Es war kein guter Jahresauftakt für die Tesla-Aktie: Als der Elektroauto-Hersteller vergangene Woche für 2024 erstmals einen sinkenden Fahrzeugabsatz meldete, brach der Titel um rund sechs Prozent ein. Das war nicht nur ein Schlag für Tesla-Aktionäre, sondern auch für all diejenigen, die in den Industrieländer-Aktienindex MSCI World über einen ETF investiert sind. In dem Index ist die Tesla-Aktie mit einem Gewicht von 1,7 Prozent der sechstgrößte Wert.
Erholt hat sich die Aktie von diesem Kursrutsch noch nicht, seit Jahresbeginn ist ein Minus von 2,6 Prozent aufgelaufen – das allerdings nach einem Plus von rund 66 Prozent im Vorjahr. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 108 ist der Titel zudem extrem hoch bewertet im Vergleich zum Gesamtmarkt. Das KGV im US-Leitindex S&P 500 liegt bei knapp 28 und damit bereits deutlich über dem historischen Durchschnitt. Viele Autoaktien wie Mercedes-Benz oder Toyota haben einstellige KGVs.
„Teuerste Autoaktie“
„Tesla ist die mit Abstand teuerste Autoaktie auf dem Markt, sofern man sie als Autoaktie einstufen kann“, sagt Moritz Kronenberger, Portfoliomanager bei Union Investment, zu Capital. Er erläutert, warum er trotz stagnierenden Autoabsatzes und der Beratertätigkeit des Großaktionärs Elon Musk für den künftigen US-Präsidenten Donald Trump in die Aktie investiert ist. Apropos Politik: Zur Einmischung Musks, der bei Tesla den Titel „Technoking“ führt, in die europäische Politik wollte er sich nicht äußern.
Union Investment ist laut LSEG-Daten mit rund 0,4 Prozent an Tesla beteiligt, rund drei Viertel der Aktien liegen im UniGlobal, dem globalen Aktien-Flagschifffonds des Hauses. Hier gehört Tesla aber nicht zu den zehn größten Positionen. Musk selbst hält 12,8 Prozent an Tesla, danach folgen Vanguard, Blackrock und State Street, die größtenteils über ETFs investiert sind. Der norwegische Staatsfonds hält rund ein Prozent an dem Unternehmen.
Kronenberger zufolge ist Tesla aber kein reiner Autohersteller. „Das Unternehmen ist weit mehr als ein herkömmlicher Autobauer. Es ist vielmehr ein Venture Capital-Fund, der den benötigten Free Cashflow mit dem Verkauf von Elektroautos verdient, um dann wiederum Forschungssynergien in andere Bereiche zu transportieren und dort zu wachsen“, sagt er. Richtig sei, dass schwache Auto-Absatzzahlen den Gewinn von Tesla auswirken, weil sie direkt auf Umsatz, Marge und Kosten pro Fahrzeug durchschlagen. Er rechne jedoch mit weiterem Wachstum. „Grundsätzlich sollte das Unternehmen absatzseitig weiter wachsen, um genügend Free Cashflow zu verdienen, der wiederum dafür genutzt wird, andere innovative Projekte zu finanzieren.“
Wann kommen Robotaxis?
Tesla sei jedoch auch ein Unternehmen im Bereich Künstliche Intelligenz, das „versucht, den Durchbruch zu autonom fahrenden Autos zu vollziehen und humanoide Roboter zu entwickeln“. Diese Weiterentwicklungen hätten ihre Keimzelle im Autogeschäft, die Software für autonom fahrende Autos könne „weiterentwickelt werden, um Roboter zu betreiben, die beispielsweise menschliche Arbeit in den Fabriken ersetzen“.
Bislang konnte Tesla seine Versprechen zu selbstfahrenden Autos aber nicht halten. Mit weiteren Verzögerungen rechnet etwa Morningstar-Analyst Seth Goldstein. „Die Markteinführung von Robotaxis dürfte hinter dem Zeitplan des Managements hinterherhinken und erst nach 2026 erfolgen“, sagt er. Goldstein sieht die Aktie von Tesla bei 210 Dollar fair bewertet, aktuell kostet sie knapp 395 Dollar. Der Reuters-Analystenkonsens liegt bei 290 Dollar.
Branchenexperten kritisieren etwa, dass Tesla für die selbstfahrenden Autos ausschließlich auf Kameras, nicht aber wie Konkurrenten auch auf Sensoren setzt. Schon vor zwei Jahren sprach der bekannte Wirecard-Shortseller Fraser Perring im Capital-Interview von Betrug in Zusammenhang mit dem „Autopilot“ genannten System für autonomes Fahren bei Tesla.
Tesla wächst bei Energiespeichern
Neben autonomem Fahren und Robotern sieht Kronenberger Wachstumspotenzial bei der Stromspeicherung als Weiterentwicklung der bei E-Autos eingesetzten Batterien. Daraus sei die Sparte Energy Storage hervorgegangen, die sich nun mehrere Jahre in Folge verdoppelt habe und einen immer größeren Anteil am Gesamtunternehmen ausmache. Für Kronenberger stellt sich somit die Frage, ob Tesla in zehn Jahren weiterhin mehrheitlich sein Geld mit dem Verkauf von Autos verdient oder ob andere Geschäftsmodelle wie etwa Robotaxis oder humanoide Roboter dominieren?
Hilfreich für das Unternehmen könnte hierbei Musk künftige Tätigkeit als Berater für Präsident Trump sein. Er soll in dessen Auftrag den Regierungsapparat deutlich verkleinern. Musk habe sich bislang zu seinem Anteil an Tesla bekannt, betont Kronenberger, „weswegen wir davon ausgehen, dass er seinen beratenden Einfluss nutzen wird, um positiven Einfluss im Sinne neuer Wachstumsopportunitäten für Tesla politisch zu unterstützen.“
Dem Portfoliomanager zufolge könnten dies „Lockerungen zur Zulassung autonom fahrender Autos sein, was Tesla ein komplett neues Geschäftsmodell eröffnen würde“. Er kündigte an, Trumps neue Rolle genau im Blick zu behalten: „Wir verfolgen eng die weitere Entwicklung und Einbindung von Elon Musk in die neue Trump-Administration und prüfen unsere Investitionsentscheidungen stetig neu.“