Wie ein Denkmal stehen zwei schlammüberzogene E-Scooter an einem sonnig-kalten Tag am Ufer der Spree auf der Berliner Museumsinsel. Es ist wohl mindestens ihr drittes Leben, nachdem sie erst den einen viel Spaß gemacht, dann den anderen viel Ärger gebracht und sich dann – wie so viele E-Scooter vor ihnen – für einen Tauchgang in der Spree verabschiedet haben.
Wieder an der Oberfläche zeigen sie nun vor allem, dass wir in vier Jahren mit den elektrischen Tretrollern weder ihren Sinn noch den richtigen Umgang mit ihnen verstanden haben – oder verstehen wollten. Selbst wenn E-Roller theoretisch die bessere Ökobilanz gegenüber Autos haben, bringen sie nur wenig, wenn sie vor allem den emissionsfreien Fuß- und Radverkehr ersetzen und sonst reine Freizeitbeschäftigung sind – dafür waren sie nicht gedacht. Also, tun wir uns und der Umwelt einen Gefallen und schaffen sie wieder ab!
Paris hat mit einer Abstimmung vorgemacht, dass das geht. Mit fast 90 Prozent stimmten die, zugegeben wenigen, Teilnehmenden deutlich für die Abschaffung der E-Roller in der Stadt. Ob sie nun tatsächlich ganz aus Paris verschwinden werden oder eine Obergrenze festgelegt wird, wird noch geklärt. Trotzdem haben sie auch in Deutschland die Dauer-Diskussion aufs Neue losgetreten: Sind diese Dinger wirklich notwendig?
E-Roller ersetzen keine Autofahrten
Als die Roller 2019 eingeführt wurden, sollten sie einen Beitrag zur Verkehrswende und klimafreundlicher Fortbewegung leisten. Die Euphorie war groß, aber erfüllt haben die Roller ihren Zweck nicht. So gut wie niemand fährt statt mit dem Auto mit dem E-Roller, schon gar nicht längere Strecken und bei schlechtem Wetter oder mit großer Einkaufstüte.
Ok, viele sehen die Roller als Alternative zu Bus und Bahn oder wollen sich mit den Flitzern den komplett klimaneutralen Fußweg sparen. Die meisten haben aber einfach nur den Rase-Spaß im Sinn. Das zeigen sogar Umfragen des ADAC und von Forsa, die der Verkehrssicherheitsrat in Auftrag gegeben hat. Für über 60 Prozent der Befragten dienen E-Roller demnach dem Zeitvertreib und werden meistens aus der Gelegenheit heraus genutzt. Zur Arbeit fahren damit gerade mal 13 Prozent. Über die Hälfte fahren außerdem maximal zwei Kilometer mit dem E-Scooter, also eine Strecke, die man sonst wahrscheinlich zu Fuß oder mit dem Rad zurückgelegt hätte.
Soll man die Leute also jetzt wirklich wieder zum Fußmarsch zwingen und die Tretroller verbieten? Ja, und zwar aus drei Gründen: Erstens, bringen E-Scooter bei gut ausgebauten ÖPNV-Netzen und kurzen Wegen vor allem Nachteile für die Umwelt, belegt eine Studie des Umweltbundesamts.
Zweitens bgeünstigen sie, dass gerade in Innenstädten die Faulheit siegt und das deutlich gesündere Laufen oder Radfahren unattraktiver werden. In Randbezirken, wo E-Roller wegen schlechterer Anbindung an Bus und Bahn nützlich sein könnten, gibt es sie meistens nicht.
Dazu kommt drittens, dass die Fahrt mit dem E-Roller erwiesenermaßen gefährlicher ist als mit dem Rad. 2022 verzeichnete der TÜV-Verband 8260 Unfälle mit E-Rollern, bei denen Menschen verletzt oder gar getötet wurden, fast doppelt so viele wie im Jahr zuvor. Gründe dafür sind, dass Menschen die Verkehrsregeln missachten, zu zweit fahren oder – meist zu späterer Stunde – alkoholisiert unterwegs sind.
Vielleicht ist Letzteres auch eine Erklärung dafür, warum schon hunderte der Roller aufwendig aus deutschen Gewässern gefischt werden mussten. Anfang Februar angelten Mitglieder des Deutschen Anglerfischerverbands in Berlin neben jeder Menge anderem Schrott 17 Stück aus der Spree, erst diese Woche gab es eine Bergungsaktion mit Tauchern im Mittellandkanal in Hannover. Bis zu 200 Euro pro Roller koste sie das, erklärte ein Sprecher des Roller-Verleihunternehmens.
Sondermüll in unseren Flüssen
Dass die Roller nicht ewig im Wasser liegen bleiben sollten, ist auch aus Umweltgründen wichtig. Denn die Probleme mit E-Rollern entstehen nicht nur durch die, die fahren – mal mehr und mal weniger vernünftig. Es liegt auch an den E-Rollern selbst, die am Ende vor allem eins sind: Sondermüll. Die Akkus enthalten giftige Metalle, die nach längerer Zeit im Wasser austreten können. Die darin verwendeten Rohstoffe wie Lithium oder Cobalt sind zudem selten und könnten an anderer Stelle sinnvoller eingesetzt werden, z.B. in Batterien für E-Autos oder in Handy-Akkus.
Und dann wären da noch offene Fragen wie: Woher beziehen die Verleiher der E-Scooter ihren Strom und wie sauber ist der? Und wird die Lebensdauer der Roller wirklich ausgenutzt? Werden die Akkus wieder vollständig geladen und irgendwann ausgetauscht oder landen die Roller einfach im Ganzen auf dem Schrott?
Gerade bei mittellangen Strecken sollten wir uns auf den ÖPNV und das altbewährte Fahrrad zurückbesinnen. Die Fahrt damit würde auch viel mehr Spaß machen, wenn man nicht jeden Moment eine Notbremsung vor einem umgekippten E-Roller fürchten müsste.