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Donald Trump Merz: Zölle würden „die deutsche Exportwirtschaft ins Mark treffen“

Kanzler Friedrich Merz und US-Präsident Donald Trump Ende Juni beim NATO-Gipfel
Kanzler Friedrich Merz (links) und US-Präsident Donald Trump Ende Juni beim NATO-Gipfel
© Matthias Schrader / Picture Alliance
Kanzler Friedrich Merz drängt auf eine Einigung im Zollkonflikt zwischen der EU und den USA. Nun stellt sich die Strategiefrage

Nach der Androhung von US-Zöllen in Höhe von 30 Prozent gegen die EU wollen die Europäer eine Verhandlungslösung mit Washington vorantreiben. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sagte am Sonntag, solche Zölle würden „die deutsche Exportwirtschaft ins Mark treffen“. Er setze sich „intensiv“ dafür ein, bis zum 1. August „eine Lösung hinzubekommen“. Um eine Verhandlungslösung zu ermöglichen, setzte die EU geplante Gegenzölle gegen die USA vorerst aus.

Merz sagte am Sonntagabend im „Sommerinterview“ der ARD, wenn die Zölle in Höhe von 30 Prozent kämen, „dann könnten wir große Teile unserer Anstrengungen um die Wirtschaftspolitik hintanstellen, denn das würde alles überlagern“. Ziel sei es daher, „dafür zu sorgen, dass eben diese Zölle in dieser Größenordnung nicht kommen“.

Voraussetzung sei die Geschlossenheit in der EU und ein „vernünftiger Gesprächsfäden zum amerikanischen Präsidenten“. Merz sagte, er habe am Freitag „intensiv“ mit US-Präsident Donald Trump gesprochen und am Wochenende mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.

Trump hatte am Samstag einen neuen pauschalen Zollsatz auf EU-Produkte von 30 Prozent ab August angekündigt. Er begründete seine Drohung in einem Schreiben mit dem angeblichen Handelsüberschuss der EU. Der 30-Prozent-Zollsatz ist erheblich höher als die 20 Prozent, mit denen er der EU zunächst Anfang April gedroht hatte.

Ende Mai hatte Trump dann außerdem einen Zollsatz in Höhe von 50 Prozent angekündigt, der schon zum 1. Juni in Kraft treten sollte. Später verschob er die Frist auf den 1. August, während die Verhandlungen mit EU-Vertretern andauerten. Die jetzt angekündigten 30 Prozent verkündete er also noch während der laufenden Verhandlungen. 

EU verschiebt Gegenzölle

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gab am Sonntag die Verschiebung von geplanten Gegenzöllen der EU an. Dies solle weitere Verhandlungen über eine Beilegung des Handelskonflikts ermöglichen, sagte sie in Brüssel. Dabei geht es um Gegenzölle, die die EU bereits vor der 30-Prozent-Ankündigung von Trump wegen höherer US-Einfuhrzölle auf Stahl und Aluminiums vorbereitet hatte und die in der Nacht zum Dienstag in Kraft getreten wären – sie bleiben nun bis August weiter ausgesetzt. Die Gegenzölle richten sich gegen US-Produkte im Umfang von rund 21 Mrd. Euro, eine erste Liste umfasst US-Produkte wie Jeans und Motorräder.

Derzeit arbeiten die EU-Staaten auch an einer zweiten Liste mit US-Produkten im Wert von insgesamt bis zu 95 Mrd. Euro. Trump droht jedoch damit, im Falle von EU-Gegenmaßnahmen wiederum mit noch höheren Zöllen auf EU-Produkte zu reagieren. Von der Leyen hob hervor, dass EU immer deutlich gemacht habe, dass sie eine Verhandlungslösung mit den USA bevorzuge. „Das bleibt der Fall und wir werden die Zeit nutzen, die wir nun bis zum 1. August haben.“

Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) warnte, die Hand der EU bleibe zwar „ausgestreckt, aber wir werden nicht alles mitmachen“. „Wenn eine faire Verhandlungslösung nicht gelingt, dann müssen wir entschlossene Gegenmaßnahmen treffen, um Arbeitsplätze und Unternehmen in Europa zu schützen“, sagt der SPD-Chef der „Süddeutschen Zeitung“.

„Eine Unverschämtheit“

Der Chef des Handelsausschusses im EU-Parlament, Bernd Lange (SPD), bezeichnete Trumps Brief an die EU als „eine Unverschämtheit“. Er forderte von der Leyen auf, robuster als bisher auf die Zolldrohungen aus den USA zu reagieren.

Deutschland ist nach Irland das EU-Land mit dem höchsten Überschuss im Handel mit den USA. Entsprechend besorgt reagierte die deutsche Industrie auf Trumps neue Zolldrohung. Diese sei „ein Alarmsignal für die Industrie auf beiden Seiten des Atlantiks“, erklärte Wolfgang Niedermark von der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). Er forderte Bundesregierung, EU-Kommission und US-Regierung auf, „jetzt sehr zügig in einem sachlichen Dialog Lösungen zu finden und eine Eskalation zu vermeiden“.

EU und USA: Wie weit waren die Verhandlungen zuletzt?

Auf dem Tisch lag eigentlich der Entwurf für eine gemeinsame Erklärung. Die meisten EU-Staaten waren grundsätzlich bereit, einen neuen US-Basiszollsatz zu akzeptieren. Dieser sollte allerdings bei zehn Prozent oder darunter liegen und nicht bei 30 Prozent. Zudem war man bereit zuzusichern, an einem Abbau des Handelsdefizits zu arbeiten – etwa durch den verstärkten Import von Flüssigerdgas (LNG) aus den USA. Klargemacht hatte die EU allerdings etwa auch, dass sie von Trump kritisierte Regeln für die Digitalwirtschaft nicht ändern wird.

Warum setzt die EU nicht schon lange auf mehr Druck?

Als Hintergrund gilt insbesondere die Abhängigkeit in Verteidigungsfragen. So gibt es die Sorge, Trump könne im Fall eines verschärften Handelskonflikts neue Drohkulissen aufbauen – beispielsweise indem er erneut die militärische Beistandspflicht innerhalb der Nato infrage stellt oder die Unterstützung für die Ukraine zurückfährt. Beides sind äußerst sensible Themen angesichts der Bedrohungen durch Russland.

Welche Zölle gelten jetzt schon mit den USA?

In den USA wird auf Waren aus der EU derzeit grundsätzlich ein Zoll von zehn Prozent fällig. Für Autos aus der EU gilt bereits ein erhöhter Zollsatz von 25 Prozent. Für Stahl- und Aluminiumprodukte müssen Importeure Aufschläge von 50 Prozent zahlen, darunter auch auf den in Kühlschränken oder Waschmaschinen verbauten Stahl.

dpa/afp/ess

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