Der Takt, mit dem wir durchs Leben gehen, wird immer schneller. Informationsflut und erforderliche Reaktionsgeschwindigkeit, rasanter Wandel von Prozessen und Techniken, umfassende Anforderungen, vielschichtige Aufgaben – der Kanon der Herausforderungen im Job ist vielstimmig. Gleichzeitig steigt die Zahl psychischer Erkrankungen, der Ruf nach ausgewogener Work-Life-Balance und mehr Sinnerfüllung wird immer lauter. Ein gutes Selbstmanagement und psychische Widerstandskraft sind heute ein Schlüsselfaktor für Erfolg und Zufriedenheit.
In Unternehmen ist die Mitarbeiterzufriedenheit ein entscheidendes Kriterium für den Output. Führungskräfte haben hier eine Schlüsselfunktion: Sie müssen nicht nur Steuermann, Stratege und Sinnstifter sein, sondern mit sich selbst im Reinen und von ihrem Tun erfüllt. Andernfalls droht der Verlust – erst von Überzeugungen, danach von Überzeugungskraft.
Erst wächst der Frust, dann die Fluktuation
Führungskräfte brauchen einen klaren Blick für sich und für andere. Es reicht nicht, Mitarbeiter schlicht in Führungspositionen zu befördern. Sie benötigen vielmehr eine Ausbildung für ihre neue Rolle. Doch nur selten gelingt Unternehmen ein ganzheitliches Training, das den Mitarbeiter ebenso als Führungskraft und Teil eines Teams sieht wie auch als Mensch mit einem Privatleben.
Tatsächlich werden in Unternehmen immer wieder Menschen in unpassende Positionen gesetzt, mit Aufgaben betraut, die gar nicht ihren Fähigkeiten entsprechen oder künstlich klein gehalten. Die Konsequenz: Erst wächst der Frust, dann die Fluktuation. Zudem bleibt ein hohes Maß an Potenzial ungenutzt, sowohl für Mitarbeiter als auch fürs Unternehmen.
Was für einen Coach gilt, gilt auch für Chefs
Einfühlungsvermögen, Zuwendung und Kommunikationsbereitschaft zählen zu jenem Können, das jenseits von Fachwissen und Erfahrung wegweisend für gute Führung ist. Denn im stimmigen Umgang mit dem Team und passenden Aufgaben für den einzelnen Mitarbeiter liegt der Erfolg eines Unternehmens begründet. Mitarbeiter wollen gesehen und in ihrer Individualität wahrgenommen werden. Das verlangt auf Führungsebene nach Kommunikation und Kooperation. Coaching-Kenntnisse können dabei enorm hilfreich sein. Wer über ein tieferes Verständnis für Ursachen und Zusammenhänge verfügt, kann souverän mit herausfordernden Mitarbeitern und Situationen umgehen.
Wie für einen Coach gilt es auch für Chefs, unvoreingenommen und wertfrei im Umgang mit Mitarbeitern zu sein. Erfolgreiche Führungskräfte beherrschen ebenso die Kunst des Zuhörens wie die der wegweisenden Reflektion. Der Mensch bleibt auch beim Arbeiten 4.0 die wichtigste Ressource eines Unternehmens. Je versierter der Umgang mit dieser Ressource ist, desto größer ist der Wettbewerbsvorteil in Zeiten des Fach- und Führungskräftemangels für Unternehmen.
Changemanagement mit Coaching leicht gemacht
Es gibt etliche Situationen, in denen Coachingqualitäten in der Chefetage zum Tragen kommen. Eine davon ist der Moment des Changemanagements. Wenn es gilt, Umstrukturierungen und Veränderungen jeglicher Art zu vermitteln, stoßen Chefs in der Regel auf Sorge und Argwohn bei ihren Mitarbeitern. Das liegt in der menschlichen Natur begründet: Unbekanntes, schwer Einzuschätzendes, wertet unser Gehirn als Risiko und damit als potenzielle Gefahr. Changeprozesse lösen deshalb zahlreiche Emotionen in der Belegschaft aus. Unruhe und Unsicherheit greifen um sich, hemmen Kreativität und Produktivität und beeinflussen das Betriebsklima. Umso hilfreicher ist es dann, wenn Führungskräfte in der Lage sind, sich von der Emotionalität zu lösen, Neutralität zu wahren und die Situation aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten zu können.
Es stellt einen großen Hebel dar, die Emotionalität und Ängste, die Mitarbeiter begleiten, herausfiltern zu können und dann überzeugend zu vermitteln, dass Veränderungen an sich nichts Bedrohliches sind, sondern Chancen zur Weiterentwicklung bieten. Dieses Vermögen birgt einen großen Entwicklungsschub fürs Unternehmen. In solchen Situationen ist es förderlich, wenn Coaching-erfahrene Führungskräfte ihren Mitarbeitern deutlich machen, dass in der Unternehmensgeschichte weder alles schlecht gewesen ist noch die Zukunft nur Verschlechterung bedeutet. Chefs, die auch Coach sind, erinnern an bisherige gemeinsame Erfolge und rücken in einer Umbruchsituation die vorhandenen Stärken des Unternehmens in den Fokus. Sie arbeiten daran, diese Stärken im Team weiterzuentwickeln. Sie agieren zukunfts- und lösungsorientiert. Sie schöpfen aus ihrer Souveränität, die ihnen das Bewusstsein über ihr eigenes Potenzial schenkt. Sie sind wie der Fels in der Brandung bei stürmischer See.
Wissen hilft bei Fragestellung
In Veränderungsprozessen hängt viel von der Kommunikation der Führung ab, ob der Wandel ohne Widerstände gelingt oder nicht. Führungskräfte, die über eine Coachingausbildung verfügen, sind sich der Qualität von Kommunikation bewusst. Sie können mit gezielten Fragen ihr Team anregen, über Dinge neu nachzudenken. Mit dem Hintergrundwissen verschiedener Methodiken sowie der Kenntnis von Beziehungs-, Wahrnehmungs- und Kommunikationsfragen gewinnt die Art der Fragestellung und die Deutung der Antworten im sensiblen Veränderungsprozess an enormer Bedeutung. Coaching-erfahrene Führungskräfte haben ein klares Bewusstsein für potenzielle und vorhandene Widerstände, aber auch für ratsame und erforderliche Weichenstellungen. Der Vorteil: Aus dem Blickwinkel des Coaches legen sie, trotz aller Verbundenheit, die weitverbreitete Unternehmensblindheit ab. Deshalb gelingt es ihnen auch besser, Konflikte zu erkennen und aufzulösen.
Persönlichkeiten setzen Bewegungsimpulse, nicht Prinzipien
„Coach“ leitet sich aus dem französischen Wort für „Kutsche“ ab – ein Transportmittel, das Menschen von einem Ort zum anderen bringt. Chefs mit Coachingkenntnissen bringen Menschen in Bewegung: Sie setzen jene Bewegungsimpulse, die aus Sackgassen, eingefahrenen Wegen und Einbahnstraßen hinaus führen – hin zu neuen Horizonten. Schon Oscar Wilde wusste: „Persönlichkeiten, nicht Prinzipien bringen die Zeit in Bewegung.“ In diesem Sinne sollten Unternehmen ihr Augenmerk auch auf die Persönlichkeitsentwicklung ihrer Führungskräfte legen, um den Herausforderungen von Mensch und Markt erfolgreich zu begegnen. Auf diese Weise lassen sich Mitarbeiter langfristig binden und begeistern. Arbeiten 4.0 verlangt auch nach Führung 4.0.