männer, wie ernst sie es mit der Gleichstellung in der Partnerschaft nehmen, das zeigt zumindest eine Studie des Familienministeriums . 82 Prozent der Männer wollen, dass ihre Frau arbeitet. Dies gilt auch bei uns, denn unsere beiden Berufstätigkeiten bedeuten für jeden einzelnen von uns, wie bereits weiter oben erwähnt, mehr Unabhängigkeit. Ohne diese Unabhängigkeit ist eine Beziehung auf Augenhöhe kaum möglich. Dazu kommt jedoch die mentale Unterstützung aus „erster Hand“. Positionen mit Führungsverantwortung bringen diverse Probleme und Herausforderungen mit sich, etwa Termindruck, Stress und sich ständig ändernde Organisationen, auf die man sich einstellen muss. Gerade dann ist es wichtig, einen Partner an der Seite zu wissen, der diese Themen aus eigener Erfahrung kennt und als „Sparringspartner“ unterstützen kann.