Der überraschende Rücktritt des französischen Premierministers Sébastien Lecornu hat den Aktienmarkt des Landes belastet. Der Leitindex Cac 40 fiel zeitweise um rund zwei Prozent auf 7938 Punkte. Die politische Unsicherheit in dem hoch verschuldeten und politisch kriselnden Staat nimmt damit wieder zu. Auch der Kurs des Euro geriet zum US-Dollar unter Druck.
Lecornu war erst vier Wochen im Amt. Der Premier habe seinen Rücktritt bei Präsident Emmanuel Macron eingereicht und dieser habe ihn angenommen, teilte der Élysée-Palast mit. Erst am Sonntagabend hatte Lecornu die Verteilung der Schlüsselressorts in der künftigen Regierung bekanntgegeben und damit die Konservativen gegen sich aufgebracht, die prompt mit einem Rückzug aus der Regierung drohten. In dieser regieren die Républicains mit dem Mitte-Lager von Präsident Emmanuel Macron, die Regierung hat im Parlament aber keine Mehrheit.
Lecornu tritt vor Krisensitzung zurück
Der in seinem Amt bestätigte Innenminister und Républicain-Vorsitzende Bruno Retailleau hatte sich noch am Sonntagabend unzufrieden über die Zusammensetzung der neuen Regierung geäußert und eine Krisensitzung seiner Partei für diesen Montag angekündigt. Noch vor Start dieser Sitzung trat der Premier, der aus dem Präsidentenlager stammt, zurück.
Retailleau hatte zuvor ein Drittel der Ministerposten für seine Partei verlangt und war über die Rolle und das Gewicht der Konservativen in der neuen Regierung unzufrieden, berichteten Medien unter Verweis auf Parteiverantwortliche. Für Empörung bei den Konservativen sorgte demnach auch, dass der 2024 ausgeschiedene langjährige Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire, der der Mitte-Partei von Macron angehört, überraschend zum Verteidigungsminister bestimmt wurde.
Frankreich steckt in Haushaltskrise
Frankreich befindet sich nun in einer schweren Politikkrise, die Präsident Macron massiv unter Druck setzt. Er ist jetzt gezwungen, zum dritten Mal in diesem Jahr auf die Suche nach einem neuen Premierminister zu gehen. Allerdings kann er auch das Parlament auflösen und Neuwahlen ausrufen. Die Vorgängerregierung unter François Bayrou stürzte bei einer Vertrauensfrage im Streit um den geplanten Sparhaushalt. Das Land hat mit rund 3,3 Billionen Euro die höchsten Schulden in der Europäischen Union.
Immerhin: Die anderen europäischen Börsen zeigten sich weitgehend unbeeindruckt vom politischen Chaos in Frankreich. In Frankfurt lagen die Kurse am Montagvormittag im Schnitt minimal im Minus. In der vergangenen Woche hatte sich der Leitindex Dax einem neuen historischen Höchststand angenähert. Dieser liegt derzeit bei 24.639 Punkten und wurde am 11. Juli erreicht.