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Die Stunde Null Start-ups: Warum die Zeit der E-Scooter und Lieferdienste vorbei ist

Rainer Märkle ist General Partner beim Wagniskapitalgeber HV Capital
Rainer Märkle ist General Partner beim Wagniskapitalgeber HV Capital
© PR
In viele Unternehmen floss eine Menge Geld, ohne dass sie jemals profitabel wurden. Nun denken die Investoren um. Rainer Märkle vom Wagniskapitalgeber HV Capital erklärt, wo jetzt investiert wird

CAPITAL: Das Jahr 2023 war kein leichtes für die Start-up-Szene. Es gab Entlassungswellen, die Zahl der Insolvenzen schnellte in die Höhe. Wie viel Sorgen bereitet das einem Investor wie HV Capital?
RAINER MÄRKLE: Natürlich fühlen wir mit den Unternehmen, die teilweise ein sehr schweres Jahr hatten. Als Investor, der über 20 Jahre im Markt ist, haben wir aber immer wieder solche Zyklen gesehen. Und natürlich haben die Korrekturphasen solcher Zyklen auch positive Seiten.

Was ist diese positive Seite? Gehen die Bewertungen der Unternehmen jetzt runter, werden sie also günstiger?
Gar nicht unbedingt, vor allem in der Frühphase nicht. Da setzen die Investoren ja ohnehin auf sehr langfristige Trends. Und die Bedeutung von Technologie für viele Branchen ist einfach ungebrochen stark. Was ich für sehr positiv halte: Die ganze Einstellung hat sich geändert. Die Unternehmen werden mit viel mehr Fokus auf Effizienz und gesundes Wachstum geführt und auch mit dem Ziel, früher profitabel zu werden. Es gilt nicht mehr die Devise von Wachstum um jeden Preis.

Was genau bedeutet das für das Portfolio von HV Capital?
Es gibt positive und negative Beispiele. Auch bei uns haben es Unternehmen nicht durch diese Zeit geschafft. Es gehört aber auch dazu, wenn man so frühzeitig investiert, dass manche Sachen nicht aufgehen. Es gibt aber eben auch Fälle von Unternehmern, die gelernt haben, dass sie mit weniger Kapital effizienter arbeiten müssen. Damit sind einige unheimlich schnell profitabel geworden. Ein Beispiel ist die Fitness-Studio-Plattform Urban Sports Club, die es in kürzester Zeit geschafft haben, profitabel zu wirtschaften.

Wenn man nach vorne blickt: Für wen wird es jetzt schwieriger? Wir haben ja zum Beispiel auf dem Markt für E-Scooter gesehen, dass die Anbieter unter Druck stehen. Was wird da kommen?
Wenn man selbstkritisch auf unsere Branche schaut, muss man sagen: Die ganz großen Hype-Themen haben zuletzt nicht wirklich funktioniert. Irgendwann dachte jeder Investor, er müsse unbedingt bei einem Scooter-Anbieter dabei sein. Das Gleiche gilt für die Schnelllieferdienste. Und auch für das Modell der so genannten Amazon Aggregators, bei dem kleine Amazon-Händler in eine Holding gepackt hat, um daraus eine Plattform zu machen. Da floss jeweils unheimlich viel Geld rein, und die Unternehmen wurden nicht effizient aufgebaut. Es wurde schnell skaliert und viel Geld verbrannt. Das kann funktionieren, aber wenn dann der Kapitalfluss versagt, gibt es Riesenprobleme. Und das ist bei den Hype-Themen sehr schnell passiert.

Was funktioniert denn noch?
Das ganze System wendet sich viel stärker richtigen Technologiethemen zu. Da passiert sehr viel, und es gibt auch viele Investoren, die sich daran beteiligen. Wir haben zum Beispiel in ein Robotik-Unternehmen investiert und auch in ein Quantencomputer-Unternehmen.

Ein Riesenthema ist Künstliche Intelligenz, von der schon jetzt klar ist, dass sie unser Leben und unsere Wirtschaft stark verändern wird. Was bedeutet diese Technologie für Investoren?
Wir schauen da euphorisch drauf, aber auch respektvoll. Manchmal auch neidisch.

Warum neidisch?
Wir müssen sagen, dass wir nicht in die grundlegenden Modelle investiert hatten, wir sind da nirgends dabei. Nicht bei OpenAI und auch nicht bei Aleph Alpha. Respekt für alle, die da dabei waren. Wir schauen jetzt eher darauf, welche Einsatzmöglichkeiten sich da ergeben. Welche neue Geschäftsmodelle es gibt und welche alten Geschäftsmodelle obsolet werden. Noch können wir uns gar nicht vorstellen, welche Einsatzmöglichkeiten kommen. Es ist extrem spannend, aber auch für den Investor gar nicht so einfach.

Es ist also kein Hype-Thema wie E-Scooter oder Schnelllieferdienste?
Nein. Da kommt eine immense Steigerung an Produktivität, die wir uns noch gar nicht ausmalen können.

Hören Sie in der neuen Folge von „Die Stunde Null“ 

  • Warum die besten Start-ups oft nicht in Berlin sind
  • Wer mit Künstlicher Intelligenz Geld verdienen wird
  • Welche Rolle die grünen Technologien spielen

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