Wie die Schachereien in den Arbeitsgruppen bei den Koalitionsverhandlungen wohl ablaufen? „So“, eröffnet dann vielleicht ein Vertreter aus dem CDU/CSU-Lager die Runde. „Wir wollten ja vor der Wahl in der alten Regierungskonstellation eigentlich schnell noch beschließen, dass künftig die Aktionäre über Vorstandsgehälter abstimmen. Aber diesen schönen Plan habt Ihr uns dann ja noch gründlich vermasselt! Was ist denn in Euch gefahren, liebe Genossen?“ Und von der SPD-Seite schallt es herüber: „Liebe Kollegen, das reichte einfach nicht! Für die Bonzen-Bosse hätte sich doch nichts geändert. Aber bitte schön: Wenn ihr unbedingt wollt, bekommt ihr jetzt Eure Aktionärsmitbestimmung. Nur: Wir müssen dann auch noch einen Schritt weitergehen....“ Was am Ende genau zum Thema Managergehälter herauskommen wird, ist noch nicht klar. Aber so ein paar Puzzleteilchen rücken schon mal zusammen. Zunächst sickerte am vergangenen Wochenende in der FAZ durch, dass sich die Koalitionsparteien darauf geeinigt hätten, für Hauptversammlungen eben jene Aktionärsabstimmung zu Vorstandsgehältern nun doch durchzusetzen. Im Juli hatte der Bundesrat – vor allem auf Betreiben der SPD - diesen Vorstoß von Union und FDP noch gekippt. Nun sieht der Deal dem Bericht zufolge so aus, dass die SPD dafür noch eine Vorschrift oben drauf setzt: Danach müssten börsennotierte Unternehmen künftig angeben, wie viel mehr die Vorstände im Gegensatz zum Durchschnitt ihrer Belegschaft verdienen.
Unschöner Vergleich mit Arbeitnehmergehältern
Nun gut, dass hatte die Regierungskommission für gute Unternehmensführung, die für solche Regelungen eigentlich zuständig ist, sich aber dauernd von den Gesetzgebenden ins Handwerk fuschen lassen muss, vor einigen Wochen auch schon angeregt. Der Vorschlag versickerte aber erst mal ohne größere Wellen zu schlagen. Dabei ist schon klar, dass so ein Vergleich zwischen den Bezügen von Boss und Beschäftigten nicht so richtig schön aussehen wird. Damit das jetzt auch jedem mal ganz plakativ vor Augen geführt wird, hat die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung dazu eine entsprechende Aufstellung veröffentlicht – just ein paar Tage bevor die Managergehälter auf den großen Koalitionsverhandlungstisch kamen. Danach verdient der Vorstand eines Dax-30-Konzerns 53 mal so viel wie ein Beschäftigter in diesen Unternehmen. Und dann etwas konkreter: Bei Beiersdorf ist es das 20-Fache, bei Henkel schon das 82-Fache, bei VW gar das 170-Fache. Und das ist alles nur gemittelt – also die durchschnittlichen Bezüge der Vorstände und die durchschnittlichen Gehälter der Beschäftigten; und das alles noch auf Basis der Zahlen von 2011.
Eine große Kluft
Dabei lässt es die Hans-Böckler-Stiftung in ihrer Veröffentlichung bewenden. Da die Vorstandsgehälter aber seit ein paar Jahren offengelegt werden müssen, kann man noch mal nachschlagen (zum Beispiel in den Tabellen der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz), ein paar kleine Berechnungen anstellen und anschließend einige Szenarien ausmalen.
Zunächst: Die fünf Mitglieder im Beiersdorf-Vorstand haben 2011 im Schnitt rund 1 Mio. Euro verdient, die Henkel-Vorstände kamen jeweils auf gut 4 Mio. Euro und die VW-Führung pro Kopf auf 8,4 Mio. Euro. Die Quotienten der Böckler-Stiftung zugrunde gelegt, verdienten die Nivea-Mitarbeiter, die Persil-Beschäftigten und die Golf-Arbeiter demnach alle im Schnitt rund 50.000 Euro im Jahr. Das ist wie ohnehin jeder schon immer geahnt hat eine ziemliche Kluft. Die klafft aber noch weiter auseinander, wenn man noch konkreter die stets höheren Bezüge der Vorstandsvorsitzenden daneben stellt, die noch dazu auch in 2012 wieder gestiegen sind: Beiersdorf-Chef Stefan Heidenreich verdiente 3,8 Mio. Euro im Gegensatz zu den meisten seiner Angestellten, die mit 50.000 Euro nach Hause gingen (also das 76-Fache). Bei Henkel-Chef Kaspar Rorsted waren es 6,7 Mio. zu 50.000 Euro (das 134-Fache) und – sie ahnen es - das Krönchen schießt VW-Chef Martin Winterkorn mit 14,5 Mio. zu 50.000 Euro (das 290-Fache) ab. Ist das das Ziel der Koalitionsschacherei, dass diese Zahlen gegenüber gestellt werden? Bitte schön, schnell gemacht und nicht sonderlich überraschend. Mit einem Veröffentlichungszwang in den Geschäftsberichten ist es also nicht getan, wenn man, wie viele Politiker fordern, die Managergehälter begrenzen oder stutzen will.
„Staatliche Lohnpolizei“
Kommen wir zu den Szenarien und schauen wir mal wieder in die Schweiz, die sich in Sachen Managergehälter erstaunlich progressiv geriert. Da wird in zehn Tagen zum zweiten Mal in diesem Jahr über eine Volksinitiative zu diesem Thema abgestimmt. Das bei der ersten Befragung schon klar auf Anti-Abzocke eingestimmte Volk, soll nun über die 1:12-Regel entscheiden. Heißt: in einem Unternehmen darf niemand - auch der Chef nicht – mehr als das Zwölffache des schlechtbezahltesten Angestellten erhalten. Den Schweizer Topmanagern schwant, dass die Tage in der Luxusoase gezählt sein könnten. Die NZZ wettert gegen die „staatliche Lohnpolizei“ und erinnert an die chinesische Parteidiktatur die eine 1:12-Regel vor einigen Jahren in Staatsbetrieben eingeführt hatte. Selbst den Kommunisten sei das zu weit gegangen und sie hätten die Quoten mittlerweile auf 1:20 erhöht. Schwebt das der Koalitionsrunde vor? Selbst wenn die Regierung eine 1:12 oder 1:20-Regelung nicht gesetzlich vorschreiben sollte, müssen Aufsichtsräte und Aktionäre doch fortan über das angemessene Verhältnis diskutieren und werden diese Quotienten immer als Messlatte vorgehalten bekommen. Es gibt ja bereits genug Stimmen, die fordern, dass Manager nicht mehr als 1 Mio. Euro verdienen sollen. Mit der 1:12-Regel wären wir sogar locker darunter: Bei Beiersdorf, Henkel und VW dürfte kein Vorstand dann mehr als 600.000 Euro verdienen. Das ließe sich natürlich ändern, wenn der durchschnittliche Lohn der Mitarbeiter künftig bei mehr als 50.000 Euro liegt. Ihre letzten Kolumnen: Chance für CDU-Machos, Jetzt lasst mal die Männer ran, Anarchismus der Anzugträger, Hopp, hopp – bewegt Euch! und Grube im Kummerland E-Mail: zepelin.jenny@capital.de