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COP27 Das sind die Beschlüsse der Weltklimakonferenz

Abgenutztes Schild auf der COP27: Über den Erfolg der Weltklimakonferenz gibt es unterschiedliche Ansichten
Abgenutztes Schild auf der COP27: Über den Erfolg der Weltklimakonferenz gibt es unterschiedliche Ansichten
© IMAGO/Achille Aboud
Die Weltklimakonferenz in Sharm El-Sheikh ist beendet. Vieles, was auf den letzten Metern beschlossen wurde, galt im Vorfeld als nahezu ausgeschlossen. Doch ausreichend sei das trotzdem nicht, kritisieren Umweltschützer

Dieser Artikel liegt Capital.de im Zuge einer Kooperation mit dem Climate.Table Professional Briefing vor – zuerst veröffentlicht hatte ihn Climate.Table am 20. November 2022.

Noch vor einer Woche – zur Halbzeit der COP27 – galt es als nahezu ausgeschlossen, dass es einen Fonds für „Loss & Damage“ geben würde. Nun ist er beschlossen und soll im nächsten Jahr in Kraft treten. Es ist eine historische Entscheidung, denn Entwicklungsländer fordern seit 30 Jahren ein Finanzinstrument, das bei Verlusten und Schäden in Folge des Klimawandels greift. Ein wichtiger Durchbruch, sagt Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch. Die Bundesregierung habe maßgeblich dazu beigetragen, dass sich die EU und andere Industrieländer für diesen Fonds erwärmen konnten.

Loss & Damage: Historische Einigung

Die Einigung zu Loss & Damage auf der COP27 beinhaltet:

  • Einen neuen Fonds für besonders gefährdete Entwicklungsländer
  • Weitere Finanzierungsmaßnahmen über den Fonds hinaus
  • Neue zusätzliche finanzielle Mittel aus unterschiedlichen Quellen, darunter auch die Weltbank und der internationale Währungsfonds
  • Die Einrichtung eines Übergangsausschusses, der bis zur COP28 Details klären und Vorschläge machen soll

In der Nacht zum Sonntag wurde noch gerungen, ob nur „besonders gefährdete“ Entwicklungsländer oder alle Entwicklungsländer als Empfänger für Gelder aus den „Loss & Damage“-Finanzinstrumenten infrage kommen sollten. Eine Formulierung, die alle Entwicklungsländer vom Stand 1992 als Nehmerländer einstufte, wurde kurz vor dem Abschlussplenum der COP gestrichen.

Genauso umstritten war die Frage, wer die Gelder bereitstellen sollte. Die EU und später auch einige Inselstaaten pochten darauf, dass neue Finanzquellen aufgetan werden müssten – so weit, so vage. Die ursprüngliche EU-Forderung sah vor, dass die Gruppe der Geberländer erweitert wird. Somit hätten die mittlerweile wohlhabenden Schwellenländer wie China, Indien, Südkorea, Indonesien, Mexiko und die ölreichen Staaten ebenfalls in den Fonds zahlen müssen. „Die EU wollte China und die Golfstaaten zu Beitragszahlern machen – aber sie hatte am Schluss nicht den Mut für die notwendige Konfrontation“, analysiert David Ryfisch, Leiter des Teams Internationale Klimapolitik bei Germanwatch.

Die neue Formulierung schließt die Erweiterung der Beitragszahler zwar nicht aus, ist aber auch nicht besonders explizit. Es ist nun Aufgabe des Übergangsausschusses, neue Finanzierungsquellen für „Loss & Damage“ vorzuschlagen. Bedeutet: Die Debatte, ob China als historisch zweitgrößter Emittent auch Verantwortung für den Schaden am Klima übernehmen muss, ist keineswegs beendet, sondern lediglich auf die COP28 verschoben.

Mitigation Work Programme: 1,5 Grad-Ziel wackelt

Der Fahrplan zur weltweiten Treibhausgasreduktion war für die Europäer auf der COP von enormer Bedeutung. Es sollte ein ambitionierter Pfad zum Erreichen des 1,5-Grad-Ziels werden. Doch er fällt hinter die Erwartungen vieler zurück. „In Glasgow haben wir die 1,5 noch erhalten können. Bei dieser COP sind wir an einer Schnittstelle, wo sie verlieren könnten“, sagte Franz Perrez, Chefverhandler der Schweiz.

Das Arbeitsprogramm zur Treibhausgasminderung:

  • Läuft bis 2026 mit Option zur Verlängerung
  • Fordert Länder auf, ihre nationalen Klimaziele nach 1,5-Grad-Pfad auszurichten
  • Legt die sektorale Betrachtung der THG-Minderung (gemäß IPCC-Report) fest
  • Fordert eine jährliche Berichterstattung auf der COP über Fortschritte
  • Fordert Finanzmittel für Just Energy Transition Partnerships (JETPs)

Die Industriestaaten hätten sich noch ambitioniertere Vorgaben gewünscht, die sie als Hauptemittenten auch selbst am ehesten hätten umsetzen müssen. Dabei auch noch weniger ambitionierte Vorgaben wären möglich gewesen: In einer früheren Version des Texts hieß es, dass das Arbeitsprogramm nicht zu höheren Klimazielen führen dürfe. Für die EU ein absolutes No-Go, was sie der ägyptischen COP-Präsidentschaft auch deutlich machte. Ohne höhere Klimaziele (NDCs) wäre das 1,5-Grad-Ziel außer Reichweite. Die EU setzte sich durch, doch die Frage ist, zu welchem Preis.

Cover Decision: Shoukrys Vermächtnis

Der Preis könnte ein Kuhhandel gewesen sein, denn der Abschlusstext – Cover Decision genannt – fällt hinter Glasgow zurück und dürfte noch lange für schlechte Laune unter den europäischen Verhandlern sorgen.

In der Mantelentscheidung steht:

  • Auslaufen der Kohlekraft ohne CO2-Abscheidung und Spreicherung (wie Glasgow)
  • Abschaffung „ineffizienter“ Subventionen für fossile Brennstoffe (wie Glasgow)
  • Reduzierung der globalen Emissionen um mindestens 43 Prozent bis 2030 im Vergleich zu 2019
  • saubere und gerechte Umstellung auf erneuerbare Energien
  • Ausbau von „emissionsarmen und erneuerbaren“ Energien

Besonders der letzte Punkt lässt viele Fragen offen, denn „emissionsarm“ bedeutet auch Gas und Atomstrom. Aus dem Umfeld von EU-Klimakommissar Frans Timmermans hieß es am Sonntag zwar, dass lediglich Gas mit CO2-Abscheidung als „emissionsarm“ gilt. David Ryfisch von Germanwatch schätzt jedoch, dass andere Länder die Formulierung anders interpretieren werden.

Was nicht drinsteht

Es gibt jedoch auch positive Signale des „Sharm El-Sheikh Implementations Plans“. So wird der beschleunigte Ausbau von Erneuerbaren Energien in der Cover Decision auch in EU-Kreisen als Fortschritt gewertet. Viel wichtiger als das, was in der Cover Decision steht, ist das, was nicht drinsteht:

  • Kein Emissionspeak 2025 (EU-Forderung)
  • Kein Satz zu Methan
  • Kein Fossil Phase-out/down

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Eine Allianz von 80 Staaten (darunter auch die USA, Indien und die EU) hatten am Samstagabend nachdrücklich versucht, auf den in Glasgow gezeigten Ambitionen aufzubauen. Sie forderten explizit einen „Phase-out“ aller fossilen Energieträger. Doch der COP-Präsident Sameh Shoukry ignorierte den Vorstoß, da der Widerstand insbesondere aus den ölreichen Ländern wie Saudi-Arabien zu massiv war. Stattdessen legte die Präsidentschaft den nun beschlossenen Text zur „Friss oder stirb“-Abstimmung vor, sagt Christoph Bals. Am Schluss hat sich nach einer durchverhandelten Nacht um 7 Uhr morgens keines der 80 Ländern nochmal zum Protest erhoben.

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