Passend zum Start der UN-Klimakonferenz in Dubai benennen Kritiker den vermeintlichen „Elefant im Raum“: Wie kann die COP28 ausgerechnet in dem Land stattfinden, das zu den größten Erdöl-Exporteuren der Welt zählt? Eine Antwort darauf: Genau deswegen.
Bleibt man der guten alten Weisheit „das Übel an der Wurzel packen“ treu, müsste Dubai selbst aus Sicht von Kritikern genau der richtige Ort sein, um all das „Braun“ in mehr „Grün“ zu verwandeln.
Stattdessen zeigen sich Organisationen wie Greenpeace „zutiefst beunruhigt“ darüber, dass der Industrieminister der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), Sultan Ahmed Al Jaber, zum Leiter der Konferenz erkoren wurde. Warum? Zum Beispiel, weil Al Jaber gleichzeitig auch Chef des staatlichen Ölkonzerns Adnoc ist. Hier sehen Kritiker einen Widerspruch. Letztlich ginge es dem Sultan und damit den VAE in erster Linie darum, ihr Geschäft profitabel zu halten.
VAE mit ambitionierten Klimazielen
Dass der Konzern – wie in der Regel alle Konzerne – vorhat weiter zu wachsen, ist unbestritten. Dass die VAE von ihren massiven Ölexporten enorm profitieren, gehört ebenfalls zur Wahrheit. Doch was könnte unserer Erde Besseres passieren als ein Land, das zu den größten Ölriesen weltweit zählt, zum Ausrichterland einer Konferenz zu machen, die sich die Rettung des Klimas zum Ziel gesetzt hat?
Die VAE stehen damit in einer besonderen Verantwortung. Und auch die Klimaziele des Golfstaates sind besonders: Bis 2050 wollen die Vereinigten Arabischen Emirate klimaneutral werden. Ohne Zweifel ein ehrgeiziges Vorhaben. Aber immerhin: Mehr als 40 Mrd. Dollar haben die Emirate bereits in Erneuerbare Energien investiert. Tendenz steigend. Wasser auf die Mühlen? Vielleicht. Vielleicht auch nicht.
So oder so: Der grüne Zeigefinger sollte – wie bei so vielen Themen unserer Zeit – beweglich bleiben.
Auch die Öl-Abnehmer sind in der Verantwortung
Die VAE mögen sich durch ihre Ölexporte zu einem der reichsten Länder der Welt katapultiert haben. Doch grundsätzlich gilt: Wo Bedarf, da auch Nachfrage. Deutschland zählte 2022 zu den zehn größten Erdölverbrauchern der Welt. Zwar sind die VAE keiner unserer Hauptlieferanten. Das ändert aber nichts daran, dass wir hierzulande hohe Mengen Öl importieren, um unsere Industrie und Wirtschaft am Laufen zu halten. Als einer der erfolgreichsten Industrienationen der Welt sind wir zwangsläufig Teil eines klimaunfreundlichen Rohstoffclubs, bestehend aus Anbietern und Abnehmern. Welches Land also wäre denn ein angemessener Ausrichter der diesjährigen UN-Klimakonferenz gewesen?
Auch die erhobenen Anschuldigungen der BBC werden von Kritikern als Argument genutzt, um die VAE als Ausrichterland zu kritisieren. Demnach sollen die Vereinigten Arabischen Emirate auf der Klima-Konferenz offenbar neue Öl-Deals beschließen wollen. Spannende Fragen hierbei: Mit welchen Ländern werden diese Deals denn geschlossen? Und gehen wir mit diesen Staaten ebenso kritisch ins Gericht?
Diese Fragen gilt es zu klären, bevor sich der moralische Zeiger wie bei einer stehengebliebenen Uhr nur auf eine Instanz festfährt.