So schlagartig hat noch nie ein Verkehrsmittel in Deutschland Einzug gehalten. Buchstäblich über Nacht waren sie im Sommer 2019 da: die E-Tretroller. Der Kaltstart sorgt aber auch immer noch für viele Probleme. Während sich Fans über eine praktische, umweltfreundliche Alternative zu Auto und Bahn freuen, monieren Kritiker Stolperfallen auf Gehwegen und eine gar nicht so gute CO2-Bilanz der E-Scooter, die häufig noch per Auto zum Laden gefahren werden müssen.
Deutschland hat sich im Vergleich zu anderen Ländern mit der Straßenzulassung der Elektroroller Zeit gelassen. Das sorgte dafür, dass viele Anbieter gleichzeitig auf dem wichtigen deutschen Markt um Kunden kämpfen. Darunter sind Branchenführer aus den USA und Skandinavien, aber auch heimische Start-ups. Viele Firmen aus dem Bereich Mikromobilität konzentrieren sich allerdings auf dieselben Metropolen. Das trägt dazu bei, dass der E-Roller-Markt eindeutig übersättigt ist.
Wie viele dieser E-Scooter-Anbieter werden im Sommer 2020 noch am Start sein?
E-Scooter-Anbieter in Deutschland
Der US-Anbieter Lime der Neutron Holdings, Inc. hat sich als einer der Platzhirsche in Deutschland positioniert. Während sich viele E-Scooter-Firmen noch auf wenige Regionen konzentrieren, ist Lime nach eigenen Angaben (Stand: November 2019) in 15 deutschen Städten vertreten, darunter neben den üblichen Verdächtigen auch Bonn, Mainz, Dresden und Hannover.
Bird wurde wie Lime 2017 in Kalifornien gegründet. Kein Wunder: Die Nachfrage ist an der Westküste besonders groß. In Los Angeles mit dem spärlich ausgebauten öffentlichen Nahverkehr sind E-Scooter aus dem Straßenbild nicht wegzudenken. In New York City hingegen bleiben die Tretroller ein seltener Anblick. Bird ist weltweit nach eigenen Angaben in mehr als 100 Städten vertreten. Hierzulande sind seit dem Start im August 2019 Berlin, Köln, Frankfurt am Main, Hamburg und München dabei. Ein Bird-Scooter hat laut dem Unternehmen eine Lebensdauer von mindestens 18 Monaten.
Lime setzt passend zum Namen auf Signalfarbe, Bird will mit monochromer Ästhetik ansprechen. Voi hingegen ist der Wohlfühl-Anbieter bei den E-Scootern. „Starte einen Scooter und erlebe die Magie“, wirbt das schwedische Unternehmen auf seiner Internetseite. Voi Technology ist nach eigenen Angaben das führende europäische Unternehmen unter den E-Scooter-Betreibern. Seit der Gründung 2018 in Stockholm wurde das Netz auf 38 Städte in zehn europäischen Ländern ausgeweitet. Vier Millionen registrierte Nutzer sollen mehr als 14 Millionen Fahrten gebucht haben. In Deutschland ist Voi vertreten in Berlin, München, Hamburg, Potsdam, Lübeck, Augsburg, Erfurt und im Freizeitpark Movie Park bei Bottrop-Kirchhellen. Voi konnte im November 85 Mio. Euro an Investorengeldern verkünden.
Mit dem Auto-Ride-Sharing klappt es für Uber in Deutschland noch nicht so gut. Dafür will der US-Konzern mit E-Scootern Boden gut machen. Allerdings ist Uber Jump bislang nur in Berlin und München aktiv und konzentriert sich bei der Außendarstellung in erster Linie auf die E-Bikes. In der Hauptstadt werden wie bei Bird ein Euro für das Entsperren und 15 Cent für jede Fahrminute fällig. In München nimmt Uber Jump 20 Cent pro Minute. Das Unternehmen wurde 2010 gegründet. 2018 übernahm Uber Jump Bikes. E-Scooter gibt es neben Deutschland nur noch in Madrid und Paris.
Auch deutsche Unternehmen spielen im Bereich E-Scooter mit. Das Berliner Start-up Tier Mobility nahm im Oktober 2018 den Betrieb auf. Sein Angebot ist nach eigenen Angaben in mehr als 40 Städten weltweit verfügbar und macht das Unternehmen zum führenden Anbieter für „Shared Micro-Mobility Services“ in Europa. Apropos: Tier setzt auf Englisch. Google-Links zu deutschsprachigen Informationen führen zu 404-Fehlermeldungen. Tier ist in über 20 deutschen Städten vertreten, teilweise lassen sich die Scooter aber nicht rund um die Uhr nutzen. In manchen Regionen sind die Roller nicht nachts und am frühen Morgen verfügbar. Tier will seine Scooter in Europa ab November 2019 auf austauschbare Batterien umrüsten und in den nächsten zwölf Monaten CO2-neutral werden.
Europäischer Champion für Mikromobilität? Das behauptet neben Voi und Tier auch Circ von sich. Das Start-up war im August 2018 mit großen Hoffnungen gestartet. Investor Lukasz Gadowski hatte zuvor unter anderem mit dem Lieferdienst Delivery Hero einen Treffer gelandet. Ende November aber meldete das „Manager Magazin“: „Bei Circ gibt es Entlassungen, das Management flüchtet. Die Vision der neuen Mobilität scheint zu platzen.“ Circ (formerly known as Flash) ist in Deutschland in Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt am Main und Herne vertreten. Europaweit sind Frankreich, Portugal, Belgien, Österreich, Spanien, Italien, Dänemark, Norwegen und die Schweiz dabei.