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Anti-Woke-Bewegung Deutsche Banken bleiben in Klima-Allianz trotz Ausstieg der Amerikaner

Bankentürme in Frankfurt
Anders als US-Großbanken wollen deutsche Kreditinstitute bei ihren Net-Zero-Zielen bleiben
© Schoening | Schoening / Picture Alliance
Kurz vor Trumps Amtsantritt hat mit JP Morgan die letzte der sechs großen US-Banken die Klimaschutz-Allianz NZBA verlassen. Die drei deutschen Mitglieder bekennen sich hingegen weiter zu den Zielen

Nach dem Ausstieg von sechs US-Großbanken aus der Net-Zero Banking Alliance (NZBA) haben die drei deutschen Mitglieder bekräftigt, ihre Aktivität für Klimaschutz fortzusetzen. Die Deutsche Bank, die Commerzbank und die Pro Credit Holding erklärten auf Anfrage des Wirtschaftsmagazins Capital, es gebe für sie derzeit keinen Grund aus der NZBA auszusteigen. Die NZBA ist eine der weltweit führenden Klima-Koalitionen im Bankensektor. Ihr gehören nach eigenen Angaben 141 Banken aus 44 Ländern an.

„Aktuell sehen wir keine Veranlassung unsere Mitgliedschaft in der NZBA zu beenden“, erklärte die Commerzbank auf Capital-Anfrage. „Kern unserer Nachhaltigkeitsstrategie ist unsere Verpflichtung, Net-Zero-Bank zu werden.“ Die Commerzbank habe sich zum Ziel gesetzt, die Treibhausgasemissionen ihres Kredit- und Investmentportfolios bis spätestens 2050 auf netto Null zu reduzieren. Die Deutsche Bank verwies auf eine Stellungnahme ihres Nachhaltigkeitschefs Jörg Eigendorf auf Linkedin. Im Dezember hatte er dort geschrieben: „Wir als Deutsche Bank bleiben dem NZBA verpflichtet und werden unsere Netto-Null-Verpflichtung weiter umsetzen.“ Die Deutsche Bank war einer der 42.

Die unbekanntere Bankengruppe Pro Credit Holding aus Frankfurt will ebenfalls Mitglied bleiben. „Für uns gibt es aktuell keinen Anlass, daran etwas zu ändern“, sagte Vorstandsvorsitzender Hubert Spechtenhauser Capital. Ähnlich wie die Commerzbank will das Institut bis 2050 klimaneutral sein. „Der menschengemachte Klimawandel erfordert aus unserer Sicht ein Handeln vieler Akteure auf allen Ebenen mit wissenschaftlich fundierten Klimaverpflichtungen“, so Spechtenhauser. 

US-Banken geben Nachhaltigkeit auf

Mit JP Morgan hatte kürzlich die letzte der sechs großen US-Banken das Bündnis verlassen. Zuvor waren bereits Goldman Sachs, Wells Fargo, Citi, Bank of America und Morgan Stanley ausgestiegen. In den USA gehören jetzt nur noch drei kleine Banken der Allianz an.

"Es deutet vieles darauf hin, dass die Institute mit diesem Schritt auf den veränderten politischen Zeitgeist reagieren", sagte Christoph Ruth von der auf die Finanzbranche spezialisierten Unternehmensberatung Capco. "Besonders die MAGA-Republikaner betonen seit Jahren ihre Unterstützung für die Nutzung der fossilen Energiereserven der USA." Die jüngsten Entwicklungen stellen Ruth zufolge "sowohl für die NZBA als auch für die Klimabewegung eine erhebliche Herausforderung dar".

Auch die Fondsbranche nimmt unter dem Druck von Klagen republikanisch regierter Bundesstaaten von ESG-Anlagen zunehmend Abstand. Der weltweit größte Vermögensverwalter Blackrock will die Klima-Allianz ebenfalls verlassen. Damit verabschiedet sich die US-Finanzbranche vom Kampf gegen den menschengemachten Klimawandel. 

Die Banken vermieden es weitgehend, einen direkten Grund für ihren Austritt aus der NZBA zu nennen. Stattdessen erklärten sie, dass sie ihren Kunden weiterhin beim Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft helfen und ihre Maßnahmen offenlegen wollen. Eine Analyse der Syndizierungsgebühren aus der Emission von Krediten und Anleihen im Dezember durch den Thinktank Anthropocene Fixed Income Institute zeigte, dass alle ausscheidenden Banken in den USA mehr mit fossilen Brennstoffen als mit grüner Energie verdienen.

„Woke Capitalism“

Das Ausscheiden der Banken fügt sich in einen Trend bei US-Unternehmen ein, sich den politischen Positionen des künftigen Präsidenten Donald Trump und seiner republikanischen Partei anzunähern. Dazu zählt die Leugnung des wissenschaftlich belegten menschengemachten Klimawandels wie auch der Schutz von Minderheiten und Menschen aus der Queer-Community. 

So hatte beispielsweise die Fastfood-Kette McDonalds angekündigt, ihre Initiativen für Diversität, Gleichstellung und Inklusion einzustellen. Viele republikanische Politiker und ihrer Anhänger bezeichnen progressive gesellschaftliche Themen wie auch den Kampf gegen Klimaaktivismus als „woke“ und beschimpfen nachhaltige Anlagen als „Woke Capitalism“. In diesem Kontext steht auch die Ankündigung von Meta (Facebook, Instagram, Whatsapp) den Faktencheck aufzugeben. Damit können User die für Trump typischen „alternativen Fakten“ wie auch Hassrede unkontrolliert verbreiten.

Klagen gegen Blackrock und andere

Elf republikanisch regierte Bundesstaaten, darunter Texas, verklagten in der Vergangenheit die drei Fondsgesellschaften Blackrock, Vanguard und State Street. Die Staaten werfen den großen Vermögensverwaltern vor, durch ihren Klimaaktivismus gegen Kartellgesetze verstoßen und dadurch die Kohleproduktion reduziert und die Energiepreise in die Höhe getrieben zu haben. Der von der Öl-Industrie dominierte Bundesstaat Texas hatte zuvor schon seinem Pensionsfonds verboten, nachhaltig zu investieren, im vergangenen Jahr wurden 8,5 Mrd. Dollar Anlagegelder bei Blackrock abgezogen.

ESG-Kriterien seien ein Hindernis für mehr Gewinne, behauptet unter anderem der amerikanische Gründer und ehemalige Präsidentschaftsbewerber Vivek Ramaswamy, der künftig an der Seite von Elon Musk Präsident Trump beim Zusammenstreichen des US-Staatsapparates beraten soll. 

Larry Fink war eigentlich mal für Klimaschutz

Blackrock-Gründer und Boss Larry Fink zählte vor wenigen Jahren – neben JP Morgan-CEO Jamie Dimon, zu den lautesten Stimmen in der Finanzbranche, die sich für einen Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit aussprachen. Fink prägte das ESG-Mantra „Klimarisiken sind Anlagerisiken“, das er in einem seiner jährlichen Briefe an seine Investoren ausführte. Insofern dürfte es spannend werden, ob Fink zum Jahresbeginn nun einen Brief veröffentlicht – und was darin nach dem erklärten Austritt aus der Klima-Allianz stehen wird.

Dem Klimaschutz-Bündnis NZBA gehören aus den USA nun nur noch kleinere Institute wie die Amalgamated Bank, die Areti Bank oder die Climate First Bank an. Ihre Mitglieder zielen darauf ab, ihre Finanzierung mit dem globalen Klimaschutz in Einklang zu bringen. 

Mit Reuters

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