Capital: Das DIW hat seine Konjunkturprognose zuletzt deutlich nach oben korrigiert. Was spricht dafür, dass das Wachstum jetzt anspringt?
GERALDINE DANY-KNEDLIK: Wir erwarten jetzt, dass die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr um 0,3 Prozent wächst und im kommenden Jahr sogar um 1,7 Prozent. Es gibt zwei wichtige Faktoren, die da mit reinspielen und über die wir auch viel diskutiert haben. Der eine ist die Ausgestaltung der Zollpolitik durch USA und EU, das ist ein negativer Faktor, bei dem es große Unsicherheiten gibt. Der andere Faktor aber ist das große Finanzpaket der jetzigen Bundesregierung. Und insgesamt bessern sich die Aussichten für die deutsche Wirtschaft.
Wieviel davon geht auf eine verbesserte Stimmung zurück und wie viel schlägt sich schon in harten Zahlen nieder?
Für das laufende Jahr haben wir schon sehr viele Informationen. Wir kennen die Details zum Bruttoinlandsprodukt für das erste Quartal. Wenn wir also auf der Grundlage für das laufende Jahr nach oben revidieren, dann ist das relativ sicher und mit Daten hinterlegt. Für 2026 gilt: Das Finanzpaket kommt ja eigentlich erst im kommenden Jahr. Als wir unsere letzte Prognose erstellt haben, war das Programm zum Teil sogar nur angekündigt. Da ist unsere Prognose also von Annahmen getrieben. Das heißt nicht, dass wir hier von Bauchgefühl reden, allerdings können wir unsere Zahlen noch nicht aus laufenden Daten ableiten. Aber wichtig ist: Schon die Ankündigung des Pakets hat einen Effekt.
Was meinen Sie damit?
Die Information, dass es einen Topf gibt, aus dem für viele Jahre Geld fließt, ist ein wichtiges Signal für die Unternehmen. Es sind ja immer die dieselben, die öffentliche Aufträge übernehmen, weil dafür bestimmte Auflagen erfüllt werden müssen. Diese Unternehmen aber wissen jetzt, dass es für einen längeren Zeitraum Geld geben wird. Sie können sich also sicher sein, davon etwas abzubekommen. Das wiederum ist ein Anreiz dafür, eigene Kapazitäten aufzubauen. Es zählt die Ankündigung, nicht, wann das Geld tatsächlich abfließt. Wir erwarten daher jetzt schon einen Effekt auf private Investitionen. In den Stimmungsindikatoren ist das schon sichtbar. Jetzt wird es spannend, was im zweiten und dritten Quartal mit den Investitionen passiert.
Könnte denn die Prognosen in diesem Jahr noch weiter zulegen?
Wir haben unterstellt, dass es bei den Zöllen zu einer Einigung mit den USA kommt, die keine weiteren wirtschaftlichen Verwerfungen mit sich bringt. Wenn das eintritt, denke ich, dass wir hoffentlich unsere Prognose noch weiter nach oben korrigieren werden.
Hören Sie in der neuen Folge von „Die Stunde Null":
- Wie genau die Konjunkturprognosen beim DIW entstehen
- Warum an Zuwanderung kein Weg vorbei führt
- Weshalb die Aufträge aus dem Ausland anziehen