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Hoteldirektorin Sonja Vodusek „Ich weiß schon beim Betreten der Lobby, ob ein Haus gut geführt wird“

Außenansicht des neuen The Peninsula London neben dem Triumphbogen Wellington Arch
Außenansicht des neuen The Peninsula London neben dem Triumphbogen Wellington Arch
© PR
Im Frühsommer soll in London endlich ein neues Haus der „The Peninsula“-Gruppe eröffnen. Geplant und gebaut in der Pandemie – und hinein in eine Personalkrise für Hotellerie und Gastronomie. Kein leichter Job für Direktorin Sonja Vodusek.

Einst stellte das The Peninsula in Hongkong (eröffnet: 1928) gleich mehrere Rekorde für die größten Flottenbestellungen bei Rolls-Royce auf. Und auch das neue Hotel im Londoner Stadtteil Belgravia nimmt die Güte des eigenen Fuhrparks ernst: vier nach Spezialwünschen gefertigte „Bentaygas“ von Bentley, ein typisches Londoner Taxi der Modellreihe Austin FX von 1960 als E-Umbau, dazu ein liebevoll restaurierter Rolls-Royce „Phantom“ aus dem Jahr 1935.

Bis diese Prachtkarossen sich in Bewegung setzen, könnte es jedoch noch etwas dauern. Aktuell soll es bei einer Eröffnung „in early 2023“ bleiben, wenngleich das Tag für Tag knapper wird. Medienberichten zufolge wird das genaue Datum von einem Feng-Shui-Meister festgelegt.

Auch sonst folgt man bei dem prunkvollen Projekt der niveauvollen Verquickung von Ost und West. Etwa mit zwei Löwen, die vom Haupteingang des neuen The Peninsula auf den Triumphbogen Wellington Arch blicken würden, wenn, ja, wenn ihre Augen nicht noch abgedeckt wären. Der Grund: Ihre Energie soll bewahrt werden, für den Schutz des 800 Mio. Pfund teuren Hauses und seiner Gäste.

Ankleidezimmer einer Suite im neuen The Peninsula London
Ankleidezimmer einer Suite im neuen The Peninsula London
© PR

In der High-End-Hotellerie, das merkt man an solchen Entscheidungen, zählt lange vor der ersten Übernachtung solventer Touristen jede Kleinigkeit. Von den Interieurs des renommierten Architekten Peter Marino, der weltweit Stores von Louis Vuitton und Dior einrichtet, über die von Designerin Jenny Packham entworfenen Uniformen bis zum exklusiven Hotel-Duft von Parfümeur Timothy Han. 

Auf Perfektion von XXL bis XS zu achten, das obliegt der erfahrenen Managerin Sonja Vodusek, die für The Peninsula bereits Hotels in Tokio, New York und Manila führte, und die seit drei Jahren mit ihrem Team auf den großen Tag in der britischen Hauptstadt hinarbeitet.

Die Hongkong and Shanghai Hotels (HSH), unter deren Dach die Luxusherbergen der Marke The Peninsula fallen, wurde 1866 gegründet und wird seitdem mehrheitlich von Mitgliedern der Gründerfamilie Kadoorie geführt. Das Portfolio reicht von Häusern in Asien (unter anderem Hongkong, Schanghai, Peking und Tokio) bis zu noblen Dependancen in Chicago, Beverly Hills, Paris, Istanbul – und nun London. Bald.

Im Interview mit Capital spricht Vodusek über die vielen Herausforderungen bei diesem Projekt wie für ihre Branche, und außerdem über die besondere Handschrift der edlen Kette, die anspruchsvollste Reisende überzeugen soll.

Sonja Vodusek, Direktorin des neuen 5-Sterne-Hotels The Peninsula London
Sonja Vodusek, Direktorin des neuen 5-Sterne-Hotels The Peninsula London
© PR

Frau Vodusek, es gibt viele Nobelhotels – auf der Welt, wie in London. Wo sehen Sie den besonderen USP eines Peninsula-Hotels? 
SONJA VODUSEK: Grundsätzlich zeichnet uns aus, dass wir weitgehend in Familienbesitz sind. Keine anonyme Konzernkette, die überall auf der Welt ihr gewohntes, standardisiertes Programm ausrollt. Mit zehn neuen Hotels in den letzten 100 Jahren sind wir zudem mehr als bedächtig gewachsen. Das alles erlaubt es uns, beim Service viel Liebe in jedes Detail zu stecken: für einen reibungslosen Ablauf des Aufenthalts unserer Gäste. 

Gut, besten Service und Hingabe proklamieren eigentlich alle Häuser der 5-Sterne-Kategorie für sich. Wo geht Ihr Team denn die berühmte letzte Meile, bei der andere Hotels den Aufwand scheuen?
Besonders stolz sind wir auf das in der Pandemiezeit eingeführte „Pensinsula Promise“. Damit versprechen wir unseren Gästen, dass Sie im Rahmen ihres Aufenthaltes zu beliebigen Zeiten ein- und auschecken können. Niemand muss bis 15 Uhr auf sein Zimmer warten und man kann auch erst um 22 Uhr das Hotel verlassen, etwa bei einem späten Rückflug. Ohne zusätzliche Kosten! Ist das ein finanzielles Opfer für uns? Klar, denn wir könnten das Zimmer bereits wieder vermieten. Aber es geht einzig um die bestmögliche Erfahrung, die Sie in unseren Häusern machen sollen.

Nicht nur, aber gerade für Hotellerie und Gastronomie waren die letzten Jahre stressig bis ruinös. Jetzt fehlen vielerorts Fachkräfte, die der Branchen den Rücken zugekehrt haben. Wie begegnen Sie als Direktorin in London diesem Problem?
Auf Initiativbewerbungen zu warten, das können wir uns schon lange nicht mehr leisten. Also habe ich gemeinsam mit unserer HR-Abteilung bereits in der Ansprache potenzieller Bewerber aus allen Gesellschaftsschichten und Altersgruppen sämtliche Möglichkeiten ausgeschöpft. Plakate in der U-Bahn, auf Bahnhöfen, Werbung in den verschiedensten Zeitschriften und sozialen Medien. Mehr Diversität beim erreichten Publikum geht nicht. Außerdem nicht zu unterschätzen: die Mundpropaganda von Kollegen, denen es bei uns gefällt.

Wie hält und motiviert man diese Mitarbeiter in Jobs, die durch Arbeit an Wochenenden, Feiertagen sowie viel Stress und hohen Anspruch eher kein „Ponyhof“ sind?
Als Führungskraft will ich ein Umfeld schaffen, in dem Menschen in ihrer jeweiligen Position das Beste aus sich herausholen wollen. Mit Begeisterung und ganzem Einsatz. Zudem sollen sie sich langfristig entwickeln, wachsen und sich auf uns verlassen können. Dabei hilft es, dass unsere Häuser etliche Vorteile für Angestellte bieten: ein 24-Stunden-Gym, Entspannungsräume, einen Speisesaal, von renommierten Designern entworfene Garderobe und vieles mehr. Sie merken, auch das besondere Erlebnis der Kollegen ist uns wichtig. Weil perfekter Service zwingend herausragende Mitarbeiter erfordert, die man nur mit außergewöhnlichen Leistungen seitens des Arbeitgebers an sich binden kann.

Bar im The Peninsula Tokio
Bar im The Peninsula Tokio
© PR

Sie haben etliche Jahre das The Pensinsula in Tokio geleitet. In einem Land, das den Burnout nicht erfunden, mit seinen Folgen aber schon früh zu kämpfen hatte. Konnten Sie die Work-Life-Balance Ihrer Mitarbeiter verbessern?
Ich denke, dieser Begriff ist mitunter irreführend. Wann wird Arbeit als negativ und belastend empfunden – und wann rückt selbst größter Stress in den Hintergrund, weil man im Job aufgeht? Das entscheidet jeder Mensch persönlich für sich, würde ich sagen. Was wir Chefs tun können: Einen Arbeitsplatz zu schaffen, wo sich die Kollegen wohlfühlen, und sie dazu ermuntern, sich um ihre körperliche und geistige Gesundheit zu kümmern.

Und wie hat das in Japan geklappt?
Als ich dort ankam, begann gerade eine gesellschaftliche Diskussion darüber, dass Firmen zu viel Raum im Leben vieler Menschen einnehmen: von den reinen Arbeitsstunden über teils verpflichtende Abendessen und Umtrünke mit der Abteilung oder guten Kunden bis zur Weigerung, überhaupt Urlaub zu nehmen. Aus Rücksicht auf die verbleibenden Kollegen.

Und genau beim Erholungsurlaub haben wir angesetzt, und zwar top down. Mein Führungsteam und ich sind mit gutem Beispiel voran- beziehungsweise in die Ferien gegangen, haben darüber offen und oft gesprochen. Außerdem wurde kontrolliert, ob freie Zeit genommen wurde, und ich habe drei zusätzliche Wellness-Tage eingeführt. 

Wie rasch vollzog sich der Kulturwechsel im Haus?
Anfangs lag die Quote der „Urlauber“ bei höchstens 60 Prozent, wenn ich mich richtig erinnere. Am Ende meiner Zeit in Tokio waren wir bei circa 97 Prozent. Zudem war die Fluktuation deutlich gesunken, angebotene Schulungen wurden rege besucht und die Mitarbeiter waren merklich zufriedener. Das ist extrem wichtig, denn wer auf dem Zahnfleisch geht, kann keine Höchstleistung für unsere Gäste vollbringen.

Was sind Ihre wichtigsten Tipps für jemanden, den eine Karriere in der Hotellerie interessiert?
Erstens: Einen Mentor zu finden, halte ich für essenziell. Jemanden, den man immens respektiert.
Zweitens: Das Beste geben und Verantwortung übernehmen zu wollen, hilft natürlich. Egal, was gerade die konkrete Aufgabe ist.
Drittens: Sich stets gemäß der Position zu verhalten, die man als nächste (!) innehaben möchte. Schließlich ist jeder von uns ein wandelnder Lebenslauf.
Viertens: Keine Angst vor Veränderungen zu haben, denn unsere Branche – und die Zeit, in der wir leben – besitzt ein hohes Tempo und enorme Dynamik. Da müssen wir ständig flexibel und spontan reagieren können. Und genau dafür ist die eigene Gesundheit das unverzichtbare Fundament!

Badezimmer eines Zimmers im neuen The Peninsula London
Badezimmer eines Zimmers im neuen The Peninsula London
© PR

Was macht ein Profi wie Sie eigentlich bei privaten Hotelaufenthalten? Erstmal mit dem Finger prüfend über den Spiegelrahmen streichen?
Ich sehe mich rasch um, spüre, ob die Temperatur angenehm und der erste Eindruck „sauber“ ist, ob es angenehm riecht. Mit diesen Sinneseindrücken weiß ich sofort, ob das klappt, mit dem Zimmer und mir. Außerdem muss das Gepäck zügig gebracht werden, vor allem auf Geschäftsreisen. Da will ich die Bügelwäsche aus dem Koffer nehmen und mich auf das erste Meeting vorbereiten. 

Was noch?
Abends oder morgens sollte die Dusche heiß und ausreichend im Druck sein. Und nachts möchte ich nicht aus jeder Ecke von blauen oder roten Lichtpunkten gestört werden. Tja, schön auch, wenn an den Weckruf gedacht wird... 

Also grundlegende Dinge.
Meist merke ich schon beim Betreten der Lobby, ob ein Haus gut geführt wird. Das bestätigt sich beim ersten Kontakt mit dem Personal: Werde ich an der Rezeption von Herzen willkommen geheißen oder gibt man mir das Gefühl, zu stören?

Kommen wir zum neuen Haus in London, das bald eröffnen wird. Welches sind Ihre persönlichen Highlights?
Das Hotel liegt im Stadtteil Belgravia zwischen drei herrlichen Parkanlagen, daher wollten wir die Außenbereiche des Neubaus miteinbeziehen, eine Oase der Ruhe schaffen. Beispielsweise mit 125 Jahre alten japanischen Ahornbäumen. In der drei Stockwerke hohen Lobby fühlen Sie sich als Gast wie von einem Kokon umhüllt. Die Wände des Hotels schmücken Kunstwerke der Royal Drawing School, als Verweis auf die britische Handwerkstradition. Durch teils bodentiefe Fenster fällt zudem in die Zimmer und Suiten viel Licht, eine Seltenheit, auch im 5-Sterne-Bereich! 

Ich habe gelesen, in einem der Bankettsäle kann ein Auto aus dem Boden hochgefahren werden.
Das stimmt und macht uns hoffentlich interessant für die Präsentation manches neuen Modells.

Grand Premier Park Suite im neuen The Peninsula London
Grand Premier Park Suite im neuen The Peninsula London
© PR

Der größte Luxus?
Eine Suite auf 470 Quadratmetern und mit acht Verbindungszimmern, sodass eine ganze Familie zusammen wohnen kann. Ein Novum für London.

So ein Vorzeigeprojekt mitten in der Pandemie aufbauen, stelle ich mir knifflig vor. Gab es Momente, wo Sie alles hinschmeißen wollten?
Solche Augenblicke kennen wir wohl alle, wenn sich das Hochstapler-Syndrom meldet und man an den eigenen Fähigkeiten zweifelt. Zum Glück fängt jeder Tag wieder neu an und ich stand ja nicht allein vor dieser Mammutaufgabe, sondern Seite an Seite mit erfahrenen Kollegen vor Ort wie auch in unserer Zentrale in Hongkong. Wie heißt es so schön: Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Hotel zu eröffnen. Und die eine oder andere Flasche Wein.

Wenn Sie für Ihren Concierge einspringen müssten, welche Tipps würden Sie Gästen geben?
Hm, in jedem Fall ein Spaziergang durch unser grünes Viertel Belgravia, vielleicht mit Abstecher zu Harrods und ins Atelier der Designerin Alexandra Llewellyn, die aufwändige Brettspiele maßfertigt. Einzigartig und kostspielig. Privat habe ich gerade eine Phase des Kultur-Nachholens, also habe ich mir beispielsweise das Musical „Tina“ im West End angeschaut und „Abba Voyage“, also das Hologram-Konzert-Spektakel der schwedischen Kultband. Beides unbedingt zu empfehlen.

Welche Gerichte aus Ihrer Heimat Australien, Japan und Großbritannien könnten Sie jeden Tag essen?
Für Australien und London dürfte es das Gleiche geben: Lammbraten, gern mit Minzgelee. Und für Asien entweder Sushi, Ramen oder Pad Thai. Essen ist für mich das größte Geschenk des Lebens an uns!

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