Die Erfindung von heute ist womöglich der Standard von morgen. Die Digitalisierung sorgt für ein rasantes Tempo bei Innovationen. Da können die mächtigsten Volkswirtschaften der Welt schnell zu Getriebenen werden. Beim „2020 Bloomberg Innovation Index“ gab es jetzt zwar hervorragende Nachrichten für Deutschland. Aber Experten warnen: Die Bundesrepublik zehrt womöglich zu sehr vom Ruhm bald vergangener Tage.
Der US-Wirtschaftsdienst Bloomberg hat Mitte Januar 2020 die achte Ausgabe seines jährlichen Rankings vorgelegt. Dafür wurden den Angaben zufolge 105 Volkswirtschaften nach ihrer Innovationskraft bewertet. Die Endnote basierte zu gleichen Teilen auf diesen sieben Hauptkategorien:
- Ausgaben für Forschung und Entwicklung (Prozentanteil am Bruttoinlandsprodukt)
- Produktivität (BIP und Bruttonationaleinkommen für Beschäftigte ab 15 Jahren)
- Wertschöpfung (Wertschöpfung als Prozentanteil vom BIP und pro Kopf)
- Zahl der Forscher (gemessen an der Gesamtbevölkerung)
- Zahl der börsennotierten Hightech-Firmen (Anteil an den nationalen und internationalen AGs)
- Tertiäre Bildung (unter anderem Zahl der Studenten, Anteil der Absolventen an der gesamten arbeitenden Bevölkerung)
- Patente (in Relation zur Bevölkerungsgröße und/oder dem BIP)
Diese zehn Länder haben bei Innovationen die Nase vorn
Das sind die zehn innovativsten Länder der Welt

Die Länder wurden in den sieben Hauptkategorien auf einer Skala von null bis hundert bewertet. Frankreich hielt mit einem Gesamtwert von 82,75 Punkten den zehnten Rang des Vorjahres. Gut schnitt unser Nachbar bei den Patenten (Platz acht) und vor allem beim Anteil von Hightech-Firmen (Platz zwei) ab. Im Bereich Wertschöpfung reichte es hingegen unter 60 Ländern nur für den 49. Rang.

Als Bloomberg 2013 seinen ersten Innovations-Index präsentierte, rangierten die USA noch auf Platz eins. 2020 setzte sich die Talfahrt der Vereinigten Staaten fort. Sie büßten mit 83,17 Punkten einen weiteren Platz ein. Zwar sind die USA beim Hightech-Sektor und den angemeldeten Patenten weltweit laut Bloomberg die Nummer eins. In drei der sieben Kategorien (Wertschöpfung, Hochschulbildung, und Forscherdichte) landete die größte Volkswirtschaft der Welt aber jenseits des 25. Platzes.

Dänemark verbesserte sich in dem Ranking um drei Plätze. Damit gehört es neben einem weiteren Staat zu den größten Aufsteigern in den Top 10. Dänemark erzielte 83,22 Punkte und erwies sich in nahezu allen Bereichen als sehr stark. Platz eins gab es bei der Forscherdichte. Die Ränge sechs bis acht belegte Dänemark bei Produktivität, Hightech-Firmen sowie Ausgaben für Forschung und Entwicklung. Die schlechteste Platzierung war Rang 31 für das tertiäre Bildungswesen.

Europa ist in dem Innovations-Index mit gleich sechs Nationen in den Top Ten vertreten. Für Finnland (84,00 Punkte) ging es jedoch im Vergleich zu 2019 um vier Plätze nach unten. Das war der größte Abstieg bis Neuseeland auf Platz 29, das fünf Ränge einbüßte. Finnlands Ergebnisse schwankten zwischen Platz neun (Forscher sowie Produktivität) und Platz 24 (Bildungswesen).

Israel büßte einen Rang ein und kam 2020 auf Platz sechs (85,03 Punkte). Das Land führt aber weltweit beim Anteil der Ausgaben für Forschung und Entwicklung. Mittelmäßig fielen hingegen die Noten für Wertschöpfung (Platz 31) und Hochschuldbildung (Platz 32) aus.

Skandinavien ist die innovativste Region der Erde. Schweden macht vor Finnland und Dänemark das nordeuropäische Trio in den Top 10 perfekt. Das Land verbesserte sich mit 85,50 Punkten um zwei Plätze. Schweden überzeugte vor allem mit den Forschungsausgaben (Platz vier) sowie der Konzentration an Hightech und Forschung (jeweils Platz sieben).

Die Schweiz hielt mit 85,67 Punkten den vierten Platz im Innovations-Ranking von Bloomberg. Die Analysten vergaben jeweils den dritten Platz für die Forscherdichte und die Forschungsausgaben. Die schlechteste Platzierung gab es mit Rang 19 für die Zahl der Patente.

Singapur gehört wieder zu den drei innovativsten Nationen der Welt. Der Stadtstaat verbesserte sich mit 87,01 Punkten um drei Ränge und kehrte damit auf die Platzierung von 2018 zurück. Das gelang laut Bloomberg durch bessere Noten für Wertschöpfung (Rang zwei) und Produktivität (Rang vier). Bei den meisten der innovativsten Länder ist der tertiäre Bildungsbereich die Achillesferse. Singapur hingegen konnte hier erneut den ersten Platz erobern.

Sechs Jahre lang hat Bloomberg die Republik Korea zur innovativsten Nation der Welt gekürt. 2020 aber musste das Land (88,16 Punkte) den Spitzenplatz räumen. Südkoreas größte Schwäche ist dem Index zufolge die Produktivität. Hier belegte die Industrienation lediglich Platz 29. Bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung sicherte sich Südkorea hinter Israel weltweit Platz zwei. „Wir verfügen über keine anderen natürlichen Ressourcen – wir haben nur unsere Gehirne“, zitierte Bloomberg den Wirtschaftsprofessor Chang Suk-Gwon von der Hanyang Universität in Seoul.

Deutschland ist im Index der innovativsten Länder der neue Spitzenreiter. Die Bundesrepublik verbesserte sich mit 88,21 Punkten um einen Rang. Allerdings konnte sie in keiner der Kategorien den ersten Platz erobern. Die besten Ergebnisse waren dritte Plätze bei der Hightech-Dichte und den Patenten. Bei Letzteren verhalfen laut Bloomberg Volkswagen, Daimler, Siemens und Bayer zu der guten Platzierung. Das unterstrich den hohen Stellenwert des produzierenden Gewerbes hierzulande. Das könnte allerdings zum Problem werden, gerade angesichts der Umbrüche auf dem Automobilmarkt. Anlass zur Sorge gibt laut Bloomberg auch der nur 26. Platz bei der tertiären Bildung. Die Produktivität der deutschen Wirtschaft wurde lediglich mit Rang 18 bewertet. China landete übrigens mit 78,80 Punkten auf Platz 15. Das war ein Rang besser als 2019.