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Management Wie Konzerne ihre Digitallabore erfolgreich machen können

Unter Sonnenschirmen mit bunten Plastikpapageien arbeiten Mitarbeiter des „d.lab“ der Deutschen Bahn in Frankfurt. Hier arbeitet de Bahn an den Konzepten für eine mobile Zukunfz aus Sicht der Fahrgäste.
Unter Sonnenschirmen mit bunten Plastikpapageien arbeiten Mitarbeiter des „d.lab“ der Deutschen Bahn in Frankfurt. Hier arbeitet de Bahn an den Konzepten für eine mobile Zukunfz aus Sicht der Fahrgäste.
© dpa



Es gibt ein paar Grundregeln die man beachten muss, um Digital-Labore auf Erfolg zu trimmen. Martin Unger über vier Erfolgsfaktoren für Digilabs



Im ersten Teil dieser Reihe: „ Digital-Labs: Dead on Arrival oder Success Story “ habe ich über die Probleme gesprochen, die beim Aufsetzen von Innovationsinitiativen häufig auftreten. In diesem Teil möchte ich Lösungsvorschläge für die im ersten Teil angesprochenen Probleme präsentieren:

#1 Start unter guten Voraussetzungen

Im Zuge einer Richtungsentscheidung müssen sich Geschäftsleitung und Gesellschafter auf eine Digital-Strategie einigen, die klare Ziele für die Gesamtorganisation definiert. Im Rahmen dieser Strategie sollte der Auftrag als Suche nach neuen, vielversprechenden Opportunitäten sowie die Stärkung der eigenen Position kommuniziert werden. Die Botschaft von der Bedrohung durch digitale Spieler oder die Konkurrenz aus China mag in vielen Fällen durchaus zutreffend sein, trotzdem tendieren Innovations-Initiativen dazu auf Basis einer positiven Grundstimmung bessere Ergebnisse zu erzielen, als in einem Klima der Angst.

Anschließend können, basierend auf der Gesamtstrategie, klare, eng abgegrenzte Ziele für ein Digilab festgelegt werden, deren Erreichen anhand von Kennzahlen gemessen wird. Ist ein Ziel die Entwicklung neuer digitaler Geschäftsmodelle in separaten Einheiten, dann könnten Kennzahlen für die Zielerreichung Umsatz oder externe Bewertung dieser Einheiten (in Finanzierungsrunden) sein. Ist ein Ziel hingegen die Unterstützung der digitalen Transformation, dann könnten die Anzahl mit anderen Geschäftseinheiten durchgeführter Workshops oder Kooperationen mit relevanten Start-ups Messgrößen sein.

Die Ziele müssen in jedem Fall in enger Zusammenarbeit mit den relevanten Entscheidern entwickelt und ein klares Bekenntnis zur Strategie sichergestellt werden. So kann mit der Unterstützung dieser Parteien gerechnet werden, wenn Widerstände bei der Umsetzung aufkommen. Vor allem bei auf die mittelfristige Zukunft gerichteten Initiativen ist es sehr wichtig, von Anfang an klar zu kommunizieren, dass es sich um eine Investition in die Zukunft handelt und daher nicht unmittelbar mit einer hohen Rendite zu rechnen ist. Dementsprechend müssen Ziele realistisch gefasst werden und Erwartungen innerhalb der Organisation gemanagt werden.

#2 Zum Ziel passende Organisationsform

Um die definierten Ziele zu erreichen, muss die am besten geeignete organisatorische Struktur gefunden werden. Grundsätzlich gilt: je näher die Aktivitäten des Vehikels am Kerngeschäft der Mutter sind, umso sinnvoller ist es, das Vehikel stärker an die Mutter zu binden. Je weniger Anbindung an die Mutter nützlich und sinnvoll ist, um so unabhängiger sollte das Vehikel aufgesetzt werden, um von den Vorteilen profitieren zu können, die das Start-up-Umfeld normalerweise bietet: keine Altlasten, keine starren Prozesse, dafür aber eine stark pragmatisch, unternehmerisch getriebene Unternehmenskultur. Mit Hilfe der für das Vehikel definierten Kennzahlen und den daran orientierten Anreizsystemen können Teams und Mitarbeiter dann beispielsweise über “Objectives and Key Results” effizient auf die Ziele der Organisation ausgerichtet werden.

#3 Die richtigen Mitarbeiter wählen

In einer Umgebung, deren Zweck das Erfassen komplexer Problemstellungen und das eigenverantwortliche Entwickeln neuartiger, nützlicher Lösungsansätze ist, macht das Team letztendlich noch mehr als sonst den Unterschied aus. Deshalb sollte man die benötigten Stellenprofile sowie den Such-, Interview- und Einstellungsprozess in Zusammenarbeit mit Profis auf dem Gebiet moderner Personalgewinnung gestalten. Dabei muss darauf geachtet werden, dass die Profile zur anvisierten Unternehmenskultur und Organisationsform passen, um Mitarbeiter langfristig halten zu können und dafür zu sorgen, dass sie ihr Potenzial bestmöglich entfalten.

Insbesondere in einem volatilen Umfeld, in dem sich sowohl die Anforderungen als auch Bedingungen ständig ändern, ist es wichtig, Mitarbeiter einzustellen, die neugierig sind und sich ständig neues Wissen und neue Fertigkeiten aneignen wollen und können. Die übliche Fokussierung auf Lebenslauf und Vorerfahrung ist in einem solchen Setting meiner Meinung nach wenig sinnvoll. Wir achten auf außergewöhnlich starke “Soft Skills”, wie Kommunikationsfähigkeit, Offenheit, Kritikfähigkeit, kritisches Denken und selbständiges Arbeiten.

Auch wenn klar ist, dass es schwer ist, gute Mitarbeiter zu finden und man viel Zeit damit verbringt, nach den richtigen Profilen zu suchen, lohnt es sich, hier keine Kompromisse einzugehen. Nichts ist schlimmer als wenn durch schlechte Einstellungsentscheidungen Teamgeist, Leistungsfähigkeit und Motivation negativ beeinträchtigt werden.

#4 Kommunikation richtig aufsetzen

Um Frustrationen und Fehlentwicklungen zwischen Mutter und Vehikel vorzubeugen und entgegenzuwirken, sollte man regelmäßige Gelegenheiten zum Informationsaustausch unter den Mitarbeitern schaffen. Hier können beide Seiten über Entwicklungen, Fortschritte und Erfolge berichten, aber auch Probleme ansprechen und gemeinsame Initiativen ausloten. Manche externe Vehikel haben sogar eine gesonderte Stelle geschaffen, die nur eine Aufgabe hat: Kommunikation in Richtung der Mutter.

Neben Treffen im Führungskreis und einem pragmatischen Reporting ist es sinnvoll, in der Mutterorganisation feste, „Innovation-Buddies“ als Ansprechpartner für unterschiedliche Themen zu bestimmen. Diese kommunizieren dann in die Hauptorganisation hinein und helfen dann beispielsweise beim Auffinden von Ansprechpartnern für bestimmte Problemstellungen. Die größte Hürde besteht meist darin, kulturelle Unterschiede zwischen den Organisationen zu akzeptieren, anzunehmen und letztlich auch zu fördern.

Vielfalt bringt unterschiedliche Sichtweisen auf ein Problem und birgt einen größeren Fundus an Problemlösungsstrategien, aus dem man schöpfen kann. Vielfalt sollte folglich mit Nachdruck als Stärke kommuniziert werden. Es muss klar werden, dass alle zusammen, aber gleichzeitig auch jede Teilorganisation auf unterschiedliche Weise für die erfolgreiche Zukunft der Gesamtorganisation arbeiten. Gelingt es, die entscheidenden Mitarbeiter für eine Zusammenarbeit zu begeistern, dann kann mit vereinten Kräften mehr erreicht werden als in einem mehrheitlich homogenen Umfeld. So können beispielsweise in der Hauptorganisation die Kernprodukte weiterentwickelt werden, während ein externes Vehikel mit einem „Lean Start-up“-Ansatz Opportunitäten in anderen Märkten austestet.

Natürlich können und werden auf diesem Weg sehr viele Dinge schief gehen oder schlicht nicht funktionieren. Wenn man aber bereit ist, sich zu hinterfragen, Feedback anzunehmen und auf Grundlage dessen eine Lösung zu entwickeln, kann man die Rückschläge in wertvolle Erfahrungen verwandeln. Letztendlich bietet die Digitalisierung unglaubliche Möglichkeiten und wir leben in einer unglaublich spannenden Zeit. Es gibt viel zu tun, packen wir es an!

That’s all folks

Martin Unger ist Managing Director und CTO bei WattX, dem Company Builder des mittelständischen Heizungsproduzenten Viessmann.

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